Ligaerhalt auch im Verlierer-Modus?
Der EHC Kloten geht im Verlierer-Modus in die Derby-Woche mit den beiden Spielen gegen die ZSC Lions. Aber die Zürcher Unterländer bleiben womöglich unabhängig vom restlichen Saisonverlauf erstklassig.
Ein Playout im März wird laut einer vom «Klotener Anzeiger» eingeholten Bestätigung der National League kaum gespielt, wenn es darin um nichts mehr gehen sollte. Die Klubs würden diesen Konsens dann per Beschluss wohl so bestätigen. Auch die Ligaqualifikation entfiele, und die Ränge 13 und 14 würden gleich behandelt wie der Elft- und der Zwölftklassierte, die sich jeweils den Klassenerhalt über die Qualifikation «regulär» erkämpft hätten.
Konkret wird dies der Fall sein, wenn weder Visp noch Olten den Playoff-Final in der unterklassigen Swiss League erreichen. Nur diese beiden Teams hatten zu Saisonbeginn ein Aufstiegsgesuch eingereicht, das von der Liga auch akzeptiert wurde. Sie erfüllen die wirtschaftlichen und infrastrukturellen Bedingungen. Eine Ligaqualifikation zwischen dem Playout-Verlierer der National League und dem Swiss-League-Champion wird es nur dann geben, wenn Olten oder Visp via Playoffs den Swiss-League-Meistertitel holt. Andernfalls bleibt auch der Letzte der National League ohne Zusatzschlaufe(n) erstklassig.
2019 profitierten die Lakers
Gegen Olten würde es für Kloten zu einer Neuauflage der Swiss-League-Finalserie um den Titel und den Aufstieg von 2022 kommen, in der Kloten seinerzeit mit 4:1 Siegen triumphiert hatte. Für Olten spielt aktuell unter anderen Center Martin Ness, der in der Vorsaison noch für Kloten stürmte. Visp befindet sich als derzeit Neunter der Swiss League ausserhalb der Playoff-Ränge.
Zuletzt war 2019 keine Ligaqualifikation ausgetragen worden, als Langenthal nach dem Gewinn des Swiss-League-Meistertitels auf ein Antreten verzichtete, weil es seine Heimspiele in der höchsten Liga nicht im altehrwürdigen Schoren hätte austragen dürfen. Danach gab es die Coronapandemie und die schrittweise Liga-Expansion auf 14 Teams, ehe im Vorjahr die Ligaqualifikation wieder ausgetragen wurde – Ajoie hielt sich da gegen La Chaux-de-Fonds mit 4:2 Siegen in der Eliteklasse.
Kloten könnte also wie 2019 die Rapperswil-Jona Lakers den Ligaerhalt ohne Ligaqualifikation schaffen. Dass man daran Gedanken verschwenden muss, haben sich die Zürcher Unterländer selbst zuzuschreiben. Sie waren zuletzt nur noch ein Aufbaugegner für die Gegner in der National League. Sowohl im «Neun-Punkte-Spiel» gegen die SCL Tigers (2:5) als auch bei Ambri-Piotta (1:4) kassierten sie die Niederlagen Nummer 7 und 8 in Folge gegen Teams, die davor selbst Negativserien verzeichneten.
Die SCL Tigers beendeten mit dem 5:2 in Kloten eine eigene Erfolglosigkeit von acht Spielen. Ambri-Piotta war nach vier Niederlagen erstmals wieder siegreich. Sowohl bei Langnau (Julian Schmutz) als auch bei Ambri-Piotta (Alex Formenton) gab es einen Dreifachtorschützen gegen Kloten.
Qualität Klotens viel niedriger
«Die Mannschaft hat für das Team und als Mannschaft gespielt», betonte Ambris Trainer Luca Cereda aber nach dem Sieg der Leventiner, die das Play-in im Visier haben. Davon darf der Vorjahresqualifikationsneunte und damalige Pre-Playoff-Qualifikant Kloten heuer nur träumen. Dabei hatte man sich vor Saisonbeginn noch selbst zumindest auf Augenhöhe mit dem Vorsaisonzwölften aus der Leventina gewähnt.
Mittlerweile wird die Qualität von Klotens Team allerorten als viel niedriger als noch zu Saisonbeginn beurteilt. In allen drei bisherigen Saisonduellen gegen Ambri und Langnau blieb man ohne Punkte. Also in Spielen, die Interimstrainer und Sportchef Larry Mitchell zu Saisonbeginn für Kloten noch als Sechs-Punkte-Duelle deklariert hatte.
Kloten hat den Niedergang seiner sportlichen Aktie im zweiten Jahr nach dem Aufstieg selbst zu verantworten. Eine weitere Änderung an der Bande ist vorderhand dennoch kein Thema, auch beispielsweise eine kostengünstige interne Rochade nicht. CEO Anjo Urner erklärte auf Nachfrage des «Klotener Anzeigers», dass die frühere Spielerlegende Kimmo Rintanen keine Chance als Interimsheadcoach erhält – auch nicht im Sinne einer Entlastung von Mitchell: «Dies wäre nur eine Problemverlagerung. Denn Rintanen wird für seinen eigenen Aufgabenbereich als Assistent benötigt (u. a. das Powerplay, die Red.).»
