Pigna schliesst Werkstätte in Bülach

Daniel Jaggi

Mit einer Lohnkürzung und drastischen Sparmassnahmen versucht man bei der Stiftung Pigna , die Finanzen wieder ins Lot zu bringen. Das dauert länger als gedacht, wie Geschäftsleiter Markus Spühler sagt. Aber man ist auf gutem Weg, bald wieder schwarze Zahlen zu schreiben.

Pigna, die grösste soziale Institution im Zürcher Unterland mit 147 Wohnplätzen und 180 Arbeitsplätzen, schreibt seit vier Jahren roten Zahlen. 2022 musste ein Minus von knapp 2 Millionen Franken bekannt gegeben werden. Daraufhin wurde die Notbremse gezogen, um die Abwärtsspirale zu stoppen. Um des strukturellen Defizits Herr zu werden, beschloss die Betriebskommission Ende 2023 einen rigiden Sparkurs: unter anderem lineare Lohnkürzungen bei allen Mitarbeitenden von 2 Prozent (+450 000 Franken), die Streichung von 340 Stellenprozent, das Zusammenlegen von Leitungsfunktionen sowie eine strikte Ausgabendisziplin.

Der Sparkurs zeigte Wirkung: Für dieses Jahr konnte ein deutlich tieferes Defizit von noch 600 000 Franken budgetiert werden. Und die Aussichten sehen gut aus: «Nächstes Jahr wollen wir eine ausgeglichene Rechnung präsentieren und 2027 wieder ein Plus», sagt Geschäftsführer Markus Spühler zuversichtlich, der aber gleichzeitig einräumt, dass die finanzielle Erholung länger dauert als ­angenommen. Einen Beitrag an die finanzielle Gesundung der Stiftung leisten ferne die 20 Gründergemeinden. Sie haben sich zu einer Erhöhung ihres Leistungsbeitrags verpflichtet.

Nach über 20 Jahren ist Schluss

Ein bedeutender Schritt in Richtung einer schwarzen Null ist jedoch die Aufgabe des Standortes Engelwies in Bülach nach über 20 Jahren. Auf drei Stockwerken, die der Stiftung gehören, betreibt die Pigna eine Werkstatt für 45 Personen und eine Tagesstätte für 12 schwer beeinträchtigte Personen. Die Arbeits- und Tagesstätteplätze werden im März kommenden Jahres nach Kloten verlegt. Damit verbunden ist eine Erweiterung der Werkstatt Müliwies. «Wir konnten im Gebäude zusätzliche Räumlichkeiten mieten und verlegen die Verwaltung», sagt Spühler.

Mit der Zusammenführung der bei-den Werkstätten will man langfristig ­Synergien nutzen. So bestehe sowohl in Bülach als auch in Kloten je eine Kantine, neu sei nur noch eine Kantine notwendig. «Zudem sind die Räumlichkeiten sehr grosszügig», sagt Spühler. Und er begründet: «Der Kanton schreibt pro Arbeitsplatz eine Fläche von 5 Quadratmetern vor, wir haben eine solche von 30 Quadratmetern. Trotz der Verlegung bestehen aber mit ­einer Fläche von 12 Quadratmetern weiterhin gute Arbeitsbedingungen», unterstreicht der Geschäftsführer. Stellen werden keine abgebaut. Sie sollen über natürliche Abgänge reduziert werden.

Stockwerke rasch verkaufen

Ferner schwebt über der Stiftung ein finanzielles Damoklesschwert von 1,5 Millionen Franken. Die Summe müsste für neue Fenster in der Bülacher Werkstatt aufgewendet werden. Um diesen hohen Kosten zu entgehen, will man die Flächen in der Industrie Bülachs verkaufen oder vermieten – «möglichst rasch», so Spühler.

Gleichzeitig will man die Anstellungsbedingungen aber wieder verbessern, denn es sei nach wie vor schwierig, be­sonders im Betreuungs- und im Pflege­bereich genügend Fachkräfte zu finden. Weil die Löhne in den vergangenen ­Jahren nicht dem Teuerungsausgleich angepasst wurden und auch keine Boni ausgeschüttet werden, will man hier vorwärtsmachen. Löcher würden derzeit mit Temporären gestopft. Doch das sei langfristige keine Lösung, denn für Menschen mit Beeinträchtigung seien Bezugspersonen sehr wichtig, unterstreicht Spühler. 

Belegung wieder top

In die roten Zahlen gerutscht ist die Stiftung vor allem wegen des 24-Millionen-Neubaus. Es sind aber nicht nur die Baukosten, sondern vor allem die damit verbundenen betrieblichen Auswirkungen, die schwer auf der Jahresrechnung lasten. So musste sowohl für den Infrastruktur- als auch für den Betreuungsbereich zusätzliches Personal eingestellt werden, was zu Mehrkosten von 3,5 Millionen führte. Verbunden mit den Abschreibungen stieg der Betriebsaufwand deshalb um rund 4 Millionen oder +17 Prozent. Und weil 2023 zahlreiche ältere Personen gestorben waren und die Plätze durch jüngere ersetzt wurden, sank gleichzeitig der Betreuungsindex von durchschnittlich 2,2 auf 2,1 Punkte (maximal 4). Dazu beigetragen hatte auch der Neubau, der vorwiegend mit jüngeren Klienten besetzt wurde, die ebenfalls einen geringen Betreuungsaufwand aufweisen. Konsequenz, so der Geschäftsführer: «Mit der Rückstufung sank die kantonale Entschädigung.» Inzwischen ist man bei der Belegung dort, wo man hinwollte. «Derzeit sind 143 von 147 Wohnplätzen belegt», sagt Spühler. Und er fügt an: «Das ist ein Topwert.»