Aviatik bietet jungen Leuten fast grenzenlose Möglichkeiten

Tommy Richner ist auf dem Weg zum Flugzeugpiloten. Doch die Kosten dafür sind hoch: rund 140 000 Franken.

Ambra Siggillino macht auf dem Flughafen eine Ausbildung, weil sie neue Menschen und Kulturen kennen lernen will.

Nina Schuppisser hat mega Freude an der Aviatik und unter 300 Bewerbern einen Ausbildungsplatz im kaufmännischen Bereich bekommen. Bilder Thomas Güntert

Urs Mülller, Präsident Berufsbildungsforum Zürcher Unterland-Flughafen Bild zvg.

 

Auch auf dem Flughafen verschärft sich der Fachkräftemangel. Mit der Veranstaltung «Ready for take off – aviatische Berufswege mit Zukunft» versucht das Berufsbildungsforum Zürcher Unterland-Flughafen, Jugendliche für eine Berufslehre auf dem Flughafen zu begeistern. 

Thomas Güntert

«In der Flughafenregion haben wir auch einen Schuss Kerosin im Blut», sagte Urs Müller, Präsident des Berufsbildungsforums Zürcher Unterland-Flughafen, als er in der letzten Woche rund 30 Personen im Besucherraum der Zuschauerterrasse des Flughafens Zürich zur Impulsveranstaltung begrüssen konnte. Die Referenten vermittelten Informationen über verschiedene Berufswege in der Aviatik und versuchten, junge Menschen für diese Berufe zu begeistern.

«Die Luft- und Raumfahrtindustrie, insbesondere die Aviatik, steht vor einer schwierigen Situation», sagte Theo Staub, Präsident der Swiss ASD, einem Zusammenschluss von international tätigen Firmen, welche die Interessen der Schweizer Luft- und Raumfahrt sowie der Sicherheits- und Verteidigungstechnik vertritt. «In nahezu allen Bereichen fehlen Fachkräfte. Das betrifft nicht nur hoch qualifizierte Ingenieure, sondern auch technische Berufe wie Fluggerätemechaniker, Elektroniker und IT-Spezialisten», so Staub, der anfügt, dass der rasante, technische Fortschritt mit Digitalisierung, Automatisierung und nachhaltiger Luftfahrt ein gut ausgebildetes Personal erfordere. Die Zahlen der Ausbildungsabschlüsse in technischen Berufen seien aber rückläufig, während der Bedarf an gut ausgebildeten Fachkräften stark ansteige. «Der Handwerker und Mechaniker ist der neue Bänker», sagt Andreas Schürer, Geschäftsführer der Kommunika­tionsberatungs-Firma Riveda.com. «Hoffentlich wird der Mechaniker dann auch so entlöhnt wie ein Bänker», erwiderte Staub und betonte, dass die finanzielle Seite eigentlich das Grundproblem sei, wenn man junge Leute in diesem Bereichen ausbilden wolle.

Es gibt viele attraktive Berufe

Peter Trottmann, Head People & Culture der Flughafen Zürich AG, erklärte, dass auf dem Flughafen rund 1700 Mitarbeitende für die Einhaltung der Sicherheitsrichtlinien, Vermarktung der Immobilien und den Unterhalt der Flughafengebäude zuständig seien. Es gebe 13 verschiedene Grundbildungen, von der Gärtnerin über den Automatiker bis zu den ICT- oder KV-Lernenden. «Wir bilden permanent rund 60 Lernende sowie 20 Praktikanten und Trainees aus», erläutert Trottmann und bemerkt, dass aktuell der Bewerbungsprozess mit den Ausschreibungen für die Lehrstellen im nächsten Jahr läuft.

«In der Flughafenregion haben wir auch einen Schuss Kerosin im Blut.»

Urs Mülller, Präsident Berufsbildungsforum Zürcher Unterland-Flughafen

Im kaufmännischen Bereich sei die Nachfrage sehr hoch, obwohl auf dem Flughafen noch viele andere attraktive Berufe ausgebildet würden. «Durch die weiteren Entwicklungsmöglichkeiten, die es in der Schweiz wegen des dualen Bildungs­systems gebe, werden die technischen Berufe noch attraktiver», so Trottmann. Der Personalleiter betont, dass es jeden brauche, damit ein Flugzeug fliegen könne und auf dem Flughafen jederzeit alles rund laufe. Allein zehn Prozent der Angestellten seien als Reinigungspersonal beschäftigt.

Von der Aviatik begeistert

Nina Schuppisser, Lena Schuler und Ambra Siggillino erzählen anschliessend von ihren KV-Ausbildungen. Schuppisser hat in verschiedenen Berufen geschnuppert. Weil sie von der Aviatik begeistert ist, auch bei der Flughafen Zürich AG, wo sie aktuell ihre Ausbildung zur Kauffrau absolviert. «Wenn man will, dann lernt man mega viel Neues am Flughafen kennen – wenn man nicht will, dann eben nicht.» Lena Schuler wollte ursprünglich keine KV-Lehre machen. Mittlerweile findet sie es aber sehr spannend, weil sie bei verschiedenen Firmen wie der SR Technics, der  Edelweiss, der Swissport und der  Fluggesellschaft Swiss eingesetzt wird und vielfältige Erfahrungen sammeln kann.

