Kloten verblüfft und begeistert
Kloten geht mit zwei Siegen in Folge in die Länderspielpause und belegt nach einem Drittel der Regular Season den eindrucksvollen 7. Rang. Wir unterhielten uns darüber und über seine Arbeit mit den Spielern mit Assistenztrainer Beni Winkler (47), der früher selbst für Kloten verteidigte.
Die im «Klotener Anzeiger» vorweggenommene Vertragsverlängerung mit Trainer Lauri Marjamäki wurde unmittelbar vor dem begeisternden 5:2-Heimsieg vom letzten Samstag gegen Lugano bestätigt. Der frühere finnische Nationaltrainer unterschrieb vorzeitig für eine zweite Saison.
Kloten befindet sich auf dem besten Weg, mehr als nur den direkten Ligaerhalt (12. Rang) zu schaffen, mit dem man sein eigentliches Saisonziel bereits erreichen würde. Vor allem hinterliess das Team von Marjamäki bislang einen stabilen und gefestigten Eindruck, reagierte auch auf aufeinanderfolgende Niederlagen und verzeichnete insgesamt deutlich geringfügigere Leistungsschwankungen als noch in der letzten Saison.
Bei numerischem Gleichstand kann Kloten mit jedem Team der Liga mindestens mithalten. Man ist dadurch auch unabhängig von Spezialsituationen dazu fähig, Spiele zu seinen Gunsten zu entscheiden. Das Powerplay ist indes nach wie vor verbesserungswürdig (Schlusslicht der Liga), während man im Penaltykilling mittlerweile auf den 12. Rang in der 14er-Liga vorgerückt ist. Doch bedeutsamer als diese Statistiken ist der Teamgeist, der beim Underdog derzeit top ist. Einer für alle und umgekehrt – darauf kann es heruntergebrochen werden. «One Team, one spirit, one goal» (ein Team, ein Geist, ein Ziel) – so formulierte es auch Verwaltungsratspräsident Jan Schibli in diesen Tagen, als er sich in einer Klotener Facebook-Fangruppe zu Wort meldete.
Die Flughafenstädter imponierten zuletzt vor der ersten Länderspielpause der Saison gegen Lugano mit einem fulminanten Mitteldrittel und erzielten erstmals seit dem Wiederaufstieg vor zweieinhalb Jahren fünf Tore in einem Drittel eines National-League-Spiels. Miro Aaltonen erzielte mit dem Gamewinner zum 3:2 bereits sein zehntes Saisontor – der Finne ist damit der aktuell drittbeste Goalgetter der Liga. Und erstmals für Kloten erfolgreich war Keijo Weibel, der auf diese Saison hin von Langnau zu den Flughafenstädtern gestossen war.
48 Stunden davor bestritt Kloten zudem das vierte Auswärtsspiel in Folge. Bei Fribourg-Gottéron setzten sich die Flughafenstädter mit einer defensiv überzeugenden Leistung mit 3:2 durch. Kloten empfängt nun nach der Länderspielpause am nächsten Mittwoch daheim den formstarken Tabellendritten Davos, der zuletzt fünfmal in Serie gewann. Gegen die Bündner hatte Kloten zum Saisonauftakt am 17. September auswärts mit einem 3:2-Sieg nach Penaltyschiessen verblüfft.
«Aufgeben gibt es nicht»
Der «Klotener Anzeiger», der wie der «Stadt-Anzeiger» im Verlag Lokalinfo AG erscheint, unterhielt sich zur Länderspielpause mit Assistenztrainer Beni Winkler (47), der früher selbst für Kloten verteidigte. Seit Sommer ist er unter anderem für die Defensive der Flughafenstädter verantwortlich, nachdem er zuvor in gleicher Position beim derzeit ebenfalls formstarken Swiss-League-Verein HC Thurgau wirkte.
Winkler war als Aktiver dreimal Meister mit Davos. Er spielte von 1998 bis 2001 sowie von 2008 bis 2012 bei Kloten, ehe er seine Karriere 2015 beim HC Thurgau beendete. Im Laufe seiner Karriere spielte Winkler mit oder gegen aktuelle Klotener Abwehrspieler wie Captain Steve Kellenberger, Nicholas Steiner, Leandro Profico oder Rajan Sataric. Mit Steiner bildete Winkler gar eine Saison lang ein Back-Duo in Kloten. Rückkehrer Winkler unterschrieb nun auf diese Saison hin einen Vertrag als Assistenzcoach bis 2026 bei den Unterländern.
Wie haben Sie die ersten Monate in Ihrer Tätigkeit als Klotener Assistenztrainer erlebt?
Es gibt sicher viele Sachen, die in meiner Arbeit ähnlich sind wie bei Thurgau, auch wenn es dort eine Liga tiefer war. Das Ganze hier ist aber ein wenig kompakter und breiter aufgestellt. Der Coaching-Staff ist auch breiter aufgestellt, unter anderem auch inklusive Athletik-Trainer. Das ganze Drumherum ist sicher einiges professioneller. Und wenn man mehr Spieler zur Verfügung hat, fördert dies automatisch auch den Konkurrenzkampf.
Die Zuzüge von Kloten mit neuem Torhüter, drei neuen Ausländern sowie Routiniers wie Bernd Wolf, Reto Schäppi oder Nolan Diem veränderten das Gesicht des Teams im Vergleich zur Vorsaison und erhöhten schon auch die Substanz. Insbesondere mit den drei neuen Leistungsträgern in der Verteidigung (Bernd Wolf, Tom Grégoire und Sami Niku).
Es ist für mich neu, mit ausländischen Verteidigern zu arbeiten. Das hatte ich in Thurgau kaum, sieht man einmal von der Zeit mit T.J. Brennan ab. Dies auch, weil in der Swiss League nur zwei Ausländer spielberechtigt sind. Bei Thurgau war es schon auch so, dass ein Verteidiger eher auch primär verteidigte. Schon nicht gerade so, dass er nicht aus der Zone raus durfte. Aber doch war es extrem wichtig, dass die Defensive stabil war. Und dass man nicht mehr als zwei Gegentore kassierte, um das Spiel gewinnen zu können. In Kloten merkt man, dass die Verteidiger schon etwas bewegen können, wenn sie sich auch in die Offensive einschalten und vielleicht auch einmal hinter dem gegnerischen Tor stehen. Die gegenseitige Absicherung ist dann aber sofort vorhanden. Der Stürmer sichert für den Verteidiger. Das geschieht nahtlos. Da bemerkt man den Klassenunterschied. Das wird auf dieser Stufe von den Stürmern einfach besser gelesen.
Welche Inputs geben Sie ihren Abwehrspielern im Training und im Spiel?
Ich war selbst Spieler und weiss deshalb, wie viel man während einer Partie als Spieler aufnimmt oder was eben nicht mehr. Wenn einer einen Fehler macht, weiss er selbst, dass er einen Bock gemacht hat. Bei der Analyse von Videosequenzen halte ich es vielfach so, dass ich vom Spieler selbst die Antwort bei der Aufschlüsselung erhalten möchte. Damit er dann auch selbst erkennt, ich hätte ja schlauer dies statt jenes gemacht. Ich selbst kann einen Videoclip hundertmal anschauen und sehe immer wieder neue Aspekte. Aber der Spieler selbst hat auf dem Eis nur einen Bruchteil einer Sekunde, um einen Entscheid zu fällen. Ich dagegen verfüge im Video auch noch über die Vogelperspektive, da sieht man noch viel mehr Möglichkeiten. Auf der Eisfläche dagegen sind die Räume dann einfach enger. Ich kann mich eher noch in den Spieler hineinversetzen, weil ich doch noch nicht solange weg bin als Spieler, aber doch auch schon das neunte Jahr als Coach tätig bin und täglich vor dem Computer sitze und Videoclips anschaue.
Es wird teamintern bestätigt, dass Sie da sehr detailversessen analysieren.
Manchmal übertreibe ich und verliere mich auch drin. Manchmal seziere ich 1000 Clips, zeige am Schluss aber nur etwa 20. Aber: Du brauchst Material, um Sachen aufzeigen zu können.
Was hat sich aus Ihrer Optik bei Kloten und in der National League seit ihrer eigenen Spielerkarriere verändert?
Es ist sicher vieles professioneller geworden in Kloten. Sei dies nun durch die Schaffung neuer Arbeitsplätze wie in der Kommunikation oder im Bereich Spielerentwicklung innerhalb der Organisation. So arbeiten wir hier jeweils am Montagnachmittag mit U20-Spielern und teilweise gar mit U17-Spielern in einem gemeinsamen Training mit einigen jungen Spielern des Fanionteams. Aus dem National-League-Team sind dies Akteure wie Mischa Ramel, Rafael Meier, Dario Sidler oder Keanu Derungs. Sie kommen dann alle zusammen, um an spezifischen Dingen zu arbeiten.
Was bereitet Ihnen an Ihrer Arbeit am meisten Freude?
Wenn ich sehe, dass Spieler Sachen annehmen und sie sich weiterentwickeln. Ich bin einer, der mich gerne auch belehren lässt von den Spielern. Es ist nicht immer nur das richtig, was ich sage. Ich erhalte immer auch gute Inputs von den Spielern, die eine gute Lösung für diese oder jene Situation erkennen. Dann sage ich: Ja, völlig klar, das machen wir so. Gut, ich hatte in den letzten Jahren auch Spieler, die ich auf etwas aufmerksam machte und die dann sagten, sie wüssten es. Doch nach 100-mal etwas zu wissen, sollten sie es dann auch umsetzen. Aber ich verhielt mich ja als Spieler seinerzeit ähnlich. Die Spieler schauen die Clips jeweils auch anders an als wir Coaches, die jedes Detail im Clip beachten. Zu meiner Zeit gab es so ausführliche Videosequenzen noch nicht.
Den Austausch mit den Spielern bei der Analyse hatte schon Goalie-Trainer Tim Bertsche betont, mit dem Sie während Jahren im Thurgau zusammengearbeitet hatten.
Tim ist drei Jahre älter geworden, seit er von Thurgau gegangen ist. In der Zwischenzeit hat er eine Riesenentwicklung durchgemacht. Er wurde im Thurgau ins kalte Wasser geworfen, als er so jung als Goalietrainer einstieg. Er ist auch jetzt mit seinen 26 Jahren noch nicht alt. Aber er ist top und es ist eindrucksvoll, was er alles macht und kann. Tim ist auf einem guten Weg. Der Austausch mit ihm, aber auch mit dem zweiten Assistenztrainer Kimmo Rintanen (für die Stürmer und das Powerplay zuständig – die Red.), ist sehr gut. Mit Kimmo spielte ich in Kloten ja noch vier Jahre zusammen. Wenn wir nicht gut zusammenarbeiten würden, wäre es schwierig. Denn wir sind ja auch ein Team innerhalb des Teams. Es ist so gesehen cool, wie das hier alles funktioniert.
Das Team ist erfolgreich, aber in den Spezialsituationen ist Kloten noch verbesserungswürdig. Zu ihrem Verantwortungsbereich zählt das Penaltykilling.
Das ist richtig. Gut, ich muss sagen, wenn ein Gegner ein Tor schön herausspielt, dann applaudiere ich innerlich und sage Bravo. Wenn kein Fehler irgendwo entsteht, dann gibt es auch kein Tor. Klar bereiten wir uns auf einen Gegner vor und wissen ungefähr, welche Spielzüge und Plays kommen. Aber es kann auch sehr unglückliche Gegentore in Unterzahl geben, wo der Puck mehrfach unglücklich abgelenkt wird – auch von uns selbst wie unlängst in Bern beispielsweise, als der Puck mal vom Schlittschuh von Ojamäki und danach vom Stock von Wolf Richtungsänderungen nahm. Das war Pech. Doch wir arbeiten täglich daran, in den Special Teams besser zu werden. Wir setzen uns damit auseinander, sowohl mit dem Team als auch individuell. Gehen die Details durch. Man muss im Boxplay die Bereitschaft haben, die Scheiben zu blockieren. Oder im Powerplay zu den einfachen Dingen zurück, wie dem Puck die Chance geben, den Weg ins Tor zu finden.
Wie ist der Austausch mit Headcoach Lauri Marjamäki bezüglich der Special Teams?
Der ist permanent vorhanden. Die fünf Gegentore in Unterzahl beim Heimspiel gegen Genève-Servette belasten natürlich die Boxplay-Statistik. Wir selbst haben aber umgekehrt diese Saison auch schon fünf Spiele in Serie ohne Gegentor in Unterzahl verzeichnet. Es ist ein Prozess, der irgendwann fruchten wird. Es ist halt vieles neu, auch das Spielsystem. Und ein neuer Trainer und, und, und. Dafür, dass vieles neu ist, können wir schon mal zufrieden sein, wie wir gestartet sind.
Das vordergründige Saisonziel mit dem direkten Ligaerhalt (mindestens Rang 12) scheint nach heutigem Stand übertroffen werden zu können und eine Teilnahme an den Playoff-Qualifikationsspielen (Plätze 7 bis 10) wie vor zwei Jahren im Bereich des Möglichen.
Bei uns geht es dennoch schon auch über den Kampf. Ich bin mir nicht ganz so sicher, dass wir die Gegner spielerisch übertrumpfen können. Es muss vieles zusammenpassen. Wir müssen eine defensive Struktur haben und danach können wir auch immer etwas dazunehmen. Auch dank der Goalies sind wir dazu auf gutem Weg.
Wie verläuft für Sie als Assistenztrainer die Zusammenarbeit mit dem gleichaltrigen Headcoach Lauri Marjamäki?
Er ist detailversessen und fordernd. Und das ist auch gut. Er hat eine klare Linie drin.
Wie nahmen Sie das letzte begeisternde Heimspiel gegen Lugano vom letzten Samstag wahr?
Ehrlich gesagt hatte ich nach der ersten Pause noch das Gefühl, dass es das bislang schlechteste erste Drittel von uns in dieser Saison war. Aber auch von Luganos Seite her war es nicht gut. Es gab da auch nur wenige Torschüsse. Es ging nur ein bisschen hin und her, keiner tat dem andern weh. Im zweiten Drittel sah man dann, dass der Puck auch aus unmöglichen Winkeln ins Tor gehen kann, wenn man ihm die Chance dazu gibt.
Wie erklären Sie sich sonst noch das bislang so positive erste Saisondrittel von Kloten?
Es ist eine geniale Gruppe, die wir hier haben. Jeder geht für jeden. Es ist ein grosser Zusammenhalt in der Mannschaft. Es gibt keinen Fingerzeig bei Fehlern auf andere, wenn es einmal ein wenig schlecht läuft. Das Team ist eine gute Einheit.
Auffallend ist auch, dass selbst bei einem grösseren Rückstand nicht aufgegeben wird. Dies war in der letzten Saison nicht immer der Fall.
Ein Aufgeben gibt es nicht. Das kann man gegenüber den Fans, dem Verein oder den Sponsoren und Gönnern gegenüber einfach nicht. Man kann ein Spiel verlieren, aber du kannst nicht aufgeben. Das will niemand bei uns. Ich glaube, es ist einfach auch wichtig, dass es eine klare Struktur in der Spielweise gibt, an die man sich hält.
Noch ein Wort zu all den Verteidigern, die Sie coachen.
Sie halten sich an das System und zeigen die Bereitschaft, dieses umzusetzen. Und dann tun sie auch das, was es dazu braucht, sei dies nun Schüsse blockieren und, und, und. Es spielt keiner sein eigenes Spiel.
Welcher Spieler von Kloten hat in Ihren Augen in den letzten Wochen den grössten Leistungssprung vollzogen?
Für mich hat Rafael Meier die markanteste Entwicklung gemacht. Wir hatten ihn in der letzten Saison ja auch für einige Spiele bei Thurgau. Wie er sich entwickelt hat, finde ich gut.
Joël Marchon verletzt
Der von Kloten an Olten ausgeliehene Stürmer Joël Marchon (21) erlitt bereits in seinem ersten Swiss-League-Spiel mit Olten gegen Visp eine Handverletzung und wurde auf die Verletztenliste gesetzt.