Waeber : «Ich will gemeinsam mit Kloten einen Schritt nach vorne tun»
Ludovic Waeber ist der neue Nummer-1-Goalie des EHC Kloten. Der bald 28-jährige Freiburger wurde vor rund zwei Monaten mit einem Zweijahresvertrag ausgestattet, nachdem er die letzte Saison in Nordamerika verbracht hatte.
In Übersee kam er zu 19 Einsätzen in der AHL (15 für die Charlotte Checkers und 4 für Wilkes-Barre/Scranton Penguins) und einem Spiel in der East Coast Hockey League (ECHL). Der stämmige Keeper (1,86 m/95 kg) mit National-League-Erfahrung bei seinem Stammverein Fribourg-Gottéron und drei Saisons bei den ZSC Lions erzählt im Interview, wie es zum Engagement in Kloten kam. Man erfährt, wie es Waeber letzte Saison in Nordamerika erging und was er nun mit und bei den Zürcher Unterländern bewirken will.
Ludovic Waeber, wie kam es zu Ihrem Engagement in Kloten?
Die letzte Saison in Nordamerika lief insgesamt nicht ganz so, wie ich es mir erhofft hatte. Dennoch hatten es meine Frau und ich drüben sehr schön und wir sammelten auch abseits des Eisrinks viele positive Erfahrungen. Am Ende kam aber die Zeit, einen Entscheid für die Zukunft zu treffen. Ich hatte noch einen gültigen Vertrag über ein Jahr bei den ZSC Lions. Doch als sie vorzeitig in der Saison mit den beiden aktuellen Goalies (Simon Hrubec und Robin Zumbühl, Anm. d. Red.) verlängerten, war dies nicht unbedingt die beste Situation für mich. Ich bin noch jung und doch nicht mehr ganz so jung als Eishockey-Goalie.
Und weshalb Kloten?
Ich persönlich wollte dann für mich die Herausforderung haben, mehr zu spielen und mehr Erfahrung zu gewinnen. Es gab auch Gespräche mit anderen Klubs. Doch Kloten überzeugte mich. Und meine Frau ist schwanger, ich werde voraussichtlich im November erstmals Vater. Und da wir die Region Zürich nun seit einigen Jahren kennen und uns hier sehr wohl fühlen, war dies für uns die beste Lösung und für mich gleichzeitig eine gute Challenge. Zudem verliefen die Gespräche mit Sportchef Ricardo Schödler sehr gut, sodass es innerhalb weniger Tage geregelt war.
«Ich will zeigen, dass ich ein Nummer-1-Goalie bin. Deshalb wollte ich auch nach Kloten.»
Erzählen Sie uns noch, wie es überhaupt zu Ihrer letzten Herausforderung und dem Engagement in Nordamerika kam? Es klopften ja immerhin die Florida Panthers an, die vor wenigen Wochen erstmals in ihrer Geschichte Stanley-Cup-Sieger wurden.
Es war im Dezember vor gut eineinhalb Jahren, als sie den Kontakt mit mir suchten und Gespräche aufnahmen. Für mich war das eine Riesenehre. Ich hatte nie erwartet, dass ich das Interesse aus der NHL wecken könnte. Aber für mich war dies natürlich eine Herausforderung, die ich wagen wollte. Ich wollte nicht am Ende der Karriere zurückblicken und damit hadern, dass ich es damals nicht mal versucht hätte. Um später nichts zu bedauern, nahm ich diese Challenge an.
Und wie lief es dann vor Ort? Was lief nicht so gewünscht drüben?
Ich ging mit 27 dorthin mit einem Entry-Level-Vertrag. Die Farmteam-Liga AHL ist eine Entwicklungsliga mit vielen gedrafteten jungen Spielern. Ich hatte da in Charlotte beispielsweise Konkurrenz mit dem für das NHL-Team aufgebauten Spencer Knight, der wegen persönlicher Probleme in der AHL ausgiebig Spielpraxis erhalten sollte. Auch aus Business-Gründen erhielt ich deshalb keine grosse Chance (Knight hatte 2021 bei Florida einen Dreijahresvertrag mit einer Dotierung von 7,457 Millionen Dollar unterschrieben, Anm. d. Red.). Dennoch spielte ich zu Saisonbeginn bei meinen Einsätzen gut. Ich hatte dann gegen Jahresende ein kleines Loch, und sofort erhielt die Konkurrenz von mir Bewährungsmöglichkeiten. Schliesslich wurde ich dann im März noch kurzfristig getradet (aus der Organisation von Florida zu den Pittsburgh Penguins, Anm. d. Red.) und wechselte innerhalb der AHL zu den Wilkes-Barre/Scranton Penguins. Dort gefiel es mir sehr gut, auch wenn wir in den Playoffs dann leider früh ausschieden.
Was konnten Sie von ihrem Engagement in Nordamerika mitnehmen, um sagen zu können, dass Sie einen Schritt nach vorne taten?
Ich denke, das Mitmachen und Durchstehen von schweren Zeiten macht immer etwas mit einem. Man wird stärker – insbesondere auch im Kopf –, unabhängig von der Situation. Ich habe auch früher schon bei Fribourg-Gottéron und den ZSC Lions Widerstände überwinden müssen. Deshalb denke ich, dass die Zeit in Nordamerika meine Widerstandsfähigkeit weiter stärkte.
Sie haben bislang maximal 46 Meisterschaftsspiele für die ZSC Lions in einer Saison bestritten. Diesen Wert könnten oder werden Sie in Kloten nun übertreffen, wenn Sie verletzungsfrei und unangefochtene Nummer 1 sind.
