Lieber ins Stadion statt zum Elizabeth Tower (ein Insider-Reisebericht)

Damjan Bardak

Statt die Sehenswürdigkeitenzu besuchen, pilgerten zweiFussballfanatiker für fünf Tagein die Stadien Londons.Sie besuchten drei Spiele aus der ersten und zweiten englischen Liga, darunter das Londoner Derby zwischen Tottenham Hotspur und Chelsea FC.

Da standen wir am Gate E64 des Flughafens Zürich mit unseren vollgepackten, schweren Taschen, die fast aus allen Nähten platzten. Mein Kollege, der seine offensichtlich zu grosse Trainingstasche dabei hatte, fürchtete sich schon vor den Easyjet-Mitarbeitern, die in ihren einschüchternden orangen Westen nach und nach die Handgepäckstücke der Passagiere auf ihre korrekte Grösse überprüften. Selber schuld waren wir. Anstatt 50 Franken für ein zusätzliches Gepäckstück zu zahlen, wählten wir den Nervenkitzel, schlimmer als bei einem Strafstoss. Doch die Airline-Mitarbeiterin winkte uns durch.

«Die Hand Gottes», sagte ich scherzhaft zu meinem Kollegen und wir gaben uns einen kräftigen Handschlag, der durch das ganze Terminal hallte. Doch wer hoch steigt, fällt tief. Mein Kollege, der ­üblicherweise ausschliesslich mit seiner Identitätskarte reist, hatte seinen Pass nicht dabei und konnte somit nicht nach Grossbritannien reisen. So kam es, dass ich alleine fliegen musste und er erst nach 4 Stunden, in denen er für 250 Franken ein weiteres Ticket und einen provisorischen Reisepass kaufen musste, in London bei mir ankam.

 

«Die Hand Gottes», sagte ich scherzhaft zu meinem Kollegen und wir gaben uns einen kräftigen Handschlag, der durch das ganze Terminal hallte.

 

Abgesehen von diesem Missgeschick war die Reise allerdings günstig. Bereits Anfang Oktober hatten wir gebucht und bei Easyjet 70 Franken pro Person für Hin- und Rückflug bezahlt. Die Unterkunft war mit 60 Franken pro Person pro Nacht im Verhältnis teurer, jedoch exzellent für das, was sie bot. Wir empfehlen hier aber, vorsichtig vorzugehen und Unterkünfte zu wählen, welche die meisten Rezensionen von ehemaligen Gästen haben. Wenn man wie wir über die Buchungsplattform Airbnb eine Unterkunft in London bucht, erhält man meistens ein Zimmer einer Wohnung, die mehrere Gruppen von Gästen unterbringt. Auf eine gemeinsame Küche und Bad sollte man sich daher in der Regel einstellen.

Bei den Fussballtickets warteten wir bis zu den Spieltagen und kauften diese erst dann online über die Ticketbörse Stubhub. Dies aus dem Grund, dass wir nach mehreren Fussballreisen feststellten, dass die Eintrittskarten immer günstiger werden, je näher man sie am Spieltag kauft. Das sollte man allerdings nicht als Regel verstehen, sondern nur als Tipp. Über Zwischenhändler kaufen wir nur, wenn es sich um absolute Topspiele handelt, die schon Monate im Voraus ausverkauft sind und wo die Karten nur Vereinsmitgliedern zur Verfügung stehen.

