Bligg serviert musikalisches Festessen: Frische Klänge, aber vertraute Töne

Jared Thomas

Mit «Tavolata» bringt Musiker Bligg seine Hits aufgefrischt auf die Bühne. Im Interview mit dem «Klotener Anzeiger» spricht er über  die Inspiration für das neue Album, seine Rolle in der Schweizer Musikszene und seine Auftritte in Kloten.

DreamStar-Studio in Horgen. Es ist kurz vor halb zwei Uhr. Das Büro ist gemütlich eingerichtet, die Wände geschmückt mit Schallplatten und Erinnerungsstücken aus Bliggs langer Karriere. Eine Tür öffnet sich und der Schweizer Musiker tritt froh gelaunt aus dem angrenzenden Raum – es ist das Studio. Er begrüsst herzlich und lädt ein, ihm zu folgen. Der Raum ist modern ausgestattet, nicht überladen, mit Bildschirmen, Lampen und Aufnahmegeräten, die in der Mitte ein Mikrofon umrahmen. Er setzt sich schliesslich an ­einen grossen Tisch, ähnlich wie bei einer echten Tavolata. Bligg lehnt sich zurück, lächelt und beginnt zu erzählen, was er den Fans bei seinem neuen Album servieren will, was ihn zu diesem Projekt inspiriert hat, wie er zu dem Schweizer Hip-Hop steht und deutet auch Zukunftspläne an. Bligg ist einer der erfolgreichsten ­Musiker der Schweiz und seit über 25 Jahren im Geschäft. Mit «Tavolata» präsentiert er altbekannte Hits von einer neuen Seite.

Ein Gemeinschaftserlebnis

Auf die Frage, was hinter dem Konzept von Tavolata steckt und ob er seine ehemaligen Gerichte mit Beilagen geschmückt und verbessert hat oder ob es ein neues, besseres Gericht geworden ist, erklärte Bligg: «Ich habe schon als Kind erlebt, wie Menschen unterschiedlicher Nationalitäten bei Festen zusammenkamen und Essen, Trinken und Musik teilten. Genau dieses Gefühl wollte ich auf mein Album übertragen.» Tavolata stehe sinnbildlich für einen grossen Tisch, an den jeder etwas mitbringe. In diesem Fall seien es musikalische Zutaten wie Geige, Gitarre und Akkordeon, die die Songs auf ganz neue Weise erstrahlen lassen würden. Entstanden ist die Idee letzten Sommer im Urlaub, als er spontan mit einem Trio musizierte, weil ihn Fans erkannten und auf die Bühne baten. Sein Sohn filmte den Moment und als er das Video später sah, dachte er: Warum nicht dieses intime Gefühl auf die grosse Bühne bringen?

Bligg war fasziniert von der Authentizität und Spontaneität des musikalischen Zusammenspiels, das ohne aufwendige Produktion, LED-Bildschirme oder eine grosse Show auskam. Diese Atmosphäre wollte er auf sein Album übertragen und so begann er, das Projekt zu planen. «Ich habe mir eine Band zusammengestellt. Gemeinsam mit ‹Helen Maier & The Folks› haben wir die Songs in einem neuen Stil interpretiert. So brachte sie ihre Zutaten an den Tisch.»

Alte Hits in neuem Gewand

Das Album besteht aus elf bekannten Songs, darunter Klassiker wie «Rosalie» und «Manhattan». Aber was macht diese neuen Versionen besonders? «Die Tavolata-Versionen geben den Liedern einen völlig neuen Vibe», so Bligg. «Es geht nicht darum, die Songs zu verändern, sondern sie zu bereichern.» Die Kombination aus Folkmusik und Bliggs bekanntem Stil sorgt für ein beeindruckendes Musik­erlebnis. «Ich wollte, dass die Leute, die die Songs vielleicht schon zigmal gehört haben, trotzdem einen Grund haben, zu meinen Konzerten zu kommen, um die Stücke in einer neuen, frischen Version zu erleben.»

