Sie stehen im Zoo auf dem Speiseplan
Der Zoo Zürich sieht sich als Naturschutzorganisation und setzt darum auf gefährdete Arten. Das gilt grundsätzlich auch für den Streichelzoo-Bereich Zoolino. Dort leben seltene Nutztierrassen. Wie der Name schon sagt, sollen diese genutzt und darum auch an andere Tiere verfüttert werden.
Als vor ein paar Wochen ein Tiger im Panthera-Gehege des Zürcher Zoos einen wilden Storch tötete und frass, sorgte das für Schlagzeilen. «Zoo Zürich: Storch fliegt in Tigergehege und wird zerfleischt», titelte «20 Minuten», andere Zeitungen wie «Tages-Anzeiger», NZZ oder «Blick» folgten. Selbst die deutsche Boulevardzeitung «Bild» berichtete. Der Jungvogel hatte vermutlich zwischenlanden müssen und dafür einen denkbar schlechten Ort ausgesucht. Für den Tiger gab es dafür ein Festessen.
Sicher auch als dankbare Ablenkung vom täglichen Wahnsinn auf der Welt wurde das traurige Schicksal des Storchs bei den Menschen für kurze Zeit zum Gesprächsthema. Die Geschichte steht exemplarisch für den Widerspruch, dass wir Tiere lieben und ihren Tod kaum ertragen können, viele von uns aber gleichzeitig gern Fleisch essen.
Die Nationalrätin Meret Schneider (Grüne) brachte es in einem Gastkommentar im «Tagi» auf den Punkt: «Und hier beginnt die Absurdität der Situation, die mir auch immer wieder begegnet, wenn Menschen voller Hingabe ein aus dem Nest gefallenes Vögelchen grossziehen, um sich danach im goldenen M an den Chicken Nuggets gütlich zu tun», schrieb die Politikerin aus Uster.
Zoo will seltene Arten erhalten
Unser ambivalentes Verhalten zur Tierwelt wurde erst kürzlich erneut auf die Probe gestellt, als der Zoo Zürich verlauten liess, dass die Nutztiere im Streichelzoo-Bereich Zoolino nicht nur die Kinder erfreuen sollen. Sie dienen auch den Fleischfressern, darunter den Raubkatzen, als Nahrung. Die Empörung hielt sich in Grenzen, denn man hatte eine gute Begründung parat. «In Zukunft sollen nur noch gefährdete oder forschungsrelevante Arten im Zoo leben», schrieb der Zoo in einem Communiqué. Dieser Anspruch gelte prinzipiell auch für das Zoolino. Weil hier domestizierte Nutztiere leben würden, liege der Fokus statt auf gefährdeten Arten auf seltenen Nutztierrassen. Dafür arbeitet der Zoo mit Pro Specie Rara zusammen. Die Stiftung wirbt laut Mitteilung dafür, dass für den erfolgreichen Erhalt seltener Rassen auch deren Nutzung notwendig ist.
Der Zoo gibt darum die Nachzuchten nicht nur an geeignete Züchter ab. Er nutzt sie auch als Nahrung. «Die getöteten und verfütterten Tiere haben ein artgerechtes Leben geführt und der Transportweg entfällt», schreibt der Zoo. Neben den kürzlich dazugekommenen Schwarzen Alpenschweinen leben das Schweizerhuhn, das Appenzeller Barthuhn, das Schweizer Dreifarben-Kleinscheckenkaninchen und das Bündner Oberländer Schaf im Zoolino. Es handelt sich dabei um sogenannte Pro-Specie-Rara-Rassen, also Rassen, für die sich die Stiftung mit ihren Aktivitäten einsetzt. «Sie alle sind Nutztiere, die langfristig nur erhalten werden können, wenn sie auch genutzt werden, denn sonst verlieren sie ihren Bestimmungszweck», so der Zoo. Sei es als Arbeitskraft, als Lieferant für Rohstoffe wie Wolle oder als Nahrung.
Kritik für das Vorgehen des Zoos gibt es vonseiten der Stiftung für das Tier im Recht. «Ich denke schon, dass das unethisch ist. Nicht zuletzt aus der Sicht des betroffenen Einzeltiers, das selber ja auch eine Würde hat», sagte Geschäftsleiter Gieri Bolliger gegenüber Tele Züri.
Womit wir wieder beim Anfang dieses Texts und bei unserem ambivalenten Verhältnis zu Tieren wären.
Diese Schweine sind besonders geländegängig
Seit Ende Juni durchwühlen zwei neue Bewohner den Boden des Zoolinos: Es sind Schwarze Alpenschweine. «Diese Schweinerasse weist – wie es der Name bereits verrät – eine besondere Färbung auf. Statt in klischeegeprägtem Schweinchenrosa präsentieren sich die beiden Säue pechschwarz», schreibt der Zoo Zürich in einer Mitteilung.
Das Schwarze Alpenschwein vereint mehrere Eigenschaften auf sich, welche es zum idealen Alpenraum-Bewohner machen. Es hat einen kurzen Körper und lange Beine und ist dadurch auch im steilen Gelände sicher unterwegs. Die dunkle Pigmentierung der Haut und der Borsten schützt vor Sonnenbrand durch intensive Sonneneinstrahlung in den Bergen.
Zudem sind Schwarze Alpenschweine laut Zoo wenig anspruchsvoll bei der Nahrungswahl. Sie fressen auch Pflanzen, welche die meisten anderen Alp-Nutztiere wie Kühe verschmähen. (pd.)