«Letzte Saison haben wir überperformt»
Jan Sommerhalder führt zusammen mit Jan Schibli den Verwaltungsrat und ist damit Co-Präsident des Verwaltungsrates der Kloten Sport AG. Im ersten Teil des Interviews reflektiert er ehrlich und umfassend die schwierige zweite Saison des EHC Kloten nach dem Wiederaufstieg.
Jan Sommerhalder, die Entscheidungsphase im Kampf um den Ligaerhalt steht nun unmittelbar bevor. Wie beurteilen Sie den bisherigen Saisonverlauf?
Jan Sommerhalder: Es war ein Auf und Ab. Wir hatten zwischendurch sehr gute Phasen, die aber immer wieder von Tiefs abgelöst wurden. Es ist einfach wenig Konstanz vorhanden gewesen. Die letzten paar Spiele wurde es besser, ein Aufwärtstrend ist erkennbar trotz der beiden Niederlagen vor der letzten Länderspiel-Pause. Aber um noch etwas zu erreichen, ist es zu spät.
Wie gut schätzt(e) man sich dann selbst ein?
Ganz realistisch gesehen, vom Kader und den finanziellen Möglichkeiten her, ist der 13. Rang natürlich nicht weit weg von der Realität. Wir haben selbst gehofft und sind auch teilweise davon ausgegangen, dass wir uns etwas besser präsentieren können. Wir möchten nun aber auf jeden Fall noch den 12. Rang erreichen, um diese Saison noch sauber zu beenden.
Eventuell wäre ja auch ein 13. Rang gar nicht so schlimm, da allenfalls nicht nur die Ligaqualifikation, sondern gar die Playouts gestrichen werden, wenn weder Visp noch Olten den Playoff-Final erreichen.
Aber wir wollen es uns ja selbst beweisen, dass wir es können. So schlecht, wie wir uns zwischendurch selbst präsentiert haben, ist die Mannschaft auch nicht. Im letzten Jahr haben wir überperformt. In dieser Saison eher etwas enttäuscht. Die Wahrheit liegt irgendwo in der Mitte. Wir bewegen uns im hintersten Teil der Liga. Das ist Fakt. Und wenn die Leute die Erwartungen hatten, dass wir nun in das Play-in kommen würden, war dies natürlich ein Wunschdenken. Niemand hätte dagegen Nein gesagt. Doch es ist absolut nicht realistisch.
«Wichtig war für uns, dass jeder Spieler zumindest ein persönliches Gespräch mit dem Mentalcoach führte. Dies war die Forderung des Verwaltungsrates.»
Es gibt ja nicht nur die Erwartungen von aussen. Auch intern gibt es diese. Sonst hätte man sich nicht so früh in der Saison von Trainer Gerry Fleming getrennt. Da hatten Sie selbst beim Fan-Talk sechs Tage vorher noch betont, dass man Geduld habe und sich das Team auf dem richtigen Weg befände – nur zwei Niederlagen später sah man es doch anders.
Wir hatten da das Gefühl, dass es einen neuen Impuls braucht, um die Mannschaft wachzurütteln. Fleming ist ein extrem angenehmer Mensch, der alles versuchte, mit dem Team erfolgreich zu sein. Da kann man ihm nichts vorwerfen. Aber wenn man die individuellen Leistungen der Spieler betrachtete, stellten wir keine Steigerung fest. Mit wenig Ausnahmen wurden die Spieler nicht besser – im Gegenteil. Und dann war die Performance auf den Ausländerpositionen mangelhaft. Entsprechend stagnierte auch die Entwicklung der Mannschaft. Wir wollten einen neuen Impuls, etwas verändern, etwas Neues versuchen. Jemanden, der es auch von einer anderen Seite anschaut. Deshalb entschieden wir uns damals für den Trainerwechsel.
Dann wurde Sportchef Larry Mitchell als Interims-Trainer installiert. Und die ersten Spiele verliefen überaus positiv, Kloten punktete unentwegt. Von der bis dahin besten Positivserie stürzte man dann so tief ab wie nie zuvor in der Saison – acht Niederlagen folgten.
«Im Nachhinein muss man sagen, dass wir auch aus Gesprächen herausspürten, dass die Mannschaft wohl zu rasch das Gefühl hatte, dass sie es wieder im Griff hätte. Man war zu schnell wieder zufrieden. Zudem kamen im Dezember die beiden Meisterschaftsunterbrüche, zunächst die Länderspiel-Pause und danach das Break in der Altjahreswoche. Diese Pausen brachen dem Team scheinbar auch den Rhythmus. Man fiel wieder ins alte Fahrwasser zurück. Schliesslich verpuffte da der ganze Effekt des Trainerwechsels.
Schliesslich wurde die Doppelfunktion von Mitchell als Interimstrainer und Beaulieu-Sportchef immer stärker kritisiert.
