«Ein Hockeyspieler sollte aussehen wie ein Holzfäller»

Richard Stoffel

Die Mehrheit der Kaderangehörigen des EHC Kloten befindet sich bereits mitten im athletischen Aufbau für die kommende Saison. Der «Klotener Anzeiger» beobachtete die Cracks im Krafttraining und sprach mit Athletiktrainer Felix Stutz.

Athletikcoach Felix Stutz (32) beschreibt im nachfolgenden Interview die Hintergründe und die Ziele der schweisstreibenden Aufbauarbeit, die über ein herkömmliches Kraft- und Konditionstraining hinausgeht. In den ebenso fleissig praktizierten Spielsportarten geht es nicht nur verbissen zu und her. Aber eine Grund­kompetitivität ist durch das ewige teaminterne Duell Jung gegen Alt dennoch immer vorhanden.   

 

Wie sieht aktuell das Vorbereitungstraining aus? Welche Akzente werden gelegt?

Im Kraftbereich wird je zweimal wöchentlich an Unter- und Oberkörper gearbeitet. Zudem gibt es Spielformen. Normalerweise spielen sie Fussball, Unihockey oder auch Badminton. Dies für die multifunk­tionale Schnelligkeit. Im Krafttraining gibt es ein Aufwärmen, dann folgt die Einheit selbst inklusive ausgiebiger Pausen zwischen den Maximalauslastungen. Alle Spieler arbeiten dabei mit einer Trainingsapp, in der sie auch ihre individuellen Fortschritte verfolgen können. Deshalb haben sie ein Handy im Training dabei. Da können sie ihre Gewichte eintragen. Ein grosses Thema ist auch noch ein Präventionstraining des Nackenbereichs wegen Hirnerschütterungen.

Der Kraft- und Athletiksaisonaufbau vor dem ersten Eistraining dauert wie lange?

Es sind insgesamt 13 Wochen. Der erste Block war 4 Wochen. Danach folgte eine Woche individuelles Training für jeden. Nun läuft der zweite Block, bei dem bereits etwas mehr Wert auf Explosivität gelegt wird. Im ersten Block ging es nur um Kraft- und Muskelzuwachs. Der Fokus lag da voll auf Kraft. Nun liegen rund 70 Prozent auf Kraft und rund 30 Prozent auf Explosivität. Der letzte Block wird dann noch mehr Explosivität sein.

Wie kamen die Spieler aus den Ferien ­zurück?

Es gibt immer Spieler, die anschliessend ­etwas mehr machen müssen. Es gibt aber auch die älteren Spieler, die vielleicht mal eine längere Pause benötigen. Es kommt natürlich auch darauf an, wie viele Spiele und wie viel Eiszeit ein Spieler in der letzten Saison besass. Der Fokus liegt in der Pause auch darin, dass man kleine Verletzungen mitzieht, damit man wieder voll leistungsorientiert die Vorbereitung angehen kann.

Die Imports trainieren individuell und sind aktuell noch nicht beim Team. Und Neuzugang Bernd Wolf wird wegen seiner WM-Teilnahme mit Österreich einen anderen Aufbau erhalten?

Später zu uns stossende Spieler haben generell noch mehr ein auf sie angepasstes Programm. Es wird analysiert, was sie in diesem Moment brauchen. Wenn einer wie Wolf von der WM kommt, muss sehr behutsam darauf geachtet werden, wie er sich fühlt und welche Blessuren er allenfalls mitbringt. Er hat viel länger gespielt als die andern, die von Beginn an die Vorbereitung hier mitmachen.

Das heisst?

