Ein Heimspiel für Andrea Brändli

Richard Stoffel

Von 28. bis 30. August wird die Swiss Arena in Kloten einmal mehr zum Treffpunkt der europäischen Eishockey-Elite – diesmal wieder bei den Frauen. Mit dabei ist auch die Klotenerin Andrea Brändli, die sich auf das schönste Heimspiel des Jahres freut.

Wie schon im Vorjahr eröffnet das Vierländerturnier der Women’s Euro Hockey Tour die neue Saison – und für die Schweizerinnen ist es weit mehr als nur ein Test. Gegen Finnland, Schweden und Tschechien geht es darum, Form, Spielsystem und Selbstvertrauen zu schärfen – mit Blick auf den Olympia-Höhepunkt im ­Februar 2026 in Italien.

Für Nationaltorhüterin Andrea Brändli besitzt das Turnier einen besonderen Charakter. Die 28-Jährige stammt aus der Nachwuchsbewegung des EHC Kloten, spielte später für Winterthur, Thurgau und Schaffhausen, bevor sie 2018 den Sprung nach Nordamerika wagte. Mittlerweile ist sie seit 2023 in der schwedischen Liga engagiert – und wechselte auf die neue Saison hin von MoDo zu Frölunda. «Ich habe mich für Frölunda entschieden, weil ich hier ein professionelles Umfeld vorfinde und nochmals einen Schritt vorwärtsmachen kann», erklärt sie.

Torhüterin des Jahres in Schweden

«Nach zwei Jahren am gleichen Ort wollte ich eine neue Challenge – auch mit Blick auf Olympia.» Milano/Cortina 2026 wäre für Brändli die dritte Olympia-Teilnahme nach 2018 und 2022, wobei sie 2018 hinter der gesetzten Nummer 1, Florence Schelling, ohne Einsatzzeit blieb.

Das schon fast traditionelle Vorsaison-Länderturnier in Kloten bezeichnet Brändli als «Heimkommen»: «Es ist schon besonders, wenn die Nächsten im Publikum sind.» Es wird ein Wiedersehen mit ihren Eltern geben, ein kleines Familientreffen. Und ihr Bruder Patrick, inzwischen Sportchef beim HC Thurgau, «ist sicher auch dabei». Der knapp zwei Jahre ältere Patrick hatte als Bub einst bei Kloten mit dem Eishockeyspielen begonnen, Andrea eiferte ihm schliesslich alsbald nach.

 

«Es wäre schon grossartig, wenn wir eine ähnliche Euphorie entfesseln könnten wie die Fussball-Nationalspielerinnen.»

Andrea Brändli, Goalie Eishockey-Nationalteam

 

In der schwedischen Liga wurde Andrea Brändli zuletzt zur Torhüterin des Jahres gewählt, mit eindrucksvollen Fangquoten: 94,2 Prozent in der Qualifikation und 93,6 in den Playoffs. Dennoch blickt sie kritisch zurück, denn ihre WM-Werte waren nicht so gut wie im Jahr davor (87,3 Prozent Abwehrquote gegenüber 92,0).Der rund einmonatige Unterbruch ohne Ernstkampf nach dem frühen Playoff-Ausscheiden mit MoDo und dem WM-Beginn brachte Brändli etwas aus dem Tritt: «Es ist nicht einfach, auf diesem Level konstant zu bleiben – vor allem nach einer ­intensiven Saison.» Die ersten Tage nach Saisonende forderten ihren Tribut. Sie sei so ausgelaugt gewesen, dass sie einige Tage krank im Bett lag. Danach sei es nicht einfach gewesen, wieder in die Gänge zu kommen. «Ich habe mit meinem Goalie-Coach in Frölunda nun viel von der WM aufgearbeitet und gemerkt, dass ich mental an gewissen Dingen anders hätte herangehen können. Man lernt auch nie aus.»

«Eine ganz wichtige Spielerin»

Für Nationaltrainer Colin Muller ist Brändli eine «ganz wichtige Spielerin im Team». Ihm gefällt ihr unaufgeregter Stil und die grosse Fläche, welche die 1,69 Meter grosse Brändli abzudecken vermag. Muller selbst war vor einem Jahrzehnt auch mal als Assistenztrainer von Kloten tätig. In gleicher Funktion unter Headcoach Sean Simpson gewann er mit den ZSC Lions die Champions Hockey League und den Victoria Cup (2009) und mit dem Schweizer Nationalteam die erste WM-Silbermedaille der «Neuzeit» (2013).