Wir wussten immer, dass Larry für uns nur ein Interimstrainer war, also vorübergehend das Team coachte. Es wäre nicht das gewesen, was wir langfristig wollten. Klar wären wir aber glücklich gewesen, wenn es so gut gelaufen wäre, dass wir nichts mehr hätten machen müssen. Und dann erst auf die neue Saison hin einen neuen Trainer suchen. Dies war nun halt nicht möglich. Und wir mussten ihn dann auch schützen und entlasten von diesem Doppelmandat. Larry hatte den Interims-Headcoach ja freiwillig gemacht, er hatte es selbst nicht gesucht. Deshalb haben wir ihn wieder zurück in die Sportchef-Position getan. Und wollten eine Interimstrainer-Lösung bis Ende Saison.
War der desolate Auftritt im Heimspiel gegen Biel am 5. Januar (0:4) entscheidend, dass man zum Schluss gelang, nochmals einen neuen Teamverantwortlichen bis Saisonende zu bestimmen?
Es gab sogar mehrere schlechte Spiele, nach denen man sich danach Gedanken machen musste. Biel war nur eines davon. Ein weiteres war beispielsweise das Auswärtsspiel in Rapperswil-Jona, wo das Team ähnlich schlecht performte, dies vielleicht weniger auffiel, weil die Lakers da selbst ganz schlecht waren. Allgemein war die Verunsicherung im Team vorhanden. Wir engagierten dann vor den Spielen gegen die ZSC Lions noch einen Mental-Trainer. Wir haben das Gefühl, dass diese Massnahme doch ein paar Spielern helfen konnte. Aber wie gross der Einfluss von dieser oder jener Massnahme jeweils auf den Spieler ist, lässt sich schwer beurteilen oder einschätzen, da die Auswirkungen individueller Natur sind.»
«Wir möchten nun aber auf jeden Fall noch den 12. Rang erreichen, um diese Saison noch sauber zu beenden.»
Die Zusammenarbeit mit Mentaltrainer Daniel Hornecker gestaltet sich aktuell wie?
Wichtig war für uns, dass jeder Spieler zumindest ein persönliches Gespräch mit ihm führte. Dies war die Forderung des Verwaltungsrates. Danach wurde eine Fortsetzung auf freiwilliger Basis für jeden Spieler vereinbart. Wer und wie viele Spieler dies wahrnehmen, weiss ich nicht. Das soll auch diskret bleiben. Aufgefallen ist mir aber schon, dass beispielsweise ein David Reinbacher seit Horneckers Mitarbeit wieder um eine bis zwei Stufen besser spielt und mit mehr Selbstvertrauen agiert.
Wann entschied man sich genau, dass Sportchef Larry Mitchell als Interims-Headcoach abgelöst wird beziehungsweise mit Stephan Mair einen «richtigen» Interims-Trainer zu engagieren?
Dies war vor den beiden Derbys gegen die ZSC Lions der Fall. Denn diese Derbys bereiteten uns ja keine Sorgen. Wir waren sicher, dass die Spieler da ohnehin hoch motiviert zur Sache gehen. Das Team hatte da in der Vergangenheit oft gut performt und sein Leistungsvermögen abrufen können.
Aktiv auf Mair zugegangen sind Sie erst vor den Spielen gegen die ZSC Lions?
Wir waren in der Sportkommission mehrere Namen durchgegangen. Doch die meisten Kandidaten waren oder sind erst ab der nächsten Saison verfügbar. Wir suchten dann jemanden für jetzt und entschieden uns für Stephan Mair. Nach Saisonende werden wir auch mit ihm eine Bilanz ziehen und beurteilen, ob er auch ein Kandidat für die nächste Saison ist oder nicht. Das haben wir mit ihm so abgemacht.»
Wer gehört überhaupt alles der Sportkommission an?
Larry Mitchell, der Ex-Trainer und jetzige Berater Jeff Tomlinson, wir beide vom Verwaltungsrat, dann noch CEO Anjo Urner sowie zwei weitere Kenner und Vorstandsmitglieder aus dem Verein EHC Kloten. Einer mit entsprechendem Hintergrundwissen und Know-how aus dem Nachwuchsbereich, ein anderer als ehemaliger Leistungsträger des Fanionteams, beide mit grossem Beziehungsnetz. Die zwei wollen ihre Namen aber nicht veröffentlicht sehen, sondern im Hintergrund bleiben. Insgesamt bilden sieben Personen diese Sportkommission. Und innerhalb dieses Gremiums führen wir oft engagierte und angeregte Diskussionen. So soll es auch sein. Wir müssen da nicht immer gleicher Meinung sein, diskutieren es aber aus.
«Wir haben Mair nicht geholt, weil wir keinen anderen gefunden haben und ihn nach sechs Wochen wieder wegschicken wollen.»
Im Entscheidungsprozess zu Mair meldete der «Tages-Anzeiger», dass Mitchell sich gegen das Engagement von Mair ausgesprochen hatte.
