EHC Kloten ist nun in der Bringschuld
Kloten hat den Ligaerhalt geschafft. Dennoch wird es wohl kaum keinen Angehörigen oder Anhänger des EHC Kloten geben, den diese leistungslose Art des Ligaerhalts glücklich macht. Positiv hervorgestochen ist nur einer: Mischa Ramel, sagt Richard Stoffel im nachfolgenden Kommentar.
«Im Verlierer-Modus zum Ligaerhalt?» So lautete der Titel über dem Leitartikel zum EHC Kloten Mitte Januar, in dem der «Klotener Anzeiger» ein mögliches Szenario zum Saisonende skizzierte. Es ist nun genau so gekommen. Nicht einmal ein Playout musste der EHC Kloten spielen, um die Klasse zu erhalten, weil Olten und Visp bereits in den Playoff-Halbfinals der Swiss League scheiterten. Diese beiden Klubs hatten ein Aufstiegsbegehren eingereicht und im Gegensatz etwa zum Swiss-League-Qualifikationssieger La Chaux-de-Fonds auch die Spielberechtigung für den Fall der Fälle erhalten.
Einfach unsäglich, dass auf der höchsten Stufe gleich zwei Wettbewerbe (Playouts, Ligaqualifikation) entfallen, obschon diese im Saisonkalender stehen und die National League offiziell keine geschlossene Liga ist. Auf eine verkappte Art ist sie dies halt doch – vergleichbar wie zu Corona-Zeiten, als etappenweise die Expansion der National League von 12 auf 14 Klubs erfolgte.
Beschönigung fehl am Platz
Kloten schaffte nun also den Ligaerhalt ohne eigenes Zutun. Es gibt wohl keinen Angehörigen oder Anhänger des EHC Kloten, den diese leistungslose Art des Ligaerhalts glücklich macht. Für Kloten heisst dies nun: Man steht kommende Saison in einer Bringschuld – in erster Linie sich selbst gegenüber. Danach aber auch den Fans, den Gönnern, Sponsoren – einfach gegenüber der gesamten EHC-Familie.
Denn die Spielzeit 2023/2024 war für den EHC Kloten mehrheitlich von Pleiten, Pech und Pannen geprägt – anders kann die zweite Saison nach dem Wiederaufstieg nicht bezeichnet werden. Eine Beschönigung ist fehl am Platz. Zumal man mit durchschnittlich 600 Besuchern weniger pro Heimspiel den massivsten Zuschauerrückgang aller National-League-Klubs im Vergleich zur Vorsaison verzeichnete.
Klotens erfolgreicher und populärer Ex-Trainer, der heutige Team-Berater Jeff Tomlinson, hatte zum Ende seiner Coaching-Tätigkeit im Vorjahr betont, dass sportliche Nachhaltigkeit bei Kloten angestrebt werde. Dies ist aber (noch?) Wunschdenken geblieben. Der «Tages-Anzeiger» ortete anhand der Eindrücke der letzten Saisonwochen gar «Zerfallserscheinungen».
«Es kann davon ausgegangen werden, dass weitere richtungsweisende Änderungen im Bereich der sportlichen Zuständigkeiten beschlossen werden.»
Bedenkliche Harmlosigkeit im Abschluss, das schlechteste Torverhältnis der Liga und deutlich zu unproduktive Ausländer, dazu das höchste Strafentotal – dieser toxische Mix führte zu wiederholten Niederlagen-Serien und auch acht Saisonspielen ohne eigenen Torerfolg.
Die missratene Saison erfolgte denn auch durch ein Team, das vor Saisonbeginn nominell eher stärker als jenes der Vorsaison eingestuft worden war. Man überschätzte sich selbst, stufte sich als zu gut für einen der beiden letzten Plätze ein, weil man ja «so rasch als möglich nichts mit dem Kampf gegen den Abstieg zu tun haben wollte», wie man als Saisonziel ausgegeben hatte. Und den ersten Trainerwechsel auch deshalb schon früh vollzog.
