SP, Mitte und EDU sind die Gewinner
Im Kanton Zürich waren 36 Sitze im Nationalrat zu vergeben. SP, Mitte und EDU dürfen sich zu den Siegern zählen. Die Klotenerin Priska Seiler Graf (SP) schafft die Wiederwahl problemlos. Weil aber die Grünliberalen schwächelten, verliert der Opfiker Jörg Mäder (GLP) seinen Sitz in Bundesbern.
Vor vier Jahren waren die Grünen die grossen Gewinner und es kam zum Linksrutsch. Doch jetzt ist es zur Korrektur gekommen. Die Schweiz wird wieder konservativer und die SVP konnte die Sitzverluste von 2019 national zu einem grossen Teil wettmachen (+9 Sitze).
Auch die SP (+2), die Mitte (+1), die EDU (+1) und das Mouvement citoyens genevois (+2) dürfen sich zu den Wahlsiegern zählen. Während die FDP (–1) und die EVP (–1) leicht verlieren, müssen die Grünen (–5) sowie die GLP (–6) deutlich Federn lassen. Die Lega im Tessin bleibt stabil.
GLP muss zwei Sitze abgeben
Im Kanton Zürich konnte die SVP allerdings nicht zulegen, aber immerhin ihre Nationalratsmandate halten. «Bedenklich ist, dass die links-grünen Städte die Landregionen regelrecht dominieren», schreibt die SVP Kanton Zürich in einer Mitteilung. Richtig ist: SP konnte einen zusätzlichen Sitz gewinnen, aber ebenso die konservative EDU. Bei der Mitte wurden es sogar zwei Sitze mehr.
Beim Wähleranteil darf sich die SP als Siegerin (+3,83 Prozent) bezeichnen. Hinter den Sozialdemokraten folgen die Mitte (+2,10 Prozent) und die SVP (+0,65 Prozent). Doch bei der SP Kanton Zürich ist die Freude verhalten: «Die SP gewinnt die Wahl in Zürich, aber die Schweiz rutscht nach rechts», titelt die Partei in ihrer Mitteilung. Begeistert zeigt sich die Mitte Kanton Zürich und spricht von einem «sensationellen Resultat».
Zwei Sitze musste die GLP abgeben. Es traf neben der Kilchbergerin Judith Bellaiche auch den Opfiker Stadtrat Jörg Mäder. Auf Anfrage sagt er, er sei sehr enttäuscht. «Ich habe die letzten vier Jahre mit viel Freude und Engagement in Bern politisiert. Das zu verlieren, ist nicht einfach.» Er werde der Partei aber treu bleiben. «Persönlich werde ich mal ein bisschen Ruhe suchen und mich dann neu orientieren», so Mäder.
Grüne verlieren «nur» einen Sitz
Die FDP und die EVP bleiben stabil. Die Zürcher FDP-Kantonsrätin Bettina Balmer holt einen Sitz und die FDP Stadt Zürich freut sich darüber: «Wir danken Bettina Balmer für ihr grosses Engagement im Wahlkampf und sind überzeugt, dass sie in Bern ihre langjährige politische Erfahrung als Kantonsrätin und ihre berufliche Erfahrung als Kinderchirurgin erfolgreich einbringen wird.»
Die Grünen verlieren am Ende doch nur einen Sitz. Lange hatte es so ausgesehen, als ob es sogar deren zwei werden könnten. Doch Katharina Prelicz-Huber (Grüne) schaffte am Schluss doch noch die Wiederwahl. Prelicz-Huber sagte zu dieser Zeitung, aufmunternde SMS den Tag über hätten ihr sehr geholfen, den Krimi durchzustehen und an sich zu glauben. «Schlussendlich haben Zürich und Winterthur meine Wahl gesichert», so Prelicz-Huber.
National- statt Regierungsrätin
Priska Seiler Graf, Co-Präsidentin der SP Kanton Zürich, wurde komfortabel in den Nationalrat wiedergewählt. Die Klotenerin freute sich über ihr Resultat – dies besonders nach ihrer gescheiterten Kandidatur für den Regierungsrat im vergangenen Februar. «Ich hatte zuerst natürlich einen kleinen Durchhänger», so Seiler Graf. «Aber ich habe dann alles gegeben und viel Wahlkampf mit Michèle Dünki Bättig gemacht.» Für Seiler Graf hat sich der Aufwand gelohnt. Die Glattfelder Kantonsrätin Dünki Bättig schaffte die Wahl allerdings ganz knapp nicht. Die LGBTQ-Aktivistin Anna Rosenwasser hat sie auf der Zielgeraden überholt. In den nächsten vier Jahren will sich Seiler Graf in Bern noch stärker für soziale Themen einsetzen. Sie hofft dabei auch auf die Unterstützung der Mitte.
