Sportverletzungen als Gefahr im Nachwuchssport – die Gründe

Jared Thomas

Die Verletzungswelle im Nachwuchssport nimmt dramatische Züge an. Der Unihockeyclub Kloten ist nur die Spitze des Eisbergs. Gut die Hälfte der Spieler fällt momentan aus, mehrheitlich wegen Verletzungen wie Kreuzbandrisse.

In einer Sporthalle eines Unihockey-Teams in Kloten hallen die Schritte der verbliebenen Spieler wider. Von ursprünglich 25 Athleten sind noch 12 übrig, der Rest fällt wegen Krankheiten oder Verletzungen aus. Die Stimmung ist angespannt: Zwei Kreuzbandrisse innerhalb von zwei Wochen, ein Bänderriss am Fuss, und das allein in der aktuellen Trainingsphase. Schon in der Vorsaison gab es zwei weitere Bänderrisse. Die Frage schwebt unausgesprochen über dem Spielfeld: Wer wird als Nächstes ausfallen?

Warum erleiden so viele junge Athleten schwere Verletzungen, bevor ihre Karrieren richtig Fahrt aufnehmen? Was steckt hinter dieser Welle an Ausfällen, die gerade den Nachwuchssport besonders betrifft?

«Kraftübungen für Oberschenkel, Waden und den Rumpf sind essenziell, um Verletzungen vorzubeugen. Auch wenn es manchmal lästig erscheint, lohnt sich der Aufwand.»

Basil Schibli, Unihockeyspieler mit geheiltem Kreuzbandriss

Laut einer Statistik der Schweizerischen Unfallversicherung (Suva) entfallen 34 Prozent aller Freizeitunfälle auf Sport und Spiel. Dabei trifft es vor allem Kontaktsportarten wie Fussball, Eishockey und Unihockey. Die Verletzungsrate zeigt: Pro Million Stunden sportlicher Betätigung sind Kontaktsportarten mit Abstand die riskantesten. Im Unihockey beispielsweise liegt die Verletzungsrate bei etwa 955 Betroffenen: Das ist ein Platz unter den Top 10 der gefährlichsten Sportarten in der Schweiz. Die Verletzungserfassung von Swissunihockey für die Saison 2022/23 bestätigt den Trend: Insgesamt verletzten sich 137 Spielerinnen und Spieler in der höchsten Liga, darunter 89  Männer und 48 Frauen. Besonders häufig betroffen waren Füsse, Fussgelenke und Knie, oft mit gravierenden Folgen wie Bänderrissen.

Gefahrenbereich 15 bis 20 Jahre

Die Statistik zeigt zudem: Junge Spieler im Alter von 15 bis 20 Jahren sind überproportional oft betroffen. Der Übergang vom Nachwuchsbereich in die höchste Spielklasse überfordert viele Athleten physisch. Hier liegt eine grosse Verantwortung bei den Trainern und dem Betreuerstab: Die Belastungen müssen so koordiniert werden, dass junge Talente an die hohen Anforderungen herangeführt werden, ohne ihre Gesundheit aufs Spiel.

Basil Schibli, 23 Jahre alt, Student und Unihockeyspieler bei den Kloten-Dietlikon Jets (NLB), weiss aus eigener Erfahrung, wie schwer Verletzungen wie Kreuzbandrisse wiegen. Nach drei Operationen hat er sich jedes Mal zurückgekämpft. Doch wie meistert man solche Herausforde­rungen und was können andere daraus lernen?

Prävention zahlt sich aus

«Die grösste mentale Herausforderung ist, sich mit der Tatsache abzufinden, was auf einen zukommt», urteilt Schibli. «Man weiss, dass man nach einem Kreuzbandriss mindestens neun Monate ausfällt, und dazu kommt die schmerzhafte Zeit nach der Operation.»