«Ich reise mega gerne», sagt Ambra Siggillino. Deshalb war für sie klar, dass sie eine Lehre machen will, wo sie neue Menschen und Kulturen kennen lernt und nicht immer nur im gleichen Büro sitzt. Deutlich weiter ist Tommy Richner, der den Weg zum Piloten eingeschlagen hat. Nach der Fachmittelschule machte er ein anderthalbjähriges Praktikum bei Skyguide, ein Aviatik-Studium und die Pilotenausbildung. Die Kosten für eine Ausbildung zum Piloten belaufen sich auf rund 140 000 Franken. Eine erste Rate von 15 000 Franken muss bereits vor der Ausbildung bezahlt werden und die zweite über 20 000 Franken ist nach acht Monaten Ausbildung fällig. Wer die Schweizer Staatsbürgerschaft besitzt, bekommt von der Fluggesellschaft Swiss ein Ausbildungsdarlehen von 69 000 Franken, das beim Eintritt in die Swiss zurückgezahlt werden muss. Zudem gibt es für Schweizer Staatsbürger eine Finanzhilfe des Bundes von 36 000 Franken. 

Die Vorteile überwiegen

Markus «Kusi» Seger ist bereits seit 31 Jahren Pilot und mittlerweile Langstrecken- Captain auf einer Boeing 777. Der Berner erzählt, wie er im Bereitschaftsdienst vom Abendessen zu einem Flug nach Hongkong gerufen wurde. «Der Start ist für alle Beteiligten eine Hochkonzentrationsphase», sagt Seger. Und zwei Stunden vor der Landung würden die Vorbereitungen beginnen, die in Hongkong wegen der hügeligen Landschaft wieder viel Konzentration erfordere. «Start und Landungen erfolgen immer noch per Hand», sagt der Flugkapitän.

Wenn das Flugzeug auf den Parkplatz abgestellt ist, erfolgt die Übergabe an die Mechaniker und es geht ins Hotel, wo man die Zeit mit Leuten mit unterschiedlichen Kulturen und Geschichten verbringt. «Vieles ist unregelmässig und unvorhergesehen, aber es gibt auch monotone Phasen», sagt Seger. Er bemerkte, dass ein Pilot physisch und psychisch belastbar sein muss, über eine Grundintelligenz verfügen und bei Mathematik, Physik und Englisch nicht neben den Schuhen stehen sollte. Da ein Pilot oft weg von zu Hause ist, braucht es auch ein gutes Management im Sozial- und Familienleben. Er empfiehlt den künftigen Piloten, sich auch ein zweites Standbein aufzubauen, damit sie eine Alternative haben, falls sie die Fluglizenz aus gesundheitlichen oder anderwei­tigen Gründen nicht mehr bekommen sollten.

Viele Weiterbildungen möglich

Cara Pakszies, Leiterin Berufsbildung bei der Swiss International Air Lines, erklärt, dass in der Fachrichtung Flugzeugunterhalt die Berufe Polymechaniker und Automatiker angeboten werden. Die beiden Ausbildungen dauern jeweils vier Jahre. Während in den ersten beiden Jahren die Grundausbildung mit den berufsspezifischen Arbeiten in der Swiss-Lehrwerkstatt erfolgt, durchlaufen die Auszubildenden im dritten und vierten Lehrjahr im Hangar die Schwerpunktausbildung im Bereich Flugzeuginstandhaltung. «Da gehört der Schichtbetrieb zum Alltag», ­erläutert Pakszies. Wenn die Lehre ­erfolgreich mit dem Eidgenössischen Fähigkeitszeugnis abgeschlossen wurde, sind Weiterbildungen in verschiedenen Richtungen möglich.

Professionelle Eignungsabklärung

Der letzte Referent ist Beat «Hedi» Hedinger, der bei der Luftwaffe Pilot eines Super Pumas ist und als Geschäftsleiter der Ausbildungsplattform Sphair und Kommandeur der Helikopterausbildung den Nachwuchs fördert. Er erklärt, dass die Luftwaffe neben militärischen Einsätzen auch für den Schutz des Luftraums, Lufttransport und luftgestützte Nachrichtenbeschaffung zuständig ist. Zudem leistet die Luftwaffe Einsätze zur Personensuche und Katastrophenhilfe. Die Ausbildungsplattform Sphair bietet im Auftrag des Bundes für alle, die Pilot werden wollen, eine professionelle Eignungsabklärung inklusive Praktikum.

Im Anschluss an die zweistündige Infoveranstaltung hatten die Teilnehmer beim Apéro noch genügend Gelegenheit für Kontakte mit den Referenten.

 

Gwunderbrunnen

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