Risikoreiche Kreuzungen reduzieren

Daniel Jaggi

Am 3. März stimmt das Zürcher Volk über die Pistenverlängerungen auf dem Flughafen Kloten ab. Am Dienstag hat das Pro-Komitee seine Kampagne vorgestellt. Mit dabei auch Thomas Muhl, Leiter Kontrollturm und Landeanflug. Mit ihm nimmt erstmals ein Vertreter von Skyguide Stellung.

Die nun zur Debatte stehenden Verlängerungen der Piste 28 nach Westen und der Piste 32 nach Norden geht auf eine Sicherheitsüberprüfung zurück, die 2012 erfolgte. Der Bundesrat hat sie im Sachplan Infrastruktur Luftfahrt (SIL) festgesetzt, um die Sicherheitsmarge zu erhöhen und die betrieblichen Abläufe zu stabilisieren.

Auf den längeren Pisten könne künftig mit nahezu allen Maschinen und bei ungünstiger Witterung wesentlich zuverlässiger gestartet und gelandet werden, betont das Pro-Komitee an einer Medienkonferenz. SVP-Kantonsrat Ueli Bamert spricht sogar davon, dass künftig Starts und Landungen auch bei widrigen Umständen wie nassen Pisten oder starken Winden im «vorgesehenen Ablauf ohne Einschränkungen» möglich seien. Konkret: Es müsste weniger vom Betriebskonzept abgewichen werden.

Für Thomas Muhl ist genau dies ein entscheidender Grund, weshalb die Pisten verlängert werden müssen. Der Leiter Kontrollturm und Landeanflug bei Skyguide erläutert, was geschieht, wenn der Pilot mit einem von Osten kommenden Flugzeug wegen der zu geringen Länge nicht auf der Piste 28 landen will. «Dann fliegt er nach Süden, um auf die längere Piste 34 einzuschwenken.» Dabei kreuze er in der Luft von Westen anfliegende Flugzeuge. «Es gibt nun gegenläufige Flugbewegungen und Kreuzungspunkte», so Muhl, der ergänzt, dass dadurch die Verkehrsführung massiv gestört werde. Weiter würde sich auch am Boden ein weiterer Kreuzungspunkt ergeben. Dort, wo sich die Pisten 28 und 34 kreuzen. Muhl: «Das alles erhöht die Komplexität und führt zu unnötigen Risiken.» Bei einer Verlängerung der Piste 28 gäbe es dann kein Ausweichen mehr. Gleiches gäbe es am Boden, abends, wenn die schweren Langstreckenflugzeuge von Dock E (Midfield) umständlich über die aktive Landebahn 28 zur Piste 34 rollen müssten. Wäre die Piste 32 länger, wie geplant, dann könnten sie direkt von Dock E über wenige Meter zur Piste 32 rollen. Für Bretscher ist klar: «Wenn künftig weniger Betriebsänderungen nötig sind, dann gehen auch die Verspätungen zurück. Das ist logisch.»

Muhl will diesbezüglich aber nichts versprechen. Er sagt lediglich: «Die Pistenverlängerungen sind sicherlich ein Tropfen auf den heissen Stein.» Er dementiert dagegen, dass es zu Kapazitätserhöhungen kommt, denn die Pistenlänge habe keinen Einfluss auf die Anzahl Starts, weil die Sicherheitsabstände unverändert bleiben würden.

8 Fragen an Thomas Muh, lLeiter Kontrollturm und Landeanflug Zürich, Skyguide.

«Wir müssen die vorhandenen Risiken möglichst unter Kontrolle halten und reduzieren»

1. Wenn man Ihren Ausführungen zuhört, erhält man den Eindruck, der Flugbetrieb hier hin Kloten sei wegen der zahlreichen Kreuzungen nicht sicher. Ist das so?

Sie kennen bestimmt die internationalen Anforderungen an ein Pistenlayout. Ich erwähne da nur das Stichwort «Parallelpisten». Sie wären effizient und könnten extrem sicher betrieben werden. So etwas haben wir hier in Kloten nicht. Wir müssen mit dem System hier in Kloten die vorhandenen Risiken möglichst unter Kontrolle halten und reduzieren. Das ist letztlich unser aller Ziel.

2. Das heisst?

Der Flughafen Kloten ist sicher, sonst könnten wir gar nicht fliegen. Aber die Sicherheitsmarge könnte grösser sein, und daran arbeiten wir derzeit.

3. Stichwort «Südanflüge»: Wie viele Südanflüge würden abends wegfallen, wenn die Pisten ausgebaut wären?

Dazu muss man wissen, dass wir hier in Kloten extrem abhängig vom Wetter sind. Aus diesem Grund kann man dazu keine fixen Aussagen über Südanflüge machen, die jährlich wegfallen würden. Aber es sind sicher mehrere Flüge pro Woche, die wegfallen würden, wenn wir immer von Osten anfliegen könnten.

4. Sie sprechen immer von Pistenkreuzungen, die im aktuellen Betriebsablauf nicht ungefährlich sind. Eine schon länger diskutierte Lösung wäre die sogenannte Umrollung. Warum wird diese Lösung nicht vorangetrieben?

Die Umrollung ist konkret geplant.

5. Wir sprechen schon sehr lange davon.

Das ist richtig. Wie Sie sicherlich wissen, geht die Pistenverlängerung auf die Sicherheitsüberprüfung aus dem Jahre 2012 zurück. Zudem gibt es Betriebsreglementsanpassungen aus den Jahren 2014 und 2017, die immer noch vor irgendwelchen Gerichten hängig sind. Eine Umsetzung konnte bislang nicht erfolgen. Dazu gehört auch die Umrollung bei der Piste 28. Sie ist geplant, es dürfte aber noch einige Jahre dauern, bis sie realisiert werden kann.

6. Die Umrollung würde einen Teil der Kreuzungen vermindern.

Ja. Die Kreuzungen aller auf der Piste 14 gelandeten Flugzeuge (Nordanflug, Anm. d. Red.), die südlich der Piste 28 parkiert werden (am Flughafenkopf, Anm. d. Red.), gäbe es nicht mehr. Sie würden auf null reduziert.

7. Sie sprechen auch davon, dass es bei schwierigen Wetterlagen zu Verspätungen kommt, diese könnten mit den Pistenverlängerungen reduziert werden. Anders gefragt: Bei optimalen Wetterbedingungen dürfte es also gar keine Verspätungen geben.

Diese Verspätungen sind auf das ­europäische System zurückzuführen, das ebenfalls Schwachstellen aufweist. Wir haben beispielsweise oft Verspätungen wegen Streiks in Frankreich, wegen zu wenig Fluglotsen in Deutschland oder wegen ungünstiger Wetterbedingungen irgendwo in Europa. Dies alles addiert sich und hat Auswirkungen auf Kloten, obwohl hier optimale Bedingungen herrschen.

8. Letzte Frage: Am Ende der Piste 28 wurde vor einigen Jahren ein Abbremssystem eingebaut, das Flugzeuge im Falle eins Überrollens sicher zum Stillstand bring. Reicht das nicht?

Das ist eine reine Notmassnahme, falls ein Flugzeug die Piste überschiessen würde, käme die Maschine in einem weichen Boden kontrolliert zum Stillstand. Für die Planung einer Landung – dazu gehört auch der Einbezug der Pistenlänge – darf diese Notmassnahme nicht berücksichtig werden. Daniel Jaggi

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