Auch beruflich Fuss fassen
Im Kanton Zürich begleiten Fachleute geflüchtete Menschen schrittweise auf dem Weg in den Arbeitsmarkt.Ein Beispiel aus Kloten zeigt, was die Hürden sind und wie der berufliche Einstieg trotzdem gelingen kann.
Die ungewohnte Situation kann sie nicht aus der Ruhe bringen, dies, obwohl alle Blicke und Kameras der anwesenden Journalistinnen und Journalisten auf sie gerichtet sind. Anastasiia Mlynchenko lebt seit drei Jahren in der Schweiz. In sehr flüssigem Deutsch erzählt sie von ihrem Praktikum als Betreuerin bei der Stiftung Pigna in Kloten. «Hier fühle ich mich wirklich wohl», so die Ukrainerin.
Die Fachstelle Integration, die zur Direktion der Justiz und des Innern gehört, hat kürzlich zu einem Mediengespräch in den Räumen der Stiftung Pigna in Kloten eingeladen. Anlass war der Flüchtlingstag 2025. Im Rahmen der Integrationsagenda Kanton Zürich begleiten Fachleute geflüchtete Menschen auf dem Weg in den Arbeitsmarkt. Der Kanton arbeitet dafür mit verschiedenen Institutionen zusammen, wie Nina Gilgen, Leiterin der Fachstelle, ausführt. Eine davon ist das Hilfswerk der Evangelisch-reformierten Kirche Schweiz, kurz Heks.
Ein selbstständiges Leben führen
Insgesamt stehen aktuell 237 Förderangebote in den Bereichen Abklärung, Sprache, Bildung und Arbeitsintegration zur Auswahl. Das Ziel ist es unter anderem, dass Geflüchtete ein selbstständiges und selbstbestimmtes Leben führen können und ihre Abhängigkeit von der Sozialhilfe reduziert wird.
Deutschkenntnisse sind für viele Jobs das A und O. Das gilt natürlich auch für geflüchtete Personen, die hier beruflich Fuss fassen möchten. Nina Gilgen spricht von mindestens zwei Jahren, bis jemand das Sprachniveau A2 oder B1 erreicht. «Integrationsprozesse brauchen ihre Zeit», sagt Gilgen.
Mit A2 versteht man laut dem Staatssekretariat für Migration einfache Fragen und Mitteilungen, die mit wichtigen Lebensbereichen zusammenhängen. Mit B1 lassen sich bereits die meisten Alltagssituationen bewältigen, etwa am Wohnort oder am Arbeitsort.
Mlynchenko, die ursprünglich soziale Arbeit studiert hat, kam bereits mit guten Sprachkenntnissen in die Schweiz. Trotzdem stand sie vor grossen Herausforderungen. Insbesondere der Prozess der Diplomanerkennung ist hierzulande sehr aufwendig und komplex, wie Johanna Strömbäck vom Heks erklärt. Dies vor allem wegen des unterschiedlichen Ausbildungssystems und der unterschiedlichen Berufsqualifikationen.
«Wir sehen unsere Arbeit als eine Art Übersetzungstätigkeit», sagt Strömbäck. Dies ist auch symbolisch zu verstehen. Übersetzt wird zwischen den Anforderungen des Arbeitsmarkts und den Ressourcen und den Potenzialen der jeweiligen Personen. Im Fall von Anastasiia Mlynchenko ist der Prozess der Diplomanerkennung immer noch offen.
Johanna Strömbäck arbeitet als Jobcoach bei der Fachstelle Heks Mosaiq Zürich. Diese bietet Informationen, Beratung und Begleitung für gut qualifizierte Migrantinnen und Migranten sowie Geflüchtete. Neben Unterstützung bei der Diplomanerkennung hilft die Fachstelle auch bei der Suche nach einem Praktikum oder einer Stelle.
Hoffnung, dass alles möglich ist
Ein Praktikum hat die Ukrainerin bei der Stiftung Pigna gefunden. Die Organisation betreut, beschäftigt und unterstützt Menschen mit Behinderung. Seit knapp drei Monaten arbeitet Mlynchenko nun hier in einer Wohngruppe als Praktikantin in der Betreuung. Nach einem Schnuppertag sei sie überrascht gewesen, wie viele nette, freundliche und offene Leute hier arbeiten würden. «Heks gibt Hoffnung, dass alles möglich ist», sagt sie – Worte, die auch ihr Jobcoach gern hören dürfte.
Für Sascha Bünnig, Leitung Wohnen, eine Win-win-Situation. Einerseits wolle man Menschen eine Chance geben, in Arbeitsprozessen Fuss zu fassen. Andererseits profitiere die Pigna in der Zusammenarbeit mit Heks im Sinne von Langfristigkeit. Stichwort: Fachkräftemangel.
Heks Mosaiq ist nicht das einzige Integrationsangebot des Hilfswerks. Mit Heks Steps sollen Geflüchtete die Möglichkeit erhalten, sich schrittweise auf den Arbeitsmarkt vorzubereiten. Angesprochen sind Erwachsene mit oder ohne formalen Berufsabschluss.
«Wir suchen eine Firma oder eine Institution, die bereit ist, der geflüchteten Person einen sechsmonatigen Arbeitseinsatz zu ermöglichen», sagt Jobcoach Michel Good. Er unterstützt Recep Efe bei der Jobsuche. Efe hatte in der Türkei als Biologielehrer gearbeitet und Teilzeit in der familieneigenen Tischlerei ausgeholfen.
Hand geboten hat die Knecht AG mit Sitz in Dägerlen. Im Unternehmen kann Efe, der seit 2020 in der Schweiz lebt, ein Praktikum absolvieren. Nun folgt der nächste Schritt: Ab Sommer beginnt Recep Efe eine Ausbildung zum Schreiner. Ein Einstieg als Biologielehrer wäre schon wegen der Sprache schwierig gewesen.
Drenush Useini, der Abteilungsleiter der Schreinerei bei der Knecht AG, ist voll des Lobes für seinen zukünftigen Lernenden: «Warum sollten wir motivierten Menschen nicht die Chancen geben, sich in den Arbeitsmarkt zu integrieren?»