Bligg hat «Tavolata» in drei Kapitel unterteilt, wobei das Album nur der Anfang ist. Das Highlight wird eine Reihe von Live-Auftritten im «Salto»-Zelt in Kloten sein, wo er die Tavolata den hungrigen Zuschauern servieren wird. «Das Album allein würde nicht existieren, wenn es nicht auch die Liveshow gäbe. Die Lieder entfalten sich erst richtig in dieser besonderen Atmosphäre.» Die Auftritte im November werden das Publikum in eine mediterrane Tavolata-Atmosphäre entführen, bei der Musik und Gemeinschaft im Vordergrund stehen.

Mit Tavolata hat Bligg ein Album geschaffen, das nicht nur seine langjährigen Fans anspricht, sondern auch neue Hörer in den Bann ziehen dürfte. Die Mischung aus bekannten Hits und neuem Folk-Einfluss verleiht den Songs eine frische, lebendige Note. Bligg bleibt seiner Linie aber treu. Er zelebriert seine Wurzeln und Einflüsse weiterhin, schlägt aber  gleichzeitig eine neue musikalische Richtung ein. Die Live­auftritte in Kloten sind das Versprechen, dieses Gemeinschaftsgefühl auf die Bühne zu bringen. Die Fans dürfen gespannt sein.

Interessant ist auch Bliggs persönliche Verbindung zur Region: «Ich habe sechs Jahre im Zürcher Unterland gelebt, in Bassersdorf. Meine Familie kommt aus der Gegend und obwohl ich jetzt am See wohne, fühle ich mich der Region emotional stark verbunden.» Dass seine Shows im «Salto» in Kloten stattfinden, sei allerdings eher ein Zufall gewesen, gibt er zu.

Bligg unterstützt Nachwuchs

Bligg reflektiert im Interview auf Nachfrage über seine Zeile aus dem Track «B.L.I. doppel G», das damals auf Kritik stiess. Er erklärt, dass der Song im Bragging- and Boasting-Stil geschrieben wurde, gezielt übertrieben und überheblich-arrogant, inspiriert von der Battle-Rap-Tradition. Die Aussage, dass es in den letzten 15 Jahren keine neuen «Bliggs» mehr gegeben habe, bezieht sich auf die damalige Zeit (2019). Damals habe die Schweizer Hip-Hop-Szene seiner Meinung nach stagniert, und er bedauerte, dass es an Unterstützung innerhalb der Szene gemangelt habe. Die Szene habe sich lieber gegenseitig zerstört anstatt aufgebaut. Heute jedoch zeigt sich Bligg erfreut über die aufstrebenden Künstler wie «L Loko», «EAZ» und weitere, die den Durchbruch geschafft haben.

Er hebt hervor, dass er die neue Generation an Rappern unterstützt und ihnen als Mentor zur Seite stehe, wo immer es möglich sei. Er sieht seine Rolle heute eher in der Unterstützung der jungen Talente, als mit ihnen zu konkurrieren. So hat er auch den Musiker Aaron Asteria unter Vertrag genommen. Ein junger Sänger und Songwriter «mit einer brutalen Stimme», dem Bligg helfen will, seine Karriere aufzubauen. Er kann sich auch gut vorstellen, in Zukunft mehrere Komponisten zu unterstützen. «Ich habe 25 Jahre lang Vollgas gegeben», meint Bligg auf die Frage, was in Zukunft von ihm noch kommen werde. «Vielleicht mache ich auch ein Jahr lang gar nichts und gönne mir die Auszeit einfach», sagt er lachend.

Bligg äussert sich kritisch zur Musikbranche, die sich stark verändert habe. Vor allem die Digitalisierung habe den Wert von Musik und physikalischen Produkten wie Schallplatten vermindert. Auch der Support durch Radio und Medien sei ausbaufähig. Trotzdem zeigt er sich optimistisch über die Entwicklung des Schweizer Hip-Hop und freut sich, dass er immer noch einen positiven Einfluss auf die Szene ausüben kann.