Für die Rückkehr ins Team seien konsequente Physiotherapie und tägliche Übungen entscheidend, nicht nur, um die Muskulatur wieder aufzubauen, sondern auch, um Bewegungsabläufe neu zu erlernen. Wie lautete denn seine Motivation in der sportfreien langen Zeit? «Wieder mit meinen Kollegen auf dem Spielfeld zu stehen.»

Basil Schibli rät jungen Sportlerinnen und Sportlern, auch während der Saison an ihrer körperlichen Fitness zu arbeiten. «Kraftübungen für Oberschenkel, Waden und den Rumpf sind essenziell, um Verletzungen vorzubeugen. Auch wenn es manchmal lästig erscheint, lohnt sich der Aufwand», ist er überzeugt.

Schibli betont, dass der Übergang von der Spielklasse U18 zur U21 eine besonders kritische Phase sei. «Die Belastung steigt rapide, und viele Spieler überfordern sich in dieser Zeit.»

Konsequenzen und Prioritäten

Auf mögliche Spätfolgen wie Arthrose angesprochen, antwortet Basil pragmatisch: «Mein Arzt hat mir gesagt, dass ich im Alter ohnehin Arthrose haben werde. Aber das nehme ich in Kauf, um jetzt Unihockey spielen zu können.» Er schützt sich durch intensiveres Beintraining im Sommer und gründliche Warm-ups vor jedem Spiel. Basils Worte an junge Sportlerinnen und Sportler: «Arbeitet kontinuierlich an eurer Fitness. Die Verletzungsgefahr verschwindet dadurch nicht vollständig, aber sie lässt sich deutlich reduzieren.»

 

Wer angeschlagen spielt, riskiert Verletzungen

Jährlich verletzen sich beim Fussballspielen und bei anderen Spielsportarten 110 000 Sportlerinnen und Sportler. Fast die Hälfte von ihnen hatte bereits vor dem Unfall eine Verletzung an der betroffenen Stelle. Die Beratungsstelle für Unfallverhütung empfiehlt deshalb in einer Mitteilung, bei jedem Verdacht auf eine Verletzung das Spielfeld zu verlassen. (pd.)

 

Kommentar

Wie meine Ärzteanfragen oft ins Leere liefen

Als ich begann, für diesen Artikel zu recherchieren, wandte ich mich an mehrere Ärzte und Sportmediziner, um ihre Einschätzungen und Erfahrungen einzuholen. Doch zu meinem Erstaunen erhielt ich kaum Antworten, viele meiner Anfragen blieben unbeantwortet. Natürlich kann dies an der enormen Arbeitsbelastung der Medizinerinnen und Mediziner liegen. Dennoch war es für mich ein Sinnbild eines grösseren Problems: Junge Athleten, die an der Grenze zur Überbelastung stehen, erhalten oft nicht die nötige Aufmerksamkeit und Fachhilfe. Das erhöhte Spieltempo und die steigenden Anforderungen im Sport führen dazu, dass Jugendliche immer mehr Trainingseinheiten absolvieren, teilweise in einem Alter, in dem ihre Körper noch nicht bereit dafür sind. Diese jungen Athleten treten in eine Welt ein, in der Leistungsdruck und Intensität dominieren, während Regeneration und präventive Massnahmen oft zu kurz kommen.

«Scheinbar wollen Ärzte nicht über Prävention sprechen.»

Jared Thomas, Praktikant Lokalinfo AG

Vielleicht reflektieren die fehlenden Antworten auch, wie wenig Kapazität es gibt, sich diesen jungen Menschen vollumfänglich zu widmen. Es ist eine Erinnerung daran, dass die Balance zwischen Belastung und Erholung nicht nur eine persönliche Verantwortung der Athleten und Trainer ist, sondern auch die gesamte Struktur und Betreuung im Sport stärker in den Fokus rücken muss. Mein Artikel ist ein Versuch, das Bewusstsein für diese Themen zu schärfen, auch wenn mir einige Türen verschlossen blieben.

Gwunderbrunnen

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