Seit 2020 betreut der mittlerweile 61-jährige Schweiz-Kanadier das Nationalteam. Unter Muller scheiterten die Schweizerinnen an den Weltmeisterschaften 2021, 2022 und 2023 jeweils knapp im Spiel um Bronze. An der letzten WM in Tschechien reichte es zu Rang fünf. «Wir wollen mehr offensive Möglichkeiten kreieren und mehr Tore schiessen als zuletzt», betont der frühere Stürmer.

Besonders Tschechien, das die Schweiz an der letzten WM im Viertelfinal bezwang, habe grosse Fortschritte gemacht  – 28 Tschechinnen seien mittlerweile im Ausland engagiert, was das Spieltempo und die Physis steigere, betont Muller. Für die Schweiz gilt es, Schritt zu halten.

Muller sieht Bodychecks als Chance

Die Einführung des erlaubten Bodychecks im Schweizer Ligabetrieb sieht Muller als Chance, denn über drei Viertel der Schweizer Nationalspielerinnen spielen in der heimischen Liga: «Das Spiel wird intensiver und härter, jede, die um die Scheibe kämpft, muss den Körper einsetzen. Vor allem auch im Bereich der Banden. Das bringt uns näher an das internationale Topniveau.»

Das Turnier wird zu einem echten ersten Härtetest. Finnland sei immer ein hartnäckiger Gegner, so Muller. Gegen Schweden sieht er die Schweiz auf Augenhöhe; bei der WM im Frühjahr hatten die Eisgenossinnen das Duell um Platz fünf gewonnen, obschon Muller die Schweden sehr hoch einschätzt. Und dann ist da eben noch Tschechien, das sich technisch wie physisch stark entwickelt hat. Das Frauen-Eishockey ist seit 1998 olympisch, wobei Kanada und die USA so gut wie unangetastet dominieren.

Euphorie auslösen

Nicht nur sportlich, auch medial will derweil das Schweizer Team zulegen. Muller verweist auf die Euphorie der hiesigen Frauenfussball-EM vom Vormonat und betont dabei, dass in Tschechien auch die Frauen-Eishockey-WM vor Ort eine beachtliche Resonanz verzeichnet hätte: «Das waren fast 6000 Zuschauer pro Spiel. Auch wir wollen mehr Begeisterung wecken und junge Mädchen fürs Eishockey gewinnen.»

Brändli pflichtet bei: «Es wäre schon grossartig, wenn wir eine ähnliche Euphorie entfesseln könnten.» Sie kenne ­einige Fussball-Nationalspielerinnen aus Zusammenzügen in Magglingen, beispielsweise Nadine Riesen. 2014 hatten die Eisgenossinnen mit Brändlis Fördererin und guter Freundin Schelling im Tor mit dem Gewinn von Olympia-Bronze für das bisherige Highlight im Schweizer Fraueneishockey gesorgt. Das Echo in der Öffentlichkeit fiel seinerzeit markant aus. Daneben gab es Bronze an der WM 2012 in Burlington 2012.

Wenn Ende August der erste Puck in Kloten fällt, geht es für die Schweizerinnen also um mehr als Punkte und Klassierungen. Es ist der Startschuss auf dem langen Weg zu Olympia – und für Andrea Brändli das wohl schönste Heimspiel des Jahres.

Der Eintritt in die Swiss Arena in ­Kloten ist gratis. Den Spielplan findet man hier

 

So wird gespielt

Donnerstag, 28. August

15.30 Uhr:        Tschechien – Finnland

19.00 Uhr:       Schweiz – Schweden

Freitag, 29. August

15.30 Uhr:        Finnland – Schweden

19.00 Uhr:       Schweiz – Tschechien

Samstag, 30. August

13.00 Uhr:        Tschechien – Schweden

17.00 Uhr:        Schweiz – Finnland

Gwunderbrunnen

19.12.2025 - 14:00
28.11.2025 - 14:00
31.10.2025 - 14:00
29.09.2025 - 14:00
26.09.2025 - 14:00
25.09.2025 - 09:00
22.09.2025 - 14:00
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