5 Fragen

«Hauptsache, gechillt»

Nachfolgend fünf Kurzfragen zum  Künstlernamen Bligg. Allerdings: Die Beantwortung bereitete ihm etwas Mühe. «Ich mag Fragen mit Entweder-oder-Fragen, bei denen man sich auf eine Sache festlegen muss, nicht besonders», so Bligg. Dennoch: Hier seine Antworten:

1 Bester Rapper aller Zeiten?

Boahh, diese Lieblingsfragen und «GOAT»-Fragen sind so schwer. Jede Zeit hat ihre eigenen Helden. Hätten Sie mir diese Frage gestellt, als ich 24, 25 Jahre alt war, wäre es Eminem gewesen. Muss ich jetzt einen Namen nennen (lacht)?  Na gut, ich sag mal «Redman».

2 Lieblingsessen?

Spaghetti aglio e olio.

3 In welches Land würdest du auswandern?

Es müsste irgendwo im Süden sein, irgendwo mit Sonne und Meer. Natürlich müsste ich das mit meiner Familie besprechen, aber – überlegt kurz – vielleicht Italien.

4 Was ist Ihnen lieber: Gamen oder Sport?

Ganz klar Sport. Als Ausgleich zur Musik, die den Kopf manchmal belasten kann, brauche ich etwas Körperliches – das hält mich auch fit für die Bühne. Meine Familie ist allerdings total begeistert von Games, ab und zu werde ich da hineingezogen. Deshalb habe ich ein relativ grosses Know-how, auch wenn es mich selbst nicht so interessiert.

5 Grillabend bei Bligg – wie sieht das aus?

Es sind viele Leute da, ich versuche am Grill zu stehen, es wird geplaudert und gefeiert. Mein Sohn würde sagen: «Hauptsache, gechillt.» Jared Thomas

Ticket-Verlosung

«Stadt-Anzeiger» und «Klotener Anzeiger» verlosen 5× 2 Tickets für die Tavolata-Vorstellung vom Freitag, 15. November, 20 Uhr. Dazu bis spätestens Dienstag, 5. November, ein E-Mail mit Betreff «Tavolata» und vollständiger Postadresse an redaktion(at)kloteneranzeiger.ch senden.

Keine Korrespondenz über die Verlosung. Rechtsweg ausgeschlossen. Die Gewinner der Verlosung werden dem Ausschreiber bekannt gegeben.

 

So kam es zum Hit-Song «Manhattan»

Bligg ist auch oft unterwegs. Das Ergebnis ist unter anderen der Hit-Song «Manhattan», der nach seinem längeren Aufenthalt in New York entstanden ist.  Stellt sich die Frage, wie sehr New York den Song geprägt hat

Bligg: «Ich war 1998 in New York, habe dort ein Sprachstudium gemacht und wollte vor allem die Hip-Hop-Kultur kennenlernen. Es war die goldene Ära des Hip-Hop: West und East Coast. Ich fand das East-Coast-Zeug mega, war auf Konzerten von Fat Joe, Big Punisher oder Notorious B.I.G. – wir haben das aufgesaugt. Wir fragten uns: Wie arbeiten sie auf der Strasse, mit ihren Labels, wie machen sie Promotionen? Wir kamen zurück in die Schweiz und sagten: Das machen wir (lacht).»

«Der damalige Hip-Hop war in der Schweiz noch nirgends – weder in den Charts noch sonst wo. Wir waren somit eigentlich die Ersten. 2010 bin ich dann noch mal für drei Monate nach Manhattan gereist. Nach ‹Rosalie› und dem ‹0816›-Album wurde es mir hier zu viel, zu stressig. Ich wurde oft auf der Strasse angesprochen. Ich wollte mich auf mein neues Album konzentrieren, also bin ich mit Fred, meinem Produzenten, nach Manhattan gereist, und wir haben uns dort für drei Monate im Studio eingesperrt. In dieser Zeit entstand dann auch der Song ‹Manhattan›.»

Gwunderbrunnen

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