Aus Bauern werden Bauunternehmer

Damjan Bardak

Mit seinem Bruder war er Pächter des Rohrhofs auf dem Flughafenareal, bis der Bauernhof abgerissen wurde und sie sich neu orientieren mussten. Rudolf und Heinrich Eberhard wurden Gründer einer bis heute wachsenden Baufirma.

Ruedi macht sich auf den Weg zur Eingangstür, öffnet diese und empfängt ­einen mit einem freundlichen Lachen. Es folgt eine rasche Handbewegung in Richtung Esszimmer und die Worte: «Folgen Sie mir.» Dort angekommen, steht ein langer Holztisch, an dem Ehefrau Emmy Eberhard (94) und Tochter Christina bereits Platz genommen haben.

Das Haus, Baujahr 1956, steht in Höri, genauer an der viel befahrenen Wehntalerstrasse zwischen Oberhöri und Endhöri. Es ist nicht zu übersehen, auch dank der hierzulande seltenen Natursteinfassade. «Es ist wunderschön, aber nicht wirklich gescheit gebaut», so Eberhard. «Hätten wir es bloss selbst gebaut», fügt er scherzhaft hinzu. Ehefrau Emmy lacht, sie liebt das Haus und den wunderschönen Garten.

Der Bauernhof muss weichen

Rasch kommt der Baupionier ins Erzählen. Seine Begeisterung und seine Wortfreude sind gross. Hin und wieder wird der 99-Jährige durch ab- und anfliegende Flugzeuge abgelenkt, woraufhin jedes Mal aufs Neue ein begeistertes: «Schauen Sie, da ist schon wieder ein Flieger», folgt.

Allzu begeistert zeigte er sich im Jahr 1959 noch nicht von solchen Maschinen, als der Hof, den er bewirtschaftete, abgerissen werden musste. Dieser befand sich zu nah an der Landebahn, im Gebiet Rohr auf Klotener Gemeindegebiet, ungefähr dort, wo heute das Ausschaffungsgefängnis steht. Es gab keine andere Option als den Abriss des für die damalige Zeit sehr grossen landwirtschaftlichen Betriebes. Doch es folgten neue Möglichkeiten, welche Rudolf und Heinrich zu einer erfolgreichen Umorientierung brachten.

Schon als Bauern sehr fortschrittlich

Die in Kloten aufgewachsenen Brüder haben den Rohrhof mit 115 Hektar Land ein Jahr nach dem Zweiten Weltkrieg als Pächter übernommen. «Wir waren vielen Bauern der Zeit einen Schritt voraus», erinnert sich Rudolf Eberhard. Als gelernter Maschinenschlosser war Heinrich Eberhard zuständig für die Technik auf dem Hof und Rudolf Eberhard als gelernter Landwirt für das Feld und den Stall. «Anfänglich mussten wir versuchen, durch zahlreiche Nebenverdienste über die Runden zu kommen», sagt Rudolf Eberhard. So beteiligten sich die Brüder auch an den Flughafenarbeiten und etablierten sich für Abbrüche und Erdarbeiten. Nach und nach folgten technische Optimierungen.

 

«Anfänglich mussten wir versuchen, durch zahlreiche Nebenverdienste über die Runden zu kommen.»

Rudolf Eberhard

 

Im Jahr 1957 entschieden sich die beiden, die Firma Gebrüder Eberhard zu gründen, woraufhin ein Jahr später der erste Grossauftrag der Flughafen-Immobiliengesellschaft folgte: der Aushub von rund 100 000 Kubikmetern Erde für den zweiten Flughafen-Hangar. Rudolf und Heinrich Eberhard arbeiteten hart, Tag und Nacht im Schichtbetrieb. Der Flughafen Kloten wurde weiter ausgebaut und der Rohrhof musste bei der Verlängerung der neuen Flugpiste im Jahr 1959 weichen. Ehefrau Emmy Eberhard ist zu dieser Zeit schwanger und bringt eine Woche vor dem Abriss des Rohrhofes ihr zweites Kind zur Welt. «Für mich war es keine einfache Zeit, da ich aufgrund der Geburt schon genug Turbulenzen hatte», so die heute 94-Jährige.

Trotz des erfolgreichen Einstiegs in die Baubranche fällt es anfangs auch dem gelernten Landwirt Rudolf Eberhard schwer, emotional mit dem Hof abzuschliessen. «Ein Bauer ackert nicht nur, weil er es muss. Es ist seine Leidenschaft.» Doch er und sein Umfeld konnten dann doch den nächsten Schritt wagen. Ehefrau Emmy erinnert sich: «Einst wollte ich unbedingt einen Bauern heiraten – ab sofort war ich nun ‹Baggerfrau›.»

Die Firma wächst und wächst

Weiterhin nehmen die Gebrüder Eberhard Aufträge in der ganzen Region entgegen und bauen ihre Unternehmung stetig aus. Als in den Siebzigerjahren die erste Krise die Baubranche plagt, gehen sie auf Arbeitssuche nach Jordanien, Libyen und Saudi-Arabien. Sie finden Arbeit in Saudi-Arabien und fertigen unter anderem eine 35 Kilometer lange Strasse zusammen mit Walo Bertschinger und führen in der Grossstadt Riad Erdarbeiten für ein Sportministerium aus. Für die Firma Brown Boveri konnten sie an einem Ölkraftwerk mitbauen.  Als Dolmetscherin half Ehefrau Emmy Eberhard aus, die gutes Englisch spricht. «Ohne sie wären wir aufgeschmissen gewesen», sagt «Ruedi» Eberhard. Als der Generationswechsel immer näher rückt, tritt der Baupionier 1986 aus der Firma aus. Vier Söhne seines Bruders Heinrich Eberhard übernehmen die Firma und bauen sie weiter aus. 

Unzählige Mosaike gefertigt

Der Sohn von Rudolf und Emmy, «Ruedi 2», betreibt zusammen mit seinen Söhnen eine Kiesgrube in Glattfelden (das «Nadelbändli») und die Eberhard Kies- und Transport AG in Höri.

Viele Hobbys begleiten Ruedi und seine Ehefrau Emmy während ihrer gemeinsamen Jahre. Unzählige Mosaike aus Marmor und Granit wurden gefertigt und Ruedi hat sie alle betoniert. Die vielen Mosaike sind  im grosszügigen Blumengarten ausgestellt. Rudolf Eberhard ist gerne in seiner Werkstatt, wo er kleine Holzhütten und vieles mehr baut.

Ruedi und Emmy freuen sich über die Besuche ihrer Kinder, Enkel, Urenkel und Freunde und immer gibt es einen Kaffee, der am hölzernen Tisch in der Stube getrunken wird. Dort, wo die landenden Flugzeuge direkt und tief über das Haus Richtung Kloten brausen.

Gwunderbrunnen

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