«Ehrenvoll und aufregend»
100 Jahre Spengler Cup in Davos gab es auch mit Klotener Beteiligung. Eine fünfköpfige «Delegation» aus den Reihen der Flughafenstädter stand beim Traditionsturnier in der Altjahreswoche mit dem Team Canada im Einsatz.
Es war die zahlenmässig stärkste Beteiligung der Flughafenstädter seit den eigenen Teilnahmen des Klubs von 1990 (5. und Turnierletzter im alten Modus) sowie 2011 (Halbfinal-Out).
Im Coaching-Staff erweiterten Klotens Headcoach und Sportchef Larry Mitchell sowie Ex-Trainer Jeff Tomlinson ihren Horizont, derweil Jonathan Ang und Sturm-Kollege Tyler Morley sowie Verteidiger Nathan Beaulieu ihren Beitrag zum Halbfinal-Vorstoss der Ahornblätter leisteten.
Die Klotener Delegation vermochte hie und da Akzente zu setzen, allen voran Jonathan Ang. Im Viertelfinal gegen KalPa wurde Ang gar zum besten Spieler seines Teams gewählt. Ang erzielte in Überzahl in der 4. Minute das 1:0. Einen Genieblitz von Ang sah man beispielsweise auch einmal bei einem Backhand-Abschluss aus der Drehung in Unterzahl. Angs Eltern konnten stolz auf ihren Sprössling sein. Als sie im mit 6:3 gewonnenen Viertelfinal der Kanadier auf dem Videowürfel eingeblendet wurden, war Ang sichtlich gerührt. «Ihr Kommen wurde vom kanadischen Verband ermöglicht», erzählte Ang gegenüber dem «Klotener Anzeiger».
Famoser Top-Speed von Ang
Angs Rolle war nicht viel anders als in Kloten. «Ich versuchte einfach, meinen Speed einzusetzen.» Dies tat der herausragende Läufer auch. Mit einem gemessenen Top-Speed von 38,6 Stundenkilometern im Halbfinal gegen Pardubice wurde Ang in Sachen Geschwindigkeit von keinem anderen Spieler der Partie auch nur annähernd erreicht. Lediglich vereinzelte andere Turnierteilnehmer überschritten überhaupt die Marke von 37 Stundenkilometern. «Ich kannte die meisten Mitspieler nur als Gegner von der Liga her», betonte Ang. Dennoch war er froh, einige bekannte Gesichter aus Kloten anzutreffen. Im Jahr davor hatte das Team Canada mit drei Niederlagen in drei Spielen eine historische Schmach erlitten. Ang wirkte damals in zwei Spielen der Kanadier mit und blieb ohne Skorerpunkt. Er war nun nur noch einer von drei Spielern, der im zweiten aufeinanderfolgenden Jahr für das Team Canada in Davos auflief.
Nach der Enttäuschung von Ende 2022 war es heuer für die stolzen Kanadier unerlässlich, «mehr Tore zu schiessen und sich im Abschluss besser durchzusetzen», sagte Hnat Domenichelli zum «Klotener Anzeiger». Domenichelli wirkte als Assistent von Team Canadas General Manager, der früheren Spieler-Legende Joe Thornton.
Resilienter im Abstiegskampf?
Mit den Siegen gegen den mehrfachen Champions-Hockey-League-Gewinner Frölunda (4:0) und dem finnischen Vertreter KalPa (6:3) gelang die Wiedergutmachung der Nordamerikaner halbwegs. Gegen Davos in der Vorrunde sowie gegen Pardubice im Halbfinal brach man nach 3:1-Führungen im Schlussdrittel dagegen jeweils ein und verlor mit 3:4. Einen versteinerten Blick ins Leere war nach dem Out auch bei Ang festzustellen.
Dennoch hinterliess vorab Ang eine starke Visitenkarte. Domenichelli, der einst selbst Topstürmer in der National League war und heute Sportchef von Lugano ist, geht davon aus, dass der schnelle Flügel des EHC Kloten mit seinen aktuell erst 25 Jahren noch eine lange Karriere vor sich hat. Ob Lugano, das im Vorjahr mit Arttu Ruotsalainen bereits einen anderen Klotener Skorer den Zürcher Unterländern abwarb, auch Ang holen könnte, wollte Domenichelli nicht kommentieren. Auch Biel war schon vor längerer Zeit als Angs nächster Arbeitgeber herumgeboten worden.
Domenichelli lobte stattdessen die Qualitäten des noch längere Zeit an Kloten gebundenen Tyler Morley für dessen «Vielseitigkeit und Spielverständnis in diversen Situationen», darunter auch in Überzahl. «Und Beaulieu sieht man in der Verteidigung die NHL-Erfahrung an. Er spielt in der Liga und auch am Spengler Cup zumeist gegen die Top-Linien des Gegners.» Morley (1 Assist) und Beaulieu (ohne Skorerpunkt) bezahlten bei ihren Spengler-Cup-Premieren mit Minus-Bilanzen (5 bzw. 4) etwas Lehrgeld. Die Spengler-Cup-Teilnahme mit dem Team Canada sei eine «sehr aufregende Zeit und gleichzeitig grosse Ehre für dieses Quintett» gewesen, urteilte Domenichelli. Die in Davos erforderlich gewesene Tempohärte und Intensität könnte Klotens Spieler-Trio für den Kampf um den Klassenerhalt widerstandsfähiger oder einfach besser gemacht haben. Ebenso kann die Erfahrung aus den Bündner Bergen einem Coach Inputs und zusätzliche Motivation geben, die in den Liga-Alltag übergreift.
