Athletiktrainer Felix Stutz : «Dann ist es in den Köpfen drin»

Richard Stoffel

Der EHC Kloten hat den ersten Teil der Saisonvorbereitung letzte Woche abgeschlossen. Nach einem umfangreichen physischen Aufbau stehen für das Überraschungsteam der letzten National-League-Saison nun zwei Entlastungs- beziehungsweise Ferienwochen auf dem Programm. Die unmittelbare Saisonvorbereitung auf den Liga-Start vom 9. September bei Ambri-Piotta beginnt in rund zehn Tagen mit den physischen Tests.

Neben dem Eistraining und Alternativsportarten (Fussball, Unihockey, Yoga etc.) bildete seit Ende April das mehrmals pro Woche zu absolvierende Kraft- und Athletiktraining das Kernelement in der ersten Phase der Vorbereitung. Der «Stadt-Anzeiger» war in einem der letzten Krafttrainings vor Ort und sah die Cracks des EHC mit und an den Gewichten «leiden» und alles geben – aber immer auch mit dem einen oder anderen flotten oder motivierenden Spruch für die Teamkollegen auf den Lippen. Und Captain und Klublegende Steve ­Kellenberger (38), der einiges älter als das Gros seiner Teamkol­legen ist, imponiert mit Bärenkräften. Der 1,72 Meter grosse ­Verteidiger drück bei den Reverse Lunges (Rückwärts-Ausfallschritt mit Gewicht) unