Profico: «Es gibt jetzt diesen neuen Weg, der funktioniert»
Der Churer Leandro Profico (34) ist Klotens Schweizer Verteidiger mit der meisten Eiszeit. Durchschnittlich fast 18 Minuten pro Match steht der Bündner pro Partie auf dem Eis. Nachfolgend spricht er über das aktuelle Kloten und darüber, warum es besser läuft als in der letzten Saison.
Leandro Profico hat sich sein Standing bei Headcoach Lauri Marjamäki mit Leistung erarbeitet. Der Abwehrspieler handelt unter Druck vielfach instinktiv richtig, vermag aber auch spielerische Akzente zu setzen.
Profico ist in Chur aufgewachsen und auch ein guter Freund des Schweizer NHL-Topspielers und mehrfachen WM-Silbermedaillen-Gewinners Nino Niederreiter. Die beiden spielten bei den Junioren teilweise in Chur zusammen, da der heute 32‑jährige Niederreiter als damaliges Supertalent seinerzeit zu den zwei Jahre älteren Junioren im Klub hinaufgezogen wurde. Noch heute sind die beiden befreundet.
Und irgendwann werden beide bei ihrem Heimatverein und aktuellen Swiss-League-Verein wohl wieder in massgebenden Rollen vereint sein – es muss ja nicht zwingend als aktiver Spieler des Fanionteams sein, das seit dieser Saison zumindest wieder zweitklassig und in der Swiss League engagiert ist. Profico stellt denn auch klar, dass er nach Ablauf seines bis Ende Saison laufenden Vertrages noch weiter in der National League spielen möchte.
Im Interview mit dem «Klotener Anzeiger» schildert der smarte Bündner unter anderem die Unterschiede in Klotens Spiel- und Herangehensweise im Vergleich zur missglückten Vorsaison, als Kloten als Qualifikations-Vorletzter enttäuschte.
Leandro Profico, war die 2:3-Niederlage vom letzten Freitag in Bern vor allem auf Klotens Mängel in den Spezialsituationen zurückzuführen?
Ich selbst verzeichnete in Bern zwei Strafen. Unser Powerplay und das Penaltykilling waren in Bern sicher nicht optimal, in den Spezialsituationen können wir uns indes schon seit Saisonbeginn noch verbessern. Wir haben in Bern gekämpft, aber vorab im Powerplay muss mehr von uns kommen. Wir kommen da schon zu Chancen, doch es muss einfach mehr dabei rausschauen. Im dritten Drittel konnten wir noch rasch das 2:2 erzielen, doch dann entschied ein Konter die Partie, auch wenn wir bis zum Schluss gut kämpften.
Auch beim 0:3 in Lausanne fiel das zweite Gegentor in Unterzahl. Im Moment verzeichnet Kloten das zweitschwächste Boxplay und das schlechteste Powerplay der Liga. Bei numerischem Gleichstand hat man dagegen bislang verblüfft.
Das ist in erster Linie auf unser neuer System zurückzuführen, das hilft uns. Wir spielen mehr mit dem Puck. Letzte Saison liefen wir oft dem Puck hinterher. Jetzt versuchen wir, den Puck zu halten. Wir haben die Spieler, die dies auch können. Aber es braucht eben nicht nur das, um erfolgreich zu sein. Wenn es dann Strafen gibt, muss man im Boxplay zumachen. Und im Powerplay die Chancen auch ausnützen. Denn dadurch kannst du auch Spiele gewinnen.
Im Vergleich zur Vorsaison ist bei Kloten viel aktiveres Puckmanagement zu sehen. Wie hat das Team diese Metamorphose vollzogen?
Headcoach Lauri Marjamäki hat eine klare Linie. Er hat uns in der Vorbereitung von Beginn an klargemacht, was er will und was wir machen müssen. Wir haben dies schon in der Vorbereitung angeschaut und umgesetzt. Sein Spiel ist ein schnelles Spiel mit Puck. Ein Spiel, mit dem man Lösungen finden kann, weil die Optionen da sind. In der Vorsaison suchten wir mehr nach den Lösungen, die Optionen waren nicht immer da. Wir wussten nicht genau, wo und wie wir genau spielten. Dann gab es wieder einen Trainerwechsel. Es war alles immer ein bisschen ein Chaos. Jetzt hingegen gibt es die Linie und diesen Weg. Momentan macht jeder mit, weil jeder sieht, dass es schlussendlich funktioniert. Wenn alle an einen Strang ziehen, gewinnen wir Spiele.
Es gab nicht nur einen neuen Headcoach, einen neuen Sportchef, einen neuen Torhüter (Ludovic Waeber) und über ein halbes Dutzend neuer Feldspieler – darunter drei neue Ausländer (Tom Grégoire, Sami Niku und Daniel Audette) –, sondern auch einen neuen Defensivcoach mit Klotens Ex-Verteidiger Beni Winkler, der von Thurgau kam. Welche Inputs kommen von ihm?
Er war selbst ein kräftiger Verteidiger, aber auch ein sehr ruhiger Spieler. Er bringt ziemlich Ruhe in unsere Mannschaft. Wenn einmal etwas nicht so rund läuft, kommt er mit simplen Inputs. Da merkt man gleich, dass er ein Spieler mit Erfahrung in der höchsten Liga ist beziehungsweise war. Und das gibt einem Vertrauen. Hinzu kommt, dass er bereits bei Thurgau für das Unterzahlspiel verantwortlich zeichnete. Er bespricht sich da auch viel mit dem Headcoach.
Was muss man sich unter den simplen Inputs vorstellen?
Wenn ich beispielsweise ein Play beziehungsweise einen Spielzug mache, der vielleicht etwas zu riskant oder kompliziert ist, zeigt er mir kurz auf, welche anderen Optionen auch vorhanden gewesen wäre. Wenn man diese aufgezeigt erhält, hilft dies zu verstehen, dass es nicht kompliziert sein muss. Allein durch seine Art und seine Ruhe hilft er dir extrem. Es ist eine Unterstützung, die man erhält, und kein Druck. Und dies ist für uns Spieler enorm wichtig – also auch etwas Zwischenmenschliches auf der Spielerbank zu haben.
Wie äussert sich dies?
Beni ist quasi Bindeglied zwischen Trainer und Spielern. Er sieht auch immer die Betrachtungsweise als Spieler. Er kann sich in einen hineinversetzen, weil er die Situation selbst erlebt hat. Das baut das Vertrauen auf. Und das ist extrem wichtig, wenn es dann einmal nicht rund läuft oder es einen Schub braucht. Dann ist er sicher die richtige Ansprechperson.
Das Gesicht der Mannschaft hat sich im Vergleich zur Vorsaison vorab auch in der Abwehr geändert mit den Zuzügen von zwei neuen Ausländern, dem Finnen Sami Niku und dem Kanadier Tom Grégoire, sowie dem österreichischen Nationalspieler Bernd Wolf. Es hat ein Upgrade gegeben und eine neue Hierarchie.
Wir haben sicher einen weiteren Zugewinn von noch mehr Erfahrung erhalten neben bereits erfahrenen Verteidigern wie Steve Kellenberger, Nicholas Steiner und mir. Da merkt man einfach diesen zusätzlichen Anstieg von Erfahrung. Und dann mit Ludovic Waeber im Tor, der von hinten Ruhe ausstrahlt, den ersten Puck hält, den Rebound unter Kontrolle hat. Das hilft extrem.
Von allen Schweizer Verteidigern haben Sie mit knapp 18 Minuten am meisten Eiszeit.
Schlussendlich muss man sich diese auch verdienen. Ich bin froh, dass die Coaches Vertrauen in mein Spiel haben. Ich versuche, es mit guten Leistungen zurückzuzahlen. Ich bin einer, der gerne Verantwortung übernimmt. Ich versuche, defensiv solid zu sein und offensiv ein wenig etwas zu machen, auch wenn es damit momentan etwas hapert. Aber die Saison geht ja noch ein bisschen, deshalb hoffe ich, dass es dann schon noch gut kommt.
Ihr Ziel wäre, das eine oder andere Tor mehr zu schiessen?
Ja, so ist es. Für mich ist sicher etwas Powerplay-Zeit durch die Zuzüge der neuen Ausländer verloren gegangen. Doch ich habe mich dennoch im Powerplay zurückgekämpft. Die erste Shift mache ich da meistens mit Niko Ojamäki an der blauen Linie, die zweite Shift dann mit Tom Grégoire. Das sind so gute Spieler, die mich auch einmal in Szene setzen können. Dann muss ich es einfach nur noch ausnützen, wenn ich mal eine Möglichkeit erhalte.
Sie gelten teamintern als sehr beliebter Spieler. Reto Schäppi freute sich laut dem Saison-Programmheft des EHC Kloten in erster Linie auf Sie als neuen Mitspieler. Auch werden Sie schon mal auf den sozialen Medien des Klubs verkabelt, um Ihre amüsante Unterhaltungen mit den Mitspielern anzuhören.
Auch wenn es mein Beruf ist, ist es immer noch mein Hobby, das ich über alles liebe. Und ich versuche, diese Freude zu vermitteln. Ich bin schon genug lange dabei, dass ich vielleicht gewisse Sachen nicht so ernst sehen muss. Wenn es einmal nicht so läuft, kann man dennoch locker sein. Ich glaube aber, dass wir in der ganzen Mannschaft coole Typen drin haben. Dies macht es mir sicher einfach, auch nicht gerade schlecht gelaunt in diese Eishalle reinzukommen. Aber ja, es freut mich, wenn ich Mitspielern Freude bereiten kann. Deshalb versuche ich, so weiterzumachen.
Ein Wort noch zu Miro Aaltonen, der gegenüber der letzten Saison nicht mehr wiederzuerkennen ist? Da ist schon etwas gegangen.
Er strotzt vor Selbstvertrauen. Er probierte es natürlich auch letztes Jahr, war da aber in einem Loch, aus dem er rauszukommen versuchte. Jetzt sieht man aber wieder, was für ein Qualitätsspieler er ist. Er kann auch die Mannschaft mitreissen und momentan auf dem Eis entscheidende Sachen macht.
Ein guter Freund von Ihnen ist ein anderer Topspieler, der NHL-Akteur Nino Niederreiter. Wie ist aktuell der Kontakt?
Seit die NHL-Saison begann, eher weniger. Aber sonst den Sommer über gab es schon einige Aktivitäten, die wir zusammen machten. Es ist sicher weniger geworden im Vergleich zu damals, als wir noch zusammen in der gleichen Strasse in Chur aufwuchsen.
Sie brachten ihn zum Hockey?
Als ich mit dem Hockey begonnen hatte, kam er zwei Jahre später auf mich zu und sagte mir, dass er es auch tun wolle. Er behauptet, dass er wegen mir begann. Doch das zweifle ich an. Er wäre so oder so ins Hockey gekommen, denn er war so talentiert. In Chur gibt es nicht so viele Optionen, eine coole davon war Eishockey und ist es auch jetzt noch. Wir waren auch noch in der gleichen Primarschule. Nino war natürlich ein Ausnahmetalent.
Bei Ihrem letzten Arbeitgeber Rapperswil-Jona Lakers wirkte Niederreiter jeweils auch Ihretwegen im Sommertraining mit. Weshalb trainierte er nicht auch in Kloten?
Der Weg nach Rapperswil-Jona war von Chur aus natürlich einiges kürzer. Aber vielleicht kann ich ihn ja noch für nächstes Jahr überzeugen.
Apropos nächstes Jahr: Ihr Vertrag läuft am Saisonende aus.
Chur ist immer wieder ein Thema. Ich werde auch jedes Jahr angefragt, wenn es dann so weit sei. Und es ist sicher so, dass es irgendwann so sein wird und es mein Ziel ist. Doch nächste Saison möchte ich noch weiter in der National League spielen. Das ist mein Ziel. Ich hoffe einfach, es gibt einen Weg, weiterhin in der National League spielen zu können. Ich habe noch die Kraft und den Willen dazu.
Die Verhandlungen mit Kloten befinden sich noch nicht in einem konkreten Stadium?
Es ist schon ein Thema gewesen. Aber aktuell laufen keine Verhandlungen. Ich wollte zunächst einfach gut in die Saison starten und die Zeit dazu kommt dann sicher noch.
Was muss Kloten machen, um die bislang gezeigte Stabilität und positiven Reaktionen auf Rückschläge bis zum Saisonende durchzuziehen?
Wir haben immer dann die beste Chance, wenn wir von Beginn an mit Selbstvertrauen auftreten. Und versuchen, den Puck gescheit zu verwalten. Dann sind wir jedes Mal voll dabei und haben die Chance, zu gewinnen. Sobald wir zurückstehen, wird es schwierig. Wir müssen mit Selbstvertrauen agieren, unserem System treu bleiben und ein wenig noch die Special Teams verbessern. Dann sind wir voll dabei. Das Schlechte ist vielleicht momentan, dass in der Liga alles so eng ist.
Das Ziel bleibt trotz des bislang positiven Saisoneinstiges aber der direkte Klassenerhalt, also mindestens Rang 12.
So ist es, wir sind realistisch. Wir wissen, woher wir kommen. Kloten befindet sich auch erst in der dritten Saison nach dem Aufstieg. Und es ist erst ein Drittel der Saison gespielt. Jeder Punkt von jetzt wird aber hinten hinaus wichtig sein.
«Headcoach Lauri Marjamäki hat eine klare Linie»: Verteidiger Leandro Profico (Mitte) zu den Gründen der zeitweise starken Leistungen. Marcel Kaul
Profico – ein enorm wichtiger Spieler für den Sportchef
Klotens Sportchef Ricardo Schödler über Leandro Profico: «Leonardo ist ein sehr erfahrener Mann, der mit der Scheibe auch sehr versiert ist. Dadurch ist er für uns auch in der Spieleröffnung enorm wichtig. Seit Saisonstart bildet er das erste Back-Paar mit Sami Niku. Dies spricht natürlich auch für seine Qualität. Auch spielt Leandro vielfach im zweiten Powerplay-Block. Über den Stand einer Vertragsverlängerung gibt es aber noch nichts zu sagen. Dafür ist es noch sehr früh.» (rst.)
EHC-Kloten-Tickets zu gewinnen
Der «Klotener Anzeiger» und der «Stadt-Anzeiger» verlosen 2× 2 Sitzplatztickets der ersten Kategorie für die Heimspiele. Diesmal werden Tickets für das Spiel am Samstag, 2. November, gegen den HC Lugano verlost. Wer gewinnen möchte, sendet ein E‑Mail mit Betreffzeile «Lugano» und vollständiger Postadresse an: redaktion(at)kloteneranzeiger.ch
Wenn möglich werden die Gewinner bis spätestens zwei Tage vor dem Match informiert. Wer bis dahin keine Gewinnnachricht erhalten hat, darf es gerne wieder versuchen.
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