Deutliches Bekenntnis zum Flughafen
Im Glattal wurde die Vorlage über die Pistenverlängerungen unterstützt. Die Stadtpräsidenten von Kloten und Opfikon sind froh darüber. Keinen freudigen Sonntag hatte dagegen SP-Nationalrätin Priska Seiler Graf, die in Kloten wohnt. Sie wurde von der Deutlichkeit des Resultats überrascht.
Mehr Fluglärm, mehr Emissionen. Das befürchteten die Gegnerinnen und Gegner der Pistenverlängerungen. Sie sprachen im Abstimmungskampf stets von einem Kapazitätsausbau, der mit den Pistenverlängerungen möglich werde. Die Gemeinde Rümlang rief die Stimmbevölkerung sogar kurz vor dem Wochenende noch an die Urne und empfahl, weil massiv betroffen, ein Nein.
Doch die Argumente der Gegnerinnen und Gegner verfingen bei den Stimmberechtigten nicht. 61,71 Prozent sprachen sich für die Pistenverlängerungen aus. Der Regierungsrat zeigte sich erfreut über den Entscheid. Euphorisch äusserte sich auch der Verein Pro Flughafen: «Das klare Ja des Zürcher Volkes zur Pistenverlängerung ist ein deutliches Bekenntnis zum Flughafen Zürich als Tor zur Welt.» Kritisch reagierte dafür das Komitee «Nein zum Pistenausbau»: «Nach diesem Urnengang wird es anders weitergehen als bisher. Der Flughafen Zürich muss nun sein Versprechen einlösen, dass es zu keiner Kapazitätssteigerung kommt», schreibt das Komitee in einer Mitteilung.
Huber: eine Erleichterung
Erfreut zeigt sich Klotens Stadtpräsident René Huber. «Das Resultat ist für mich eine Erleichterung und freut mich sehr», sagt er auf Anfrage. Er habe immer mit einem deutlichen Ja gerechnet. «Meine Erwartungen, insbesondere auf die Stadt Kloten bezogen, wurden aber deutlich übertroffen», so der SVP-Politiker weiter. Thematisch sei es nicht um ein paar Meter neue Pisten gegangen. Die Frage hiess viel mehr: Steht die Bevölkerung hinter einem leistungsfähigen Flughafen, zum Wohle der Region und der Schweiz? Huber: «Das Resultat spricht klare Worte und ist für die Stadt Kloten mehr als erfreulich. Eine rekordverdächtige Stimmbeteiligung gibt dem Ergebnis eine noch viel grössere Bedeutung.»
Allerdings: Die SVP der Stadt Kloten hatte die Nein-Parole beschlossen, was vielerorts für heftiges Augenreiben sorgte. Huber hingegen spricht von einem unglücklichen «Betriebsunfall», der eher zufällig zustande gekommen sei: «Die Reaktionen, welche ich in der Folge erhalten habe, bestätigen, dass sich die Mehrheit der Parteimitglieder grundsätzlich zu einem leistungsfähigen Flughafen bekennt, von diesem aber auch eine gewisse Rücksicht verlangt.» Auf das Unbehagen in der Bevölkerung angesprochen, entgegnet Huber, man sei weit davon entfernt. «Es gab in letzter Zeit kaum solche klare Resultate bei kantonalen Abstimmungen.»
Auch Opfikon sagt deutlich Ja
Der Opfiker Stadtpräsident Roman Schmid (SVP) ist von der deutlichen Zustimmung in Opfikon überrascht – und erfreut über die Stimmbeteiligung, die mit 43,62 Prozent für Opfiker Verhältnisse sehr hoch war. «Es konnten sich alle äussern, auch die Fluglärmgegner.» Die Zustimmung in der Stadt, welche dank vieler Firmen stark vom Flughafen profitiert, lag mit 67,5 Prozent noch deutlich über dem kantonsweiten Ja-Anteil von 61,7 Prozen. Das mag einerseits daher rühren, dass man hier dem Flughafen eher wohlgesonnen ist, aber auch, dass vor allem die Pistenverlängerung nach Westen dem Süden nützen könnte: Gemäss technischen Schätzungen werde Opfikon wohl statt 5000 nur noch halb so viele abendliche Landungen erdulden müssen, wenn die grossen Maschinen auch bei Nässe auf der verlängerten Westpiste landen könnten, sagt Roman Schmid. Er sei mehrmals jährlich im Austausch mit dem Flughafen, aber auch mit der Swiss, die mit den neuen A350 lautere Maschinen wie A340 oder A330 ersetzen werde, wovon Opfikon in der Abflugschneise noch einmal profitieren könnte. Auf die Einhaltung der Nachtruhe ab 23 Uhr will Schmid aber pochen.