Bei Wolf fragt sich, wie es ihm nach den ­vielen intensiven Shifts körperlich geht. Denn er hat viel mehr gespielt. Wie geht es seiner Hüfte, den Schultern? Gibt es etwas, was angesprochen werden muss? Oder können wir nach zwei bis drei Wochen ­Ferien schon wieder voll einsteigen? Oder braucht es zuerst noch quasi eine Körperhygiene, um sicherzustellen, dass er nicht noch irgendetwas mitschleifen könnte? Ein WM-Teilnehmer kann noch 5 bis 8 Wochen des jetzigen Aufbaus mittun, diejenigen, die das ganze Sommertraining mitmachen können, 12 bis 14 Wochen. Bei Wolf wird wichtig sein, dass wir dennoch einen guten Kraftaufbau machen können, um für das Eistraining in der Endphase der Vorbereitung topfit zu sein.

 

«Steve Kellenberger ist mit seinen 37 Jahren in gewissen Übungen immer noch ganz vorne dabei oder gar der Beste.»

Felix Stutz, Athletikcoach

 

Aktuell ist noch kein Headcoach bestimmt. Mit wem halten Sie inwiefern Rücksprache?

Die Wochenplanung, welches Training an welchem Tag im Sommertraining durchgeführt wird, bestimme ich, selbst wenn der Headcoach jetzt schon da wäre. Aber natürlich gibt es dann immer auch Absprachen mit Assistenztrainer Benjamin Winkler oder Goalie-Trainer Tim Bertsche, je näher das Eistraining rückt. Ebenso spreche ich mich laufend mit der Physiotherapeutin Olivia Mainella ab. Aber der Lead im Sommertraining ist bei mir.

Inwiefern ist der neue Sportchef Ricardo Schödler mit Ihnen schon in Verbindung getreten?

Er hat schon früh nach seiner Verpflichtung erste Abklärungen gemacht und sich über die einzelnen Spieler auch bei mir ­informiert.

Apropos Messen des Trainingsfortschrittes: Welche Vergleiche ziehen Sie aus Ihren Daten bei den einzelnen Spielern beziehungsweise welche Rückschlüsse lassen diese zu?

Wir haben immer Tests, die wir vor und nach dem Sommertraining machen. Dazu kommen häufige Tests nach ein oder zwei Wochen, um zu sehen, wo die Spieler stehen. Wichtig sind Kraft, Oberkörper, Unterkörper, dann Geschwindigkeit mit und ohne Richtungswechsel. Dies wird alles ­getestet. Vorab bei jungen Spielern, deren Entwicklung man über Jahre bei uns sieht, ist das Ziel die kontinuierliche Steigerung.

Und bei älteren Spielern?

Da geht es um den Krafterhalt und darum, dass wir da vielleicht noch ein oder zwei Prozent zulegen können. Dies je nachdem, in welcher Phase seiner Karriere der Spieler steht. Ein Spieler wie Steve Kellenberger ist mit seinen 37 Jahren in gewissen Übungen immer noch ganz vorne dabei oder gar der Beste. Das ist sicher ein Ansporn für die ­jungen Spieler.

Und wie wird nach dem Sommertraining verfahren? Welche Akzente folgen dann weiter auch während der Saison?

Nach dem Sommertraining ist wichtig, wo wir dann den Fokus im Off-Ice-Training setzen wollen. Ist es mehr Richtung Kraft oder mehr Richtung Ausdauer oder mehr Richtung Geschwindigkeit? Bis dann wissen aber auch alle Spieler, wo sie stehen und woran sie noch arbeiten müssen.

Abgesehen von der Kraft und der Athletik vervollständigen welche Ergänzungssportarten Klotens Sommertraining?

Unihockey, Fussball und Badminton. Über den ganzen Sommer gibt es einen Wettbewerb, bei dem sich die beiden Teams Alt gegen Jung miteinander messen. Dies auch eins gegen eins oder zwei gegen zwei im Badminton. Alle wollen gewinnen, wenn wir solche Spiele machen. Das ist für mich immer ein sehr gutes Zeichen für ein Team.

Welche Spieler haben in den letzten zwölf Monaten die für Sie eindrucksvollsten Fortschritte erzielt?

