Schwierige Zeiten bei der Pigna
Mit Sparanstrengungen und einer zweiprozentigen Lohnkürzung versucht man bei der Pigna, die Finanzen wieder ins Lot zu bringen. Geschäftsleiter Markus Spühler ist zuversichtlich, dass es bald wieder besser um die Stiftung steht.
Nach jeweils guten Jahren mit knappen, aber positiven Abschlüssen ist die Stiftung Pigna seit 2021 in die roten Zahlen gerutscht. Knapp eine Million war es damals. Ein Jahr später schreibt man ein Minus von 1,8 Millionen. Und auch für 2023 muss mit einem Defizit von deutlich mehr als einer Million gerechnet werden. Dass es zu einem Defizit kommen wird, war in der Fünfjahresplanung auch ausgewiesen, so Geschäftsführer Markus Spühler. Dennoch hat das Ausmass überrascht.
Haupttreiber ist der 24-Millionen-Neubau. Es sind aber nicht die Baukosten, sondern vielmehr die damit verbundenen betrieblichen Auswirkungen. So wurde sowohl für den Infrastruktur- als auch für den Betreuungsbereich zusätzliches Personal eingestellt, was zu Mehrkosten von 3,5 Millionen führte. Verbunden mit den Abschreibungen stieg der Betriebsaufwand 2022 um 4,1 Millionen oder +17 Prozent. Und weil letztes Jahr zahlreiche ältere Personen gestorben waren und die Plätze durch jüngere ersetzt wurden, sank gleichzeitig der Betreuungsindex von durchschnittlich 2,2 (maximal 4) auf 2,1 Punkte. Dazu beigetragen hatte auch der Neubau, der vorwiegend mit jüngeren Klienten besetzt wurde, die ebenfalls einen geringen Betreuungsaufwand aufweisen. Konsequenz, so der Geschäftsführer: «Mit der Rückstufung sank die kantonale Entschädigung.»
Um die Abwärtsspirale zu stoppen, beschloss die Betriebskommission daher einschneidende Sparmassnahmen, weshalb Spühler im letzten November den Angestellten mitteilen musste, dass dieses Jahr beim Personal Einsparungen von insgesamt 800 000 Franken vorgenommen werden, um das strukturelle Defizit auszumerzen. Konkret waren eine lineare Lohnkürzung von 2 Prozent und die Streichung von 340 Stellenprozent beschlossen worden. Unmittelbare Auswirkungen hatte es für einen Kadermitarbeiter: Er wurde entlassen, und in der Folge wurden die drei Bereiche auf zwei reduziert. Spühler ist überzeugt, mit diesem Einschnitt die derzeit schwierige finanzielle Situation bereits im kommenden Jahr überwunden zu haben.
Um die Auswirkungen für das Personal aber dennoch möglichst gering zu halten, wurden vor allem bei den Lohnnebenkosten Streichungen vorgenommen. Spühler: «Das Personal profitierte bislang von sehr guten Rahmenbedingungen.» Fortan übernimmt die Stiftung als Arbeitgeberin nur noch die Hälfte der Krankentaggeld-Beiträge und der Nichtbetriebsunfall-Beiträge ihres Personals, was in vielen Betrieben Standard ist. «Dadurch können wir rund 400 000 Franken einsparen», so der Geschäftsführer. Weitere 350 000 Franken ergeben sich aus der Stellenreduktion und bei Einsparungen verschiedener interner Dienstleistungen. «Nach wie vor bleiben wir aber ein attraktiver Arbeitgeber», betont Spühler und weist darauf hin, dass weder die Dienstaltersgeschenke noch der Regenerationsurlaub von vier Wochen, der jedem Angestellten nach fünf Dienstjahren zusteht, gestrichen wurden.
Keine Kündigungen
Der Einschnitt sei von den Mitarbeitenden zwar bedauert worden, die meisten der 280 Angestellten hätten aber Verständnis gezeigt, sagt der Geschäftsführer weiter. «Alle haben die Änderungskündigung akzeptiert. Es hat deswegen niemand gekündigt.» Spühler gibt sich denn auch zuversichtlich, bereits im kommenden Jahr wieder schwarze Zahlen schreiben zu können. «Die Aussichten sind gut», sagt er und verweist darauf, dass im Neubau, mit dem die Pigna um gut einen Drittel gewachsen ist, bis auf zwei Zimmer alle besetzt sind. Dadurch würden auch wieder mehr Zuschüsse des Kantons fliessen. Spühler betont: «Die Substanz ist gut, wir haben einen tollen Neubau und keine Hypothekarbelastungen. Ich bin überzeugt: Das kommt wieder gut.»
Stellt sich aber dennoch die Frage, warum es so weit kommen konnte. Im Rückblick betrachtet zeigt sich nämlich, dass die Plätze nach einem Neubau von vorwiegend jüngeren Personen besetzt werden, die deshalb (noch) einen geringeren Betreuungsaufwand aufweisen. In der Folge sinken die kantonalen Zuschüsse. Spühler, der die Stiftung erst seit Mai 2022 führt, gibt sich dennoch selbstkritisch, wenn er sagt, dass man die Signale durchaus hätte früher erkennen können.
Markus SpühlerGeschäftsführer Stiftung Pigna
Seit 43 Jahren gibt es die Stiftung Pigna mit heute 147 Wohnplätzen
Die Pigna wurde 1981 von 28 Gemeinden des Zürcher Glattals und des Zürcher Unterlandes sowie von einigen Organisationen und Privatpersonen gegründet. Die Stiftung fördert und unterstützt, begleitet, betreut, beschäftigt und pflegt Menschen mit Behinderung in ihrem Lebens-, Arbeits- und Wohnraum. Dafür stehen 147 Wohnplätze in verschiedenen Wohnformen zur Verfügung. Zudem stehen für Menschen mit Behinderung 180 Arbeitsplätze in Werkstätten und einem Dienstleistungsbetrieb sowie 85 Beschäftigungsplätze in der Tagesstätte zur Verfügung. Die Pigna ist an mehreren Standorten im Zürcher Glatttal und im Zürcher Unterland tätig. Ein differenziertes Angebot an Therapiemöglichkeiten, ein ausgebauter Gesundheitsdienst und eine Fachstelle für Sozial- und Lebensberatung gehören ebenso zu den Leistungen. Zudem ist die Stiftung Ausbildungsorganisation für verschiedene Berufe im Sozialwesen und anerkannter IV- und SBFI-Lehrbetrieb.
Teil der Stiftung ist auch das an 364 Tagen im Jahr geöffnete Gasthaus Hans im Glück, in dem Gastroprofis mit und ohne Behinderung arbeiten. Das Gasthaus ist ein öffentlicher Begegnungs- und Genussort, wo alle willkommen sind. Der Umsatz ist in den vergangenen beiden Jahren um rund 25 Prozent gestiegen.
Die Stiftung Pigna bietet 265 Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderung in Werkstätten und in der Tagesstätte an.