Es gibt keine gemeinsame Steuerlösung

Karin Steiner

Im Verein IG Nest ZH sind 56 Zürcher Gemeinden zusammengeschlossen, die eine gemeinsame Betriebsorganisation inklusive Rechenzentrum für ihre Steuerverwaltungen planten. Da jedoch immer mehr Gemeinden ausgestiegen sind, ist zunächst einmal das Rechenzentrum vom Tisch.

«Nest» ist eine Standard-Software der Entwicklerfirma KMS für kantonale und kommunale Steuerverwaltungen. Nun ist im Kanton Zürich ein Update fällig, denn die aktuelle Version soll sukzessive durch «Nest 2020» abgelöst werden. Der Verein IG Nest ZH wollte für dieses Grossprojekt mit einer gemeinsamen Betriebsorganisation inklusive Rechenzentrum Synergien nutzen und Kosten sparen. Im Verein IG Nest ZH sind 56 Zürcher Gemeinden zusammengeschlossen, deren Steuerämter die Software Nest erneuern müssen. Bereits im November 2022 suchte der Verein einen Anbieter für den zentralen Betrieb eines Rechenzentrums für den zentralisierten Software-Betrieb vor. Im Oktober 2023 wurde die Ausschreibung für die Beschaffung jedoch abgebrochen, weil immer weniger Gemeinden der technischen Zentralisierung zustimmten. Im Interview begründet Michael Gutermann, Präsident der IG Nest ZH, die Entwicklung.

Wieviele und welche Gemeinden stimmen noch einer Zentralisierung zu?

Michael Gutermann: Das Thema Zentralisierung ist per se nicht beendet. Aktuell haben rund 50 Prozent der Gemeinden die weitere Bearbeitung zurückgestellt. Das Thema Zentralisierung ist für diese Gemeinden «on hold» bis zum Abschluss des Programmupdates. Die anderen 50 Prozent hätten der technischen Zentralisierung zugestimmt. Es ist zu beachten, dass zwei Begriffe zu unterscheiden sind: Bei der Zentralisierung gibt es eine Software und eine getrennte Datenbank in einem Rechenzentrum. Dadurch ist maximale Synergie möglich. Bei der technischen Zentralisierung gibt es instanzengetrennt 56mal Software und 56mal Datenbank in einem Rechenzentrum. Dadurch ist reduzierte Synergie möglich.

Was sind die Gründe für das Aussteigen zahlreicher Gemeinden? Die Kosten, Angst vor einer Panne oder vor Datenverlust?

Abgebrochen wurde nur die Ausschreibung für ein gemeinsames Rechenzentrum. Das ursprüngliche Projekt sah vor, dass für alle 56 Nest-Gemeinden eine Software und eine mandantengetrennte Datenbank an einem Ort installiert wird. Gemeinsame Aufgaben, zum Beispiel Rechnungsdruck, Steuererklärungsversand, Mahn- und Betreibungsläufe, Schulungen, Abrechnungen, Testing und so weiter hätten so leicht an einem Ort durchgeführt werden können. Bedauerlicherweise konnte diese Lösung nicht realisiert werden. Damit kann das Synergiepotential von etwa 1 bis 1,5 Millionen Franken pro Jahr nicht realisiert werden. Für die nächst mögliche Lösung, die technische Zentralisierung, konnten nicht mehr genügend Gemeinden gefunden werden. Die Zustimmung zu einer technischen Zentralisierung lag noch bei rund 50 Prozent der NEST-Gemeinden. Unter dieser Ausgangslage konnte die Rechenzentrum-Ausschreibung nicht aufrechterhalten werden. Die Ausschreibung umfasste 50 Gemeinden. Da die Ausschreibung und die Zustimmungsquote zu weit auseinander lagen, musste konsequenterweise die Ausschreibung für ein gemeinsames Rechenzentrum abgebrochen werden. Angst vor anderen Gründen wie Panne, Datenverlust oder Kosten lagen nicht vor. Es lag alleine an der fehlenden Zustimmung.

Was bedeutet der Abbruch für die Gemeinden? Mehrkosten, Verzögerungen, mehr Arbeit?