Ich arbeite beispielsweise schon im vierten aufeinanderfolgenden Jahr mit Mischa Ramel zusammen, der von Jahr zu Jahr eindrucksvolle Leistungssprünge macht. Er trainiert in jeder Krafteinheit mit Axel ­Simic zusammen. Axel ist ebenfalls einer, der jedes Jahr noch eine Schippe drauflegt. Das sind für mich schon zwei Spieler, die herausragen.

Für die Rumpfkraft trainiert ein Eishockeyspieler welche Muskeln?

Rumpfkraft bedeutet nicht einfach Bauchmuskeltraining und nicht nur vorne, ­sondern auch seitlich und hinten, also inklusive des unteren Rückens und des Hinterteils. Zuerst gibt es immer ein aus­giebiges Warm-up, damit die Spieler perfekt aufgewärmt sind für den Hauptteil. Danach machen sie beispielsweise dreimal das ­Programm A in der App und je dreimal das Programm B. Manchmal denken die Leute, dass die Spieler zu viel rumstünden. Aber das sind gezielt ausgiebige Pausen, die sind das A und O und notwendig, wenn wir im Krafttraining voll am Arbeiten sind. Die sind einfach erforderlich, wenn ich beispielsweise unilateral arbeite und dann rechts und links je fünf Wiederholungen mit Ma­ximalkraft absolviere. Nach so einer Serie braucht es dann eine ausgiebige Pause.

Gewisse Übungen mit den Hanteln wirken wie Bodybuilding-Training. Weshalb?

Eishockey ist eine krasse Ganzkörpersportart. Und wir trainieren sowohl Unter- als auch Oberkörper. Das heisst, man muss all die Checks und Battles vor den Toren und in den Ecken aushalten können. Es geht ­darum, den Gegner auch wegschieben zu können. Dazu ist Stabilität erforderlich.

Robustheit für die Zweikampfstärke steht also im Vordergrund?

Genau. Wir wollen nicht, dass ein Eishockeyspieler einen geringen Fettanteil aufweist, sonst ist er viel verletzungsanfälliger. Ein Hockeyspieler sollte aussehen wie ein Holzfäller. Das heisst, dass nicht jeder Muskel bei ihm abgebildet sein soll, sondern dass er kompakt wirken sollte. Spieler, die diesen robusten Körperbau weniger ­haben, tendieren eher zu Verletzungen. Das sieht man in der Liga immer wieder.

Üblicherweise folgt nach dem Off-Ice-Saisonaufbau noch eine Pause, ehe die un­mittelbare Saisonvorbereitung beginnt  ...

So ist es. Anfang der Schulsommerferien ist dies bei uns der Fall, das sind dann zwei Wochen. Danach startet die Saisonvorbereitung. Im Kraft- und Athletikbereich wird die zweite Auswertung der Tests erfolgt sein. Das bedeutet, dass wir dann noch individueller mit den Spielern arbeiten und auf sie eingehen können. Im Sommer ist es eher noch so, dass alle mehrheitlich das gleiche Training machen. Da erfolgen dann auch die Absprache und der Austausch mit dem Headcoach. Ist der Fokus auf dem Eis auf Speed, Ausdauer oder Taktik? Dahin­gehend werden die Belastungen auch angepasst. Aber für mich ist es natürlich top, wenn sich der neue Headcoach gut mit mir abspricht. 

Wissen Sie, wann oder bis wann der Headcoach in etwa bestimmt ist?

Dies ist nicht mein Kompetenzbereich. Es ist kein Bereich, den ich mitzuentscheiden habe. Deshalb rede ich da auch nicht mit. Aber ich bin genauso gespannt wie die anderen im Verein.

Die Rapperswil-Jona Lakers posteten unlängst auch etwas zu ihrem Saisonaufbau. Und darin wurde auch von Spielerseite her die hochmoderne Trainingsathletikmessung mit lückenloser Leistungsanalytik von quasi jedem Muskel gefeiert.

