Widerstand gegen neues Dock A

Roger Suter

Die IG Nord hat Einsprache gegen den Neubau des Docks A und den Tower am Flughafen eingereicht. Dabei geht es ihr nicht um den Bau an sich, sondern um die Weichen, die er möglicherweise stellt. Sie verlangt deshalb Garantien.

Grosse Ereignisse werfen ihre Schatten voraus. Genau das befürchtet auch die IG Nord, zu der die Zürcher Gemeinden Bachenbülach, Bülach, Eglisau, Glattfelden, Hochfelden, Höri, Neerach, Stadel und Winkel, die Schaffhauser Gemeinden Buchberg und Rüdlingen sowie neu auch Gemeinden Lengnau und Neuenhof AG als assoziierte Mitglieder gehören. Ihre Medienmitteilung trägt den Titel «Zürcher Pistenverlängerungsabstimmung kommt zu früh»: Die IG meint, dass mit solchen Bauprojekten Fakten geschaffen würden, obwohl der Flughafen seine «Hausaufgaben» betreffend Lärmschutz und -verteilung noch immer nicht gemacht hat. Deshalb hat sie am 14. Dezember rechtzeitig Einsprache beim Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL) gegen die Pläne «Neubau Dock A» und «Neubau ZRH-Tower» eingereicht.

Mit «Hausaufgaben» meint die IG N0rd die Auflagen des Bundesverwaltungsgerichts vom September 2021: Dieses hatte damals bemängelt, dass Flughafen und Bund die Lärmauswirkungen der Abend- und Nachtstunden «nicht korrekt abgebildet» hätten und folglich «neu festgesetzt werden» müssten. In der Folge sei auch der rechtsverbindliche Sachplan Infrastruktur Luftfahrt, das sogenannte SIL-Objektblatt, zu überprüfen, urteilte das Gericht. Und das kann auch Folgen für den kantonalen Richtplan haben, indem unter anderem die Siedlungspolitik festgelegt wird.

Bis dies geschehen sei, sollen die Plangenehmigungsverfahren sistiert bleiben, verlangt die IG Nord nun – es sei denn, der Bund selber schliesse «eine präjudizierende Wirkung auf Infrastrukturvorhaben und betriebliche Fragen» ausdrücklich aus. Zudem wehrt sich die IG dagegen, «dass für die Zukunft des Flughafens zusammenhängende Fragen aufgesplittert in einzelnen Verfahren beurteilt werden».

Flughafen benachteiligt Norden

«Die Flughafenpolitik des Standortkantons Zürich läuft im Moment so», beschreibt es Heinrich Ueberwasser, Rechtsanwalt der IG Nord: «Indem er Einzelne benachteiligt, soll der Flughafen allen nützen.» So werde der Lärm im Norden konzentriert, während der Süden verschont werde. «Dieses Tabu muss und wird aufgeweicht werden.» Für die IG Nord zementieren Bauprojekte wie die Pistenverlängerungen dieses Tabu, weil dadurch Starts nach Westen und Landungen nach Norden (das vom Flughafen favorisierte «Nordkonzept» mit der grössten Kapazität) praktisch bei jeder Wetterlage möglich werden. Bisher musste bei Bise auf das weniger leistungsfähige Ostkonzept oder wegen deutscher Beschränkungen zu den Randstunden und am Wochenende aufs Südkonzept umgestellt werden.

Im Zusammenhang mit dem erwähnten, 260 Seiten starken Urteil «A-3484/2018 zu Betriebsreglement 2014» bereiten die IG-Nord-Gemeinden weitere Eingaben an den Bund und den Kanton Zürich vor, in denen es um Raumplanung und offene Sicherheitsfragen gehen soll. Denn obwohl das Gericht 2021 gemäss seiner eigenen Medienmitteilung die Beschwerden weitgehend gutgeheissen hatte, fehle noch immer die Umsetzung.