Wir behandeln in dieser Kommission diverse Themen. Dass es einer von sieben vielleicht etwas anders sieht, diese Chance ist bei jedem Thema vorhanden. Es kann nicht immer nur Harmonie herrschen. Das ist absolut normal. In diesem Fall ging es aber darum, dass wir nicht einen Trainer für ein oder zwei Jahre suchten, sondern einen Interimstrainer für sechs bis zehn Wochen. Dafür hatten wir einen komplett anderen Anspruch.
Welchen Typ Trainer hat man eigentlich gesucht?
Wir suchten vor allem einen Mann, der das Schweizer Hockey sehr gut kennt. Er brachte alleine mit seinen sechs Jahren als Headcoach bei Thurgau diesen Anspruch mit. Zudem arbeitete er da mit durchaus beachtlichem Erfolg (u. a. Playoff-Halbfinal-Vorstoss – Red). Dann klärten wir auch aus seinem Umfeld ab, ob er überhaupt in der kurzen Zeit zur Verfügung steht. Es gab auch noch andere Kandidaten. Für einige war das Risiko einfach auch zu gross, alles stehen und liegen zu lassen für vielleicht zwei Monate. Und ohne dann die Garantie auf eine Weiterbeschäftigung zu erhalten. Mair erklärte sich dazu bereit. Und das schätzen wir sehr. Er ist bereit, ein solches Risiko einzugehen, weil er von seiner eigenen Arbeit so überzeugt ist ...
... und er ist ein Trainer mit Fähigkeiten, wie man bei Thurgau gesehen hat.
Wir wissen, dass er über die Fähigkeiten verfügt, Spieler besser zu machen. Er hat bei Thurgau Ian Derungs oder Jonathan Ang geformt, die in der National League später sehr gut eingeschlagen haben. Das waren die beiden besten Swiss-League-Spieler seinerzeit. Er ist ein akribischer Arbeiter und lässt mit einer hohen Intensität trainieren. Und er gibt jedem eine faire Chance, ist zu allen Spielern gleich, sei es Junior oder Importspieler. Das ist schon auch noch wichtig.
Das Letztere sollte auf Profi-Level aber selbstverständlich sein oder nicht?
Es menschelt überall, unabhängig von einem Profibetrieb. Es ist wichtig, dass am Ende die Leistung zählt und nicht, wer man ist. Und dies ist bei Mair der Fall. Wir haben Mair nicht geholt, weil wir keinen anderen gefunden haben und ihn nach sechs Wochen wieder wegschicken wollen. Sondern weil wir überzeugt sind, dass er exakt die Fähigkeiten hat, die wir benötigen. Und deshalb ist es auch nicht so, dass diese Zusammenarbeit nicht weitergeführt wird, wenn sie fruchtet. Für die nächste Saison zählt er zum Teil des noch offenen Trainermarktes für uns. Wir werden aber Ende Saison auf jeden Fall zusammensitzen und dies anschauen –und da besprechen, was gut und was weniger gut war. Und dann sehen, ob eine weitere Zusammenarbeit möglich ist.
Stichwort Imports. Wie beurteilen Sie die Saison von Olympiasieger Nico Ojamäki, der beispielsweise in seinem Heimatland Finnland und in der KHL unter anderem Powerplay-Top-Goalgetter war, bei Kloten bislang aber nur zweimal in Überzahl traf.
Wenn man seinen Palmarès und seine vergangenen Leistungen anschaut, konnte niemand davon ausgehen, dass es eine solche Saison für ihn werden könnte. Zumal er auch in der Vorbereitung noch sehr gut performte. Woran es genau liegt, weiss niemand, er selbst nicht. Er steht nächstes Jahr noch bei uns unter Vertrag. Wir sind eigentlich überzeugt, dass er die Fähigkeiten hat, dies abzurufen. Vielleicht hilft ihm der Trainerwechsel, vielleicht die spielfreie Zeit und eine zwei bis dreimonatige Pause im Sommer. Dass seine Leistungen ungenügend sind, darüber müssen wir nicht diskutieren.
Bei Ojamäki gab es vor einigen Wochen einen Todesfall in der Familie.
Es kann sein, dass ihn dies psychisch stark mitgenommen hat.
Und weshalb vermochte Aaltonen nicht mehr Einfluss auf den Leistungsverlauf von Ojamäki zu nehmen?
Ich denke, dass er dies schon auch versucht hat. Sie sind immer im regen Austausch. Und ich denke, dass Ojamäki zuletzt wieder sichtbarer war in Klotens Spiel.
Nächste Woche zweiter Teil des Interviews
Darin geht Sommerhalder unter anderem darauf ein, wie es zum Fehlgriff Nathan Beaulieu kommen konnte, und verrät dabei, wie gross die Kompetenzen von Sportchef Larry Mitchell sind. Der Verwaltungsrats-Vizepräsident geht ferner auf die Fragen nach Mitchells Zukunft in Kloten ein und erläutert die finanzielle Situation des EHC Kloten.