Gut, ein Spruch ist mir dazu aus dem Studium geblieben: Wer viel misst, misst auch viel Mist. Für mich ist es wichtig: Wo und wie kann ich am meisten herauslesen? Und ich will nicht Tests machen, damit ich Tests gemacht habe. Ich will solche machen, die für mich etwas aussagen. Dann können wir uns auch auf diese Sachen fokussieren. Gut, in der NHL können sie schon noch viel spezifischer auf jeden einzelnen Spieler eingehen, da für meine Position dort fünf Spezialisten beschäftigt sind. Aber natürlich sind wir auch modern. Wir arbeiten viel mit Lichtschranken für Sprintmessungen oder Kraftmessplatten, um beispielsweise die Sprunghöhe zu messen. Dies wird auch während der Saison getan. Da gibt es dann auch wöchentliche Messungen. Wenn ein Spieler in zwei oder drei aufeinanderfolgende Wochen physisch einen Abwärtstrend verzeichnet, wird dies genauer analysiert: Ist es zu viel Training oder zu viel Eiszeit oder sind es andere Faktoren oder eine Verletzung, weshalb die Regeneration nicht mehr ausreicht?

 

Axel Simic, bester Schweizer Skorer von Kloten 2023:

«Ich spüre die Fortschritte seit dem Trainingsbeginn schon, vor allem auch im Reaktions- und Bewegungsbereich. Ich liebe denn auch Fussball und Unihockey, das wir spielen. Und ich habe das Gefühl, dass wir da immer besser werden, das Niveau steigt ständig an. Dass die letzte Saison von uns nicht gut war, wissen wir. Wir wollen nächste Saison nun unser wahres Niveau zeigen. Wir brauchen eine Reaktion. Die neue Saison muss besser werden, von allen. Dafür sind wir sehr motiviert und arbeiten intensiv. Natürlich sind noch einige offene Fragen wie die Besetzung der weiteren Ausländerposten und vor allem des Headcoachpostens. Aber es kommt schon gut. Dass wir den Headcoach noch nicht kennen, spielt aber jetzt noch keine Rolle. Im Sommertraining ist er ohnehin kaum dabei.»

 

Keijo Weibel, Neuzugang von den SCL Tigers:

«Ich trainiere seit dem 1. Mai mit dem Team, davor hatte ich noch individuell trainiert. Im Vergleich zu Langnau wird hier die Grundausdauer noch mehr in spielerischer Form geholt. Im Kraftbereich gibt es keine grossen Unterschiede. Das Warm-up ist einfach sehr ausgiebig. Aber ich fühle mich sehr wohl hier. Es macht Spass mit den Jungs. Ich freue mich auf die Saison. Ich spüre, dass das Team ambitioniert ist und nach der letzten Saison eine Reaktion zeigen und etwas beweisen will. Das spürt man schon. Und ich bin überzeugt, dass wir dies erreichen werden, wenn wir so entschlossen weiterarbeiten, wie ich es bislang wahrgenommen habe.»

 

Dario Sidler, kam während der Saison von Lausanne:

«Das Sommertraining läuft wirklich gut. Wir haben untereinander schon jetzt eine gute Verbindung. Und deshalb macht es Spass. Die Imports sind noch nicht da, sie trainieren zumeist noch in ihrer Heimat. Bei uns trainieren dafür nachstossende Junge vom Nachwuchs mit. Da entsteht eine dynamische Energie. Die älteren Spieler werden gepusht. Gleichzeitig zeigen die älteren Spieler den Jungen wie man die Ausführung richtig macht. Die Ergänzungssportarten wie Unihockey, Fussball und Badminton sind megawichtig. Denn als Hockeyspieler musst du alles können, unter anderem Geschicklichkeit oder kombinierten Augen- und Hand-Speed. Und mit diesen Sportarten lässt sich dies optimal indirekt trainieren. Sie geben unserem Hirn Impulse, die wertvoll für das Hockey sind.»

Informationen: www.ehc-kloten.ch

Gwunderbrunnen

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