«Planungsgrundlage fehlt»

Vor allfälligen Pistenverlängerungen müsse geklärt werden, ob die jetzigen Planungsbeschränkungen, die sogenannten Abgrenzungslinien, wegen der gerichtlich verlangten neuen Lärmberechnungen neu gezogen oder in ihren Aus­wirkungen auf Siedlungsqualität und -entwicklung überarbeitet werden müssen, so die IG Nord. Und weil das Gericht die «Festlegung der zulässigen Lärmimmissionen und der gewährten Erleichterungen» aufgehoben hat, fehle schlicht die Planungsgrundlage dafür, über Pistenverlängerungen zu entscheiden, so die IG Nord.

Auch die IG-Nord-Gemeinden wünschten sich einen sicheren, erfolgreichen Landesflughafen Zürich, der die Siedlungsqualität und Siedlungsentwicklung der Gemeinden auch in den Kantonen Aargau, Schaffhausen und im Norden des Kantons Zürich respektiere, schreibt die IG weiter. Sie wehrten sich aber gegen eine Kanalisierung und fordern einen vorurteilsfreien Einbezug auch des Südens, einschliesslich direkter Starts und Landungen. «Rechtliche Kernanliegen der IG-Nord-Gemeinden sind Siedlungsentwicklung und Grundstückswerte», erklärt IG-Nord-Advokat Heinrich Ueberwasser. «Statt erst via Einsprachen in die Verfahren einbezogen zu werden, wollen wir die vorausschauende Zusammenarbeit mit Flughafen, Bund und Kantonen.»

«Gegenargumente nicht abgedruckt»: Stimmrechtsbeschwerde zum Pistenausbau

Am 3. März soll das Zürcher Stimmvolk darüber befinden, ob der Flughafen die zwei kürzeren seiner drei Pisten verlängern darf. Aber schon jetzt gibt es eine Stimmrechtsbeschwerde: Das Komitee des Volksreferendums «Nein zum Pistenausbau des Flughafens Zürich» hat sie eingereicht, weil «der Kanton die fristgerecht eingereichten Gegenargumente eigenmächtig und ohne Rücksprache geändert und gekürzt» habe, so das Komitee. «Die Nein-Argumente zum Pistenausbau fehlen nun in der Abstimmungszeitung: Die Seite ist halb leer.»

Gelöscht wurde demnach unter anderem eine Grafik, «obwohl die Inhalte sich ausschliesslich auf Zahlen der Empa, des Bundes (EKLB) und des Flughafens selbst bezogen», betont das Komitee. Weg seien auch die Zahlen zur Kapazität des Flughafens Zürich (22,5 Mio. Passagiere – vor der Pandemie gar 31 Mio.), die Empfehlungen des Bundes zu den Ruhezeiten, die Inhalte zu den Folgen von Nachtlärm, erhoben durch die Empa und das Swiss Tropical and Public Health Institute, oder wie oft – gemäss Flughafenbericht selbst – Nachtflüge und Lärmbelästigung vorherrschen. Zudem seien weder Beanstandungen gemeldet noch ein «Gut zum Druck» vorgelegt worden.

Dass der Kanton den Stimmberechtigten einen informierten Entscheid mit Pro- und Contra-Argumenten verweigere, sei  «schockierend», so Urs Dietschi vom  Referendumskomitee – besonders, nachdem das Komitee freiwillig bereits auf mehrere Wünsche des Kantons, die Inhalte mit den Angaben von Bund, Flughafen und Empa ständig neu einzureichen, eingegangen war. «Ebenso schockierend sei die Begründung, dass der Kanton die Gegenargumente trotz fristgerechter Eingabe nicht abdrucken wollte und dies irreführend als ‹nicht fristgerechte Einigung› bezeichnet habe. «Nicht fristgerecht war einzig das Vorgehen des Kantons, der mit uns hätte Rücksprache halten müssen.»

Das Referendumskomitee verlangt nun «wegen der unrechtmässigen Änderung und Kürzung und des unrechtmässigen Vorgehens des Kantons» den Neudruck der Abstimmungsunterlagen mit Abdruck der Gegenargumente, wie es das Recht des Referendums sei. Falls die Zeit dafür nicht reiche, müssen die Abstimmung vom März auf Juni 2024 verschoben werden.

Gwunderbrunnen

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