Randnotizen: Schäppi kommt, Henauer geht
Kloten vermeldete noch kurz vor Weihnachten für die kommende Saison das Engagement des früheren Schweizer Nationalstürmers Reto Schäppi von den ZSC Lions. Der 32-jährige Center unterschrieb für zwei Jahre bis 2026. Derweil steht fest, dass Verteidiger Mika Henauer, der von Bern noch bis Ende Januar an Kloten ausgeliehen ist, auf die nächste Saison hin zu den Rapperswil-Jona Lakers wechselt.
Klotens Interimstrainer und Sportchef Larry Mitchell hatte in kurzer Zeit mithelfen müssen, Spielsystem, Überzahl-Teams etc. zusammenzustellen. Doch er betonte wiederholt: «Letztlich spielen wir Eishockey. Und tun dies mit dieser Einstellung. Jeder akzeptiert seine Rolle, weil er stolz ist, das Ahornblatt repräsentieren zu können.»
Für Mitchell war die Tätigkeit eine Premiere für das Team Canada am Spengler Cup. Deshalb wollte er sich diese Möglichkeit nicht entgehen lassen. Zusammen mit Tomlinson galt es vorab auch, Inputs für das Verhalten in Spezialsituationen zu geben. Daheim in Kloten leitete derweil die frühere Spieler-Legende Kimmo Rintanen, einer der beiden Assistenten von Klotens Interimstrainer Mitchell, das Training des EHC. Der Finne war 2019 noch selbst als Assistenztrainer und Powerplay-Verantwortlicher von TPS Turku letztmals am Spengler Cup gewesen.
Dass Klotens «Berater» und Ex-Trainer Jeff Tomlinson trotz seinen gesundheitlichen Problemen als einer von vier Coaching-Verantwortlichen hinter der Bande des Teams Canada stand, relativierte schon im Vorfeld: «Es ist wirklich eine sehr kleine Rolle in einer sehr kurzen Zeit von nicht einmal einer Woche. Ich muss hier vieles nicht tun, was normalerweise zum Job gehört.» Wie die anderen Team-Mitglieder auch, durfte Tomlinson seine Ehefrau und die zwei Töchter nach Davos mitnehmen. Für Tomlinson war es die zweite Spengler-Cup-Teilnahme, nachdem er im Jahre 2006 als Assistent der Eisbären Berlin bereits einmal in Davos engagiert gewesen war. Bei den Kanadiern war er zudem einmal für einen Deutschland Cup als Headcoach eingesprungen (2014).
Das Powerplay von Team Canada, für das Jeff Tomlinson und Larry Mitchell verantwortlich zeichneten, steigerte sich trotz dem Halbfinal-Out auf jeden Fall mit Fortdauer des Turniers. Die erforderliche Eingewöhnungszeit war angesichts der aus zahlreichen Schweizer Teams und teilweise zuletzt in Übersee engagiert gewesenen Spielern auch nicht erstaunlich gewesen.
Reaktion gegen Biel gefordert
Mit einem 1:7 bei Fribourg-Gottéron missriet dem EHC Kloten der Start ins Jahr 2024 gründlich. Es war die höchste Saisonniederlage und gleichzeitig vierte Pleite in Folge für den Liga-Vorletzten.
Marcus Sörensen, Christoph Bertschy und Jacob De la Rose trafen für die drittklassierten Gastgeber jeweils doppelt. Nicholas Steiner erzielte den Ehrentreffer der Gäste, als er aus Klotener Sicht auf 1:3 verkürzte. Beim gleichen Spielstand gab es bei Kloten nach Ende des Startdrittels einen Goaliewechsel: Juha Metsola ersetzte Sandro Zurkirchen. Dies änderte aber nichts am Spielverlauf. Gottéron blieb tonangebend. Kloten wirkte träge, leistete sich Disziplinlosigkeiten und nahm zu viele Strafen. Ein Aufbäumen war nicht ersichtlich.
Eine Reaktion ist nun für das Heimspiel vom Freitag gegen den Tabellenelften Biel gefordert nach nur einem Sieg aus den letzten sieben Spielen. Gegen den Playoff-Finalisten der letzten Saison hatte Kloten im letzten Duell vor ebenfalls eigenem Publikum am 17. November nach einer 2:1-Führung noch in extremis mit 2:3 nach Verlängerung verloren. Zwei Shorthander des Bieler Captains Gaëtan Haas innerhalb von rund fünf Minuten sorgten für Klotens «sudden death». Gleichzeitig leitete dies auch die Trennung von Klotens damaligem Trainer Gerry Fleming ein, der ein Spiel später nach einem 2:5 in Langnau entlassen wurde.
Brunner letztmals in Kloten?
Bei Biel könnte der Schweizer Top-Stürmer Damien Brunner letztmals in seiner Karriere in Kloten auflaufen, falls der bald 38-Jährige seine Laufbahn per Saisonende beendet. Der frühere Klotener Elite-Junior hatte 2006 bei den Zürcher Unterländern in der höchsten Liga debütiert. Aber erst später beim EV Zug traute man Brunner eine grössere Rolle zu. Prompt entwickelte er sich zum Liga-Topskorer (24 Tore, 60 Punkte in der Qualifikation 2011/2012, dazu 3 Tore und total 14 Punkte in den Playoffs). Wenig später imponierte Brunner auf dem Zenit seiner Karriere gar noch in der National Hockey League, wo er für die Detroit Red Wings und die New Jersey Devils respektable Skorer-Werte erzielte. Richard Stoffel