Experte kritisiert Doppelamt
Eishockeyexperte Ueli Schwarz hält das aktuelle Doppelmandat in Kloten für «antiquiert». Der profunde Kenner der Schweizer Eishockeyszene sieht das Problem nicht einzig in den hohen Anforderungen beider Tätigkeiten, denen es gerecht zu werden gelte, sondern auch in der Gefahr, «dass Mitchell an Respekt und Autorität verliert». Schwarz plädierte in seiner Einschätzung beim TV-Sender MySports gar dafür, einen neuen Sportchef zu verpflichten, damit sich Mitchell auf seine Trainertätigkeit fokussieren könne. In Kloten ist dies offiziell kein Thema. Dafür wird laut diversen Medienberichten ein Mentaltrainer hinzugezogen. Auch wenn nach dem Heimspiel gegen Langnau Klotens Verteidigerroutinier Leandro Profico nichts Konkretes gegenüber dem «Klotener Anzeiger» dazu sagen konnte und wohl einige Akteure ohnehin in diesem Bereich bereits erfahren oder persönlich abgedeckt sein könnten. «Aber jeder Spieler, dem Hilfe von aussen etwas bringen kann, ist sicher offen dafür in dieser Situation, in der wir uns befinden», betont der Bündner.
Einfach und intelligent spielen
Gegen Langnau sei schon eine Steigerung gegenüber dem vorangegangenen Heimspiel gegen Biel (0:4) auszumachen gewesen, zumal gegen die Emmentaler auch wieder einmal ein Powerplay-Tor erzielt worden sei. «Doch wir wollten natürlich nicht nochmals fünf Gegentore kassieren, und ich bin auch mit der eigenen Leistung unzufrieden.» Sie hätten dem Gegner im Umschaltspiel zu viel Raum gelassen und dadurch das Selbstvertrauen des Gegners nach eigener 2:1-Führung wieder aufgebaut. «Jeder will ja etwas für das Team machen. Aber es braucht halt in gewissen Situationen das einfache Play, wo man die Scheibe einfach tief spielt», meint Profico. Sein Leitmotiv für einen Turnaround? «Simpel, einfach und intelligent spielen.»
Sollte Kloten doch das Playout und gar die Ligaqualifikation bestreiten müssen, wäre es theoretisch erst notwendig, ab März bereit zu sein. Aber ob man dann einfach den Schalter umlegen kann, wäre äusserst fraglich. Als warnendes Beispiel dazu dient der EHC Basel in dessen NLA-Absiegssaison 2007/2008, als man für Negativrekord-Serien in der Qualifikation sorgte und dann auch in der Ligaqualifikation vom damaligen NLB-Meister Biel mit 4:0 Siegen gedemütigt wurde.
Also ohne wiedergewonnene Spielfreude und Selbstvertrauen wird Kloten kaum bereit sein können, wenn es doch noch um die NL-Existenz geht. Ob mit Blick darauf auch im personellen Bereich jetzt und nicht erst im März reagiert werden sollte, muss der Klub beurteilen.
Würde der EHC Kloten aber seinen eigenen Massstab von Mitte November anwenden, der zur Entlassung von Headcoach Gerry Fleming führte («Saisonziel in Gefahr»), würde die Führung wohl ein Zeichen setzen. Und hiefür werden Kaderretuschen kaum ausreichen – zuletzt bestritt der beim EVZ Zug ausgebildete Lausanner Verteidiger Dario Sidler (20) seine ersten beiden Spiele für Kloten.
Nächste Derby-Sternstunde notwendig
Nun folgen am Samstag und am Sonntag für Kloten die Saison-Derbys Nummer 3 und 4 gegen die ZSC Lions. An das letzte Aufeinandertreffen haben die Unterländer noch beste Erinnerungen.
Am 3. November besiegten die Flughafenstädter vor eigenem Publikum die Stadtzürcher mit 4:2. Enorme Disziplin, maximale Einsatzbereitschaft und eine hohe Intensität zeichneten Klotens damalige Willensleistung aus.
Ein solch kompakter Teameffort wie bei jener Derby-Sternstunde unter dem damaligen Headcoach Gerry Fleming und vor ausverkaufter Heim-Arena ist erneut notwendig, um zu einem Befreiungsschlag zu kommen. Am Sonntagabend empfängt Kloten zum zweiten und letzten Mal in dieser Saison den Erz- und Kantonsrivalen. Doch auch 24 Stunden vorher, am Samstag in Zürich, müsste etwas möglich sein gegen den Leader. Denn die hoch dotierten ZSC Lions haben nämlich drei ihrer letzten vier Heimspiele verloren – jeweils mit 2:3 nach Verlängerung. (rs.)