Nur in drei von vier Derbys erreichte man aber eine positive Leistungskonstanz auf einem Level, an die das Team nie nachhaltig anknüpfen konnte. Auf zwei hoffnungsvolle Erfolgsphasen folgten unkorrigierbare Einbrüche. Und dabei verzeichnete Kloten im Vergleich zur Konkurrenz kein überdurchschnittliches Verletzungspech. Doch einige Leistungsträger bauten im Vergleich der letzten Saison markant ab, vorab bei den Imports (Miro Aaltonen, Jonathan Ang und Goalie Juha Metsola). Oder der vorausgelobte, hochdekorierte Neuzugang Niko Ojamäki kam nie auf Touren.
Ein torgefährlicher Verteidiger kommt
Eine umfassende Saison-Analyse ist bei Kloten im Gang. Die Trennung von Sportchef Larry Mitchell ist bereits erfolgt. Es kann davon ausgegangen werden, dass weitere richtungsweisende Änderungen im Bereich der sportlichen Zuständigkeiten beschlossen werden. Es gibt aber auch abseits der Sortierung Hoffnung für die nächste Saison. Und die besteht nicht nur darin, dass ein Olympiasieger und Weltmeister wie Ojamäki nach nur 5 Toren aus 50 Saisonspielen doch noch sein wahres Potenzial entfaltet. Auch vom einen oder anderen Neuzugang dürfen wertvolle Impulse erwartet werden.
Mit Bernd Wolf kommt ein produktiver Verteidiger aus Lugano. Der 27-jährige Österreicher mit Schweizer Lizenz brillierte in der Regular Season als sechsfacher Torschütze. Zum Vergleich: Das sind gleich viele Verteidiger-Tore von ihm alleine als alle Klotener Abwehrspieler zusammengerechnet über die gesamte Regular Season verbuchten. Und einzig Routinier Nicholas Steiner erzielte mehr als ein Verteidiger-Tor für Kloten (3).
Reto Schäppi (33), der 1,94 Meter grosse Ex-Nationalstürmer und Boxplay-Spezialist von den ZSC Lions, dürfte im Herbst seiner Karriere bei Kloten auch noch Akzente setzen. Er will auch unerfahrenere Mitspieler führen und bestenfalls gar besser machen. Und zu den grossen Hoffnungsträgern der nächsten Saison wird auch Mischa Ramel zählen, der einen starken Saisonstart hinlegte, später aber verletzungsbedingt über die Hälfte der Qualifikation verpasste. Der wirblige junge Stürmer besitzt das Potenzial, mit seinen Rushs das Team mitzureissen, entscheidende Lücken zu produzieren und die Gegner zu düpieren. Ramel beendete die Saison als einziger Kloten mit einer Plus-Bilanz (3) bei 25 Saisonspielen.
Trotz den Abgängen von vier Leistungsträgern, Jonathan Ang (?), Dominik Diem (Rücktritt), Marc Marchon (Bern) und David Reinbacher (Montreal beziehungsweise ab sofort AHL-Farmteam), könnte sich also eine Dynamik zum Positiven durch neue und/oder hungrige Kräfte entwickeln. Und noch sind ja nicht alle Transfers abgeschlossen, allen voran bei den für Kloten bedeutsamen Imports.
Eine solch flächendeckende Baisse in diesem Bereich wie in dieser Saison muss unter allen Umständen vermieden werden. Von den Ausländern haben noch Morley, Aaltonen und Ojamäki weiterlaufende Verträge bei Kloten. Drei neue Imports werden also noch verpflichtet. Die Tendenz geht da wohl in alle drei Richtungen: Torhüter, Verteidiger und Stürmer.
Gegenüber dem «Tages-Anzeiger» sagte Geschäftsführer Anjo Urner noch einen Satz, der als Leitmotiv für Klotens Team-Auftritte der nächsten Saison gelten sollte: «Jeder muss sein Herz auf dem Eis lassen.»