Die Mitte – entstanden durch die Fusion von CVP und BDP – darf sich auch im Kanton Zürich zu den Wahlsiegern zählen. Auch Kantonsrätin Nicole Barandun, die nächstes Jahr als Co-Präsidentin der Mitte Zürich abtreten will, hat den Einzug in den Nationalrat geschafft. «Ich freue mich enorm über das Resultat», sagt sie strahlend. Die Zürcherin glaubt, dass der neue Name «Die Mitte» nur einer der Gründe für den Erfolg ihrer Partei sei. «Wir mussten viel dafür tun und viel Wahlkampf betreiben», so Barandun. Geholfen habe zudem, dass die Mitte viel schneller Position als früher beziehe, etwa indem sie kürzlich den Terror gegen Israel klar verurteilte. Ausserdem habe die Bevölkerung genug von der Polarisierung der Gesellschaft durch die linken und rechten Parteien.
Trotz Engagement kein Sitzgewinn
Auch SVP-Kantonsrätin Nina Fehr Düsel hat es geschafft. Sie ist stolz auf ihr Resultat. Für die Küsnachterin ist klar: «Die Menschen sind verunsichert und wollen mehr Sicherheit in Europa und der Schweiz. Das hat aus meiner Sicht dazu geführt, dass viele die SVP gewählt haben.» In Bern will sich die Tochter von alt Nationalrat Hans Fehr mit den Rahmenverträgen mit der Europäischen Union befassen und sich für eine gesicherte Altersvorsorge einsetzen.
Den Einzug in den Nationalrat ganz knapp verpasst hat hingegen Kantonsrat Domenik Ledergerber. Der Präsident der SVP Kanton Zürich trug sein persönliches Resultat mit Fassung. «National sind wir klarer Wahlsieger. Enttäuschend ist, dass wir im Kanton trotz unseres engagierten Wahlkampfs keinen zusätzlichen Sitz gewinnen konnten», so der Herrliberger. Die Gründe werde man nun im Parteivorstand analysieren.
Zweikampf: Rutz gegen Moser
Am Wahlsonntag früh freuen durfte sich Ständerat Daniel Jositsch (SP). Er hat die Wiederwahl klar geschafft und das absolute Mehr (mehr als die Hälfte der abgegebenen gültigen Stimmen) erreicht. Die anderen Kandidaten müssen in den zweiten Wahlgang: SVP-Kandidat und Nationalrat Gregor Rutz liegt zwar mit deutlichem Abstand vor Regine Sauter (FDP) auf dem zweiten Platz, er erreicht das absolute Mehr allerdings klar nicht.
Nationalrätin Sauter zieht sich nun laut einer Mitteilung der FDP Kanton Zürich zugunsten eines bürgerlichen Sitzes aus dem Ständeratsrennen zurück. «Wir sind parat für den zweiten Wahlgang. Unsere Wählerinnen und Wähler würden nach diesem Topresultat nicht verstehen, wenn Gregor Rutz nicht mehr antreten würde», sagte Ledergerber, Präsident der kantonalen SVP, schon am Wahlsonntag.
Am Dienstag wird klar, wer es mit Rutz aufnimmt. Es ist allein Nationalrätin Tiana Moser (GLP), die zwar weniger Stimmen machte als Sauter, aber eher das links-grüne Lager um sich scharen könnte. Nicht mehr antreten werden Daniel Leupi (Grüne), der von Moser klar distanziert wurde, sowie die mit grossem Rückstand rangierten Nationalräte Philipp Kutter (Mitte) und Nik Gugger (EVP).
Der zweite Wahlgang der Ständeratswahl findet in gut einem Monat, am 19. November, statt. Es wird somit einen Zweikampf geben. Wer mehr Stimmen bekommt, kann neben Jositsch ins Stöckli einziehen.