Ich will zeigen, dass ich ein Nummer‑1-Goalie bin. Deshalb wollte ich auch nach Kloten, um Stammgoalie zu sein und diesem Klub zu helfen. Und ich denke, dass Kloten und ich hier gemeinsam einen Schritt nach vorne machen können. Das wäre eine schöne Geschichte.
«Es gab auch Gespräche mit anderen Klubs. Doch Kloten überzeugte mich.»
Welche Mitspieler in Kloten kennen Sie bereits aus früheren Zeiten?
Axel Simic und Reto Schäppi von den ZSC Lions beispielsweise. Bei meinen Länderspieleinsätzen spielte ich unter anderen noch mit Dario Meyer zusammen. Aber ich habe keinen Spieler von Kloten angerufen, bevor ich hier unterschrieben habe. Die Entscheidung besprach ich einzig mit meiner Frau.
Seit gut einem Monat trainieren Sie nun mit Ihrem neuen Team ...
Unter Fitnesscoach Felix Stutz arbeiteten wir sehr hart. In der nächsten Woche beginnt dann die eigentliche Saisonvorbereitung zum Auftakt mit zahlreichen physischen Tests. Die Stimmung im Team ist sehr gut, die jungen Spieler pushen dabei auch die erfahrenen Spieler. Ich glaube, das ist eine gute Mentalität. Man spürt schon, dass das Team hungrig ist und eine Steigerung gegenüber der letzten Saison zeigen möchte.
In der aktuell zweiwöchigen Verschnaufpause für das Team werden Sie mit Ihrer Frau kurze Ferien geniessen können, aber dennoch auch weitertrainieren ...
Auf jeden Fall werde ich auch da nur in einem Hotel mit einem Fitnessraum übernachten und sicher auch bestimmte Kardio-Trainingseinheiten absolvieren, im Kraftbereich aber mit etwas weniger Gewicht arbeiten. Wir haben sehr gut aufgebaut. Jetzt geht es in den zwei Wochen nur darum, diese starke Basis für die unmittelbare Saisonvorbereitung zu halten.
Wie ist der Austausch mit Nummer‑2-Goalie Sandro Zurkirchen seit ihrer Ankunft verlaufen?
Schon am Tag meiner Unterschrift tauschten wir Nachrichten aus und besprachen uns dann auch im Training. Wir verstehen uns gut. Die richtige Challenge für uns zwei Torhüter beginnt dann im August mit dem Trainingscamp, wenn das Eistraining immer intensiver wird.
Der neue Headcoach wird nach dem aktuellen Break das Team übernehmen. Was wissen Sie von Lauri Marjamäki, der Finnland vor zehn Jahren zu Olympia-Bronze und WM-Silber führte, in der heimischen Liga als Coach zwei Meistertitel mit Kärpät Oulu (2014 und 2015) holte und als Trainer auch über KHL-Erfahrung (Jokerit Helsinki) verfügt?
Marjamäki ist trotz seiner 47 Jahre noch ein junger Coach, auch wenn er bereits über einige Erfahrung verfügt. Auch für ihn wird es hier eine Challenge sein. Wie ich selbst, sieht er Kloten wohl als Organisation, wo er persönlich einen Schritt nach vorne machen kann in seiner Trainerkarriere, auch wenn er selbst schon als Headcoach beachtliche Erfolge feierte.
Wie haben Sie Kloten als Organisation bislang wahrgenommen?
Alles ist top organisiert. Die Angestellten des Klubs helfen einem in diversen Bereichen rasch und effizient, beispielsweise bei der Wohnungssuche. Kloten ist eine Top-Organisation. Und im Team fühle ich mich wohl. Gut, am Anfang nahmen sie mich ein wenig hoch, indem sie mich als «NHL-Goalie» bezeichneten. Doch sie merkten rasch, dass ich froh bin, da zu sein und es schätze, mit dem Team zu arbeiten.
Erzählen Sie uns noch von Ihren bislang drei Länderspielen für die Schweiz und was Ihnen davon in Erinnerungen geblieben ist?
Mein erstes Länderspiel war ein Sieg gegen Russland, mein zweites Spiel war gegen Schweden, das wir in der Verlängerung verloren. Im dritten Länderspiel schied ich leider verletzt aus. Eines meiner Ziele ist es auch künftig, wieder ein Teil des Nationalteams zu sein.
Innerhalb von Kloten ist Axel Simic, Klotens bester Schweizer Skorer in der letzten Saison, aufgrund seiner Greyerzer Wurzeln Ihr bester Kumpel?
Ich muss nicht nur mit ihm sprechen, nur weil er auch Französisch als Muttersprache hat. Ich kann mich sehr gut auf Deutsch und mit allen gut verständigen. Ich habe es auch mit allen Mitspielern gut.
Was ist Ludovic Waeber für ein Typ neben dem Eis?
Ich bin seit zwei Jahren verheiratet und bin ein ruhiger Typ. Ich schaue gerne Fernsehen, gehe mit dem Hund im Wald spazieren. Ich kann auch gemütlich Kaffee trinken und mag es, zu chillen.
Und golfen Sie wie einige andere Eishockey-Cracks auch gerne?
Ich habe es mal ausprobiert in Payerne. Die Driving Range ist noch gut, aber sonst ist dies nicht so mein Sport.
Letzte Saison hat Kloten drei der vier Derbys gegen ihren Ex-Klub ZSC Lions gewonnen – es waren die Saison-Highlights.
Hoffentlich können wir dies wiederholen und aber auch sonst eine gute Saison als Team hinlegen.