Einmal quer durchs ganze Fussball-Mekka

Weg von den Preisen und Fakten und hin zur wichtigsten Nebensache der Welt, dem Fussball. Das erste Spiel besuchten wir an der Loftus Road, dem Stadion der Queenspark Rangers (QPR), ein Traditionsverein, der im Westen Londons zu Hause ist. Wer eine familiäre Stimmung an Fussballspielen möchte, sollte auf jeden Fall bei QPR für 25 bis 35 Franken vorbeischauen. Ihr Stadion befindet sich mitten in einem Wohnquartier und ist für Fussballfanatiker ein echtes Schmuckstück. Nur wenige Meter trennt die erste Reihe der Sitzplätze vom Fussballfeld, wobei man von jedem Platz eine perfekte Sicht auf das Rasengeschehen hat. Um mit den waschechten QPR-Fans in Kontakt zu kommen, lohnt es sich, in eines der vielen Pubs rund um das Stadion zu gehen, um den Spieltag gemeinsam einzustimmen. Ein authentisches Fussballerlebnis in der zweiten englischen Liga und perfekt für Leute, denen die erste Liga, die Premier League, zu verwaschen ist. In der zweiten Liga kommt es oft zu Überraschungen, die man vor dem Spiel so nicht erwartete. Wir erlebten, wie der Zweitletzte QPR gegen den Favoriten Norwich City mit 3:0 gewann.

Fahnen verboten

Weniger familiär, dafür topmodern ist das 2018 fertiggestellte Tottenham Hotspur Stadium im Norden Londons. Es ist ausgezeichnet ausgestattet und bietet ein grandioses Erlebnis, das mehr ein Event als Fussballspiel ist. Eine Lichtshow vor dem Anpfiff, ein riesiger Fanshop mit mehreren hundert Artikeln und eine riesige Auswahl an Speisen im Stadion werden einem geboten. Auf den Rängen kann es extrem laut werden, jedoch darf man im Gegensatz zu der Schweiz kei­ne Fahnen mitnehmen, nur in wenigen Zonen während des Spiels stehen und am Platz keinen Alkohol konsumieren. Schweizer Fussballfans mag das ein wenig speziell vorkommen, jedoch ist der Fussball, den man geboten bekommt, definitiv Weltklasse. Wir erlebten ein 4:3 für die Auswärtsmannschaft Chelsea FC, wobei Tottenham zwischenzeitlich mit 2:0 führte. Pro Ticket kostete uns der Spass 120 Franken.

Spontan entschieden wir uns noch dazu, die Premier-League-Partie zwischen West Ham FC und den Wolverhampton Wanderers im London Stadium anzuschauen. Dieses ist wie das Tottenham Hotspur Stadium erst kürzlich gebaut worden. Glücklicherweise fanden wir auf Stubhub VIP-Tickets für nur 50 Franken pro Person und konnten somit das Spiel auf Ledersesseln mit dem besten Blick auf das Spielfeld geniessen. Dazu erhielten wir noch ein kostenlos Getränk und das Matchblatt. Weniger spektakulär war allerdings die Stimmung. Bei dieser Partie trafen zwei Mannschaften aufeinander, die sich in schwierigen Phasen des Misserfolgs befinden. Schliesslich gewann die Heimmannschaft West Ham FC mit 2:1 und wir konnten mit den Heimfans ausserhalb des Stadions feiern.

20 Stadien auf engem Raum

Fussballspiele sind meistens ein Spektakel, doch um das komplette Erlebnis zu haben, sollte man vor und nach dem Spiel mit einheimischen Fans verkehren und sich mit ihnen austauschen. Auch Museums- und Stadionbesuche bieten einen tieferen Blick in die Geschichte der Vereine. Der Fussball ist eine eigene Welt, die man in London erkunden kann. Mit 12 Profivereinen und 20 Fussballstadien ist der Besuch des Fussball-Mekkas für jeden Fan ein Muss.

Als wir nach Hause flogen, mussten wir beide Easyjet eine Busse wegen unserer zu grossen Taschen zahlen. Mein Kollege lachte und sagte: «Jetzt spielt es sowieso keine Rolle mehr.»

In London hat man fast die Qual der Wahl: Im Loftus Road Stadium spielen beispielsweise die Queens Park Rangers. Der Traditionsverein ist in der zweiten englischen Liga aktiv, in der EFL Championship.

Erinnerungsfoto im Tottenham Hotspur Stadium (v. l.): Antoine Perrenoud (18) und Damjan Bardak (19).  Bilder Damjan Bardak

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