Knie erfindet sich gerade neu
Statt mit vielen Tiernummern beeindruckt der Zirkus Knie jüngst mit technischen Innovationen, die der Magie viel Raum geben. Das ist im neuen Programm nicht anders und das Publikum dankt es mit Standing Ovations.
Tiere im Knie? Das war einmal. Der Schweizer Nationalzirkus macht einen grossen Schritt nach vorn – und das Publikum dankt es mit frenetischem Applaus nach den einzelnen Nummern und Standing Ovations am Schluss der Vorstellung.
Das war auch bei der Abendvorstellung vergangenen Samstag in Zürich, einen Tag nach der Premiere, nicht anders. Das Publikum vermisst scheinbar weder Elefanten noch Ziegen, Papageien oder sonst was, was da in der Vergangenheit unter dem Chapiteaux flatterte, hüpfte oder kroch. Wie sagte es Géraldine Knie am Schluss der Vorstellung treffend: «Es sind die magischen Momente, die uns alle verbinden.» Genau das ist es, was das Publikum sucht: Fantastisches. Es möchte verzaubert werden und für zweieinhalb Stunden in eine andere, schöne Welt eintauchen.
Innovation geschaffen
Die Knies schaffen diesen Sprung in die neue Zirkuswelt mit dem neusten Programm «It’s Magical!» auf die dem Nationalzirkus eigene, hervorragende Art: mit selbst kreierten innovativen Elementen. Da war 2023 beispielsweise der Wasservorhang, der eingebettet in Licht und Musik ein staunendes Publikum hinterliess. Dieses Jahr sind es ein Meer aus bewegbaren, in den verschiedensten Farben leuchtende Kinetic-Balls, die unter der Kuppel hängen, nach oben oder unten schweben und einzelne Artisten sogar farbenfroh umhüllen. Und da ist der LED-Leuchtboden, der in der Pause installiert wird. Die vielen Leuchtfelder ermöglichen unterschiedlichste Licht- und Bildeffekte, was denn auch ausgiebig inszeniert wird und den Nummern noch mehr Magie verleiht. Verbunden mit dem Orchester, das viele aktuelle Hits, teils live gesungen, mal dezent, mal lautstark den Nummern beifügt, ist nebenbei gar nicht mehr viel Spektakel nötig. Typisch dafür ist Diabolo-Künstler Hng Thean Leong aus Malaysia. Nicht das Spektakel zählt, es ist die wunderbare Mischung aus Licht, Musik , Eleganz und Show, die die Magie seiner mit Leichtigkeit schwebenden Diabolos ausmacht und das Publikum ebenso begeistern wie früher die mächtigen Elefanten, die sich zum Schlussbouquet auf die Hinterbeine stellten.
Wie aus der Zeit gefallen
Magisch auch die Skokov-Truppe. In blauem Licht gehüllt vollführen die acht Frauen in ihren ebenfalls blauen Kostümen riskante Salti und Sprungkombinationen. Wenig spektakulär, aber immer im Fluss und synchron zeigen zwölf Japanerinnen auf ihren Einrädern in rot-blaues Licht gehüllt ihre Figuren. Schnell und laut geht es dagegen bei der Urban Crew zu und her. Inspiriert von Breakdance, Parkour und Akrobatik vollführen die jungen Philippiner eine rasante Dance-Nummer. Auch hier kriegt der Zuschauer nichts Halsbrecherisches zu sehen, das mit einem Trommelwirbel angekündigt wird. Das Spektakel ist vielmehr die Nummer selbst, die verbunden mit Musik und Licht einen staunen lässt.
Angesichts dieser Entwicklung wirken Mike Müller und Viktor Giacobbo wie aus der Zeit gefallen, wenn sie als einstige Kultfiguren Harry Hasler oder Frau Grütter in die Manege treten. Die Sketchs, basierend auf alten Pointen, nun mit etwas aktueller Politik angereichert, begeistern das Publikum nur mässig. Stark einzig Mike Müllers Hund Pesche, der in unzähligen Stunden dressiert Erstaunliches vollbringt.
Für Lacher sorgt stattdessen Clown Chistirrin, der Komik, Musik und Akrobatik zu verbinden vermag und mit viel Nähe zum Publikum die Zuschauer begeistert. Auch wenn sein Auftritt der Tradition der Clownerie folgt, wirkt er keineswegs fremd. Ein Clown gehört irgendwie in den Zirkus – auch in den modernen, magischen Zirkus.
Der Zirkus Knie gastiert noch bis am 9. Juni in Zürich. Tickets unter www.knie.ch