Kritik am Engagement des SBFZ
Mit dem deutlichen Ja aber wird in Opfikon das Engagement der Fluglärmorganisationen einmal mehr zum Thema, insbesondere der SBFZ. Der Schutzverband der Bevölkerung um den Flughafen Zürich, der vor allem Gemeinden im Norden, im Osten und im Westen des Airports vertritt, hat sich für ein Nein eingesetzt. Wallisellen war schon 2005 ausgetreten, weil es den Lärm eher konzentrieren als verteilen will. Im Opfiker Stadtparlament forderte FDP-Präsident Björn Blaser am Montagabend ebenfalls den Austritt Opfikons aus dem SBFZ und kündigte einen entsprechenden Vorstoss seiner Partei an. «Ein bekanntes bürgerliches Anliegen», so Stadtpräsident Roman Schmid nach der Sitzung. Er findet aber die Mitarbeit im SBFZ sinnvoll (Stadtratskollege Jörg Mäder, GLP, sitzt in dessen Vorstand). Allerdings habe dies auch Grenzen. Opfikon zahle aufgrund seiner Einwohnerzahl einen tiefen fünfstelligen Mitgliederbeitrag. «Da kann man sich schon fragen, wie sinnvoll dieser ist, wenn damit die Anliegen von Gemeinden im Tösstal unterstützt werden.»
Eine scharfe Kritikerin der Pistenverlängerungen ist SP-Nationalrätin Priska Seiler Graf, die auch Co-Präsidentin der Koalition Luftverkehr Umwelt und Gesundheit (Klug) ist. Auch sie wurde von der Deutlichkeit des Resultats «ehrlich gesagt» überrascht, wie sie noch am Abstimmungstag erklärt hat. Und weiter: «Selbstverständlich bin ich enttäuscht.» Aber warum haben die Nordgemeinden des Flughafens einheitlich gegen die Pistenverlängerungen gestimmt, während im Osten, wo ebenfalls mehr Fluglärm zu erwarten ist, ein uneinheitliches Bild herrscht? Seiler Graf hat hierfür auch keine klare Erklärung. Sie meint: «Der Norden war schon immer sehr stark von Fluglärm betroffen, die Sensibilität fürs Thema und auch die Skepsis gegenüber den Flughafenverantwortlichen scheint darum grösser zu sein als im Osten.»
«Flughafen ist in der Pflicht»
Ein starkes Argument der Befürworter war im Abstimmungskampf der Slogan , es gebe mehr Nachtruhe. Für Priska Seiler Graf ist «nach diesem grossen Vertrauenskredit der Zürcher Bevölkerung», wie sie sagt, der Flughafen «aber geradezu in der Pflicht, alles zu unternehmen, dass die vollmundigen Versprechungen auch eingehalten werden». Stellt sich die Frage, wie man den Flughafen in die Pflicht nehmen wolle. Seiler Graf: «Zurzeit läuft eine Unterschriftensammlung zur Nachtruhe-Initiative. Ich gehe davon aus, dass sich die Zürcher Bevölkerung bald wieder über ein Flughafenthema äussern kann. Bis dann kann der Flughafen den Tatbeweis antreten, dass er es ernst meint mit der besseren Einhaltung der Nachtruhe.»
Der Flughafen kann sein Gesuch um Verlängerung der Pisten 28 (vorne) und 32 einreichen. Rechts befindet sich Kloten, unten Opfikon. Bild Flughafen Zürich AG