Da die erste Lösung nicht umgesetzt werden kann, entfallen die erwarteten Einsparungen. Dadurch, dass die technische Zentralisierung nicht realisiert werden kann, werden sich für diverse Gemeinden Mehrkosten und Mehraufwendungen ergeben. Dies einerseits, weil individualisierte IT-Dienstleistungen vorgenommen werden müssen. Oder, weil Vorarbeiten nicht mehr in der Gruppe, sondern durch jede Gemeinde einzeln erfolgen müssen. Und es wird keine Bündelung von Angebot und Nachfrage erfolgen. Anbieter von Leistungen können Einzelverträge zu individuellen Tarifen aushandeln. Es ist somit mit Mehrkosten zu rechnen. Verzögerungen sind nicht auszuschliessen, sollten zu viele Einzelinteressen sich negativ auf den Terminplan auswirken. Mehrarbeit ist möglich, mehr Handarbeit ist nicht zu erwarten, da sich an den heutigen Arbeitsprozessen grundsätzlich nichts ändert.

Bekommen die Steuerzahlenden etwas davon zu spüren?

Insofern ja, als dass Synergien nicht realisiert werden können. Die Skaleneffekte hätten kaum zu direkten Kosteneinsparungen geführt. Aber eine optimierte Arbeitsweise hilft den Gemeinden, ihre Kernaufgaben effizienter und schneller zu bewältigen. Insofern hätte eine Zentralisierung zu einer ersten Vereinheitlichung im Kanton Zürich geführt und hätte wahrscheinlich auch dazu, dass gewisse Aufgaben rascher bearbeitet werden können, was zu kürzeren Wartezeiten geführt hätte.

Was bewog die Gemeinden ursprünglich dazu, die Daten zu zentralisieren?

Die IG Nest hat sich von einer zentralen Datenhaltung diverse Vorteile versprochen. Synergien und Skaleneffekte bei Arbeiten, die alle Gemeinden zu erledigen haben. Eine Professionalisierung bei Ausbildung und Testing neuer Funktionen. Eine Standardisierung der Arbeitsweise und eine Bündelung der Nachfrage, was in der Regel mit besseren Preisen für Lizenzen oder Dienstleistungen verbunden ist. Der Betrieb der Steuerapplikation an einem Ort hätte zu einer einheitlichen – besseren – Datensicherheit geführt.

Wie geht es jetzt weiter mit der IG Nest ZH? Wird nach weiteren Lösungen gesucht oder ist künftig jede Gemeinde selber für ein Update der Software verantwortlich? Und welche Mehrkosten bringt das?

Die IG Nest ZH ist ein Verein, dessen Auflösung zurzeit nicht geplant ist. Der Verein IG Nest ZH setzt sich für die Weiterentwicklung vom Programm Nest Steuern ein. Diese Aufgabe bleibt bestehen, solange Nest Steuern im Kanton Zürich im Einsatz steht. Auch wird der Verein weiterhin das Update begleiten und einheitliche Lösungen für die Nest Gemeinden suchen. Zusammen mit dem Programmlieferanten werden diese Lösungen umgesetzt. Ebenfalls wird der Verein gemeinsame Themen für alle Gemeinden begleiten. Individuelle Fragen, welche jede Gemeinde separat betreffen, werden die Gemeinden selbst lösen müssen. Dieser Entwicklungsprozess wird bei gemeinsamen Themen in enger Zusammenarbeit mit der Stadt Zürich durchgeführt. Dies, da die beiden Gruppen Nest-Gemeinden und Steueramt der Stadt Zürich die gleiche Software verwenden. Da keine Form der Zentralisierung durchgeführt wird, werden die Gemeinden mit hoher Wahrscheinlichkeit einen Mehraufwand im Bereich Planung und Einführung zu bewältigen haben. Sie werden für weitere Detailfragen wie zum Beispiel Datenschutz selber verantwortlich sein. Und es ist nicht ausgeschlossen, dass zusätzliche Kosten auf die Gemeinden zukommen.

Opfikon war für Zentralisierung

Die Stadt Opfikon ist Mitglied der IG Nest ZH hätte hätte ein gemeinsames Rechenzentrum und eine gemeinsame Betriebsorganisation begrüsst. «Die Umstellung von SQL auf Oracle ist aus unserer Sicht nicht nachvollziehbar», sagt Stadtschreiber Willi Bleiker. «Jede Gemeinde muss nun den komplexen Betrieb einer Oracle-Umgebung intern sicherstellen oder einen Partner für den RZ-Betrieb suchen. Die Stadt Opfikon sucht nach einem externen Partner.»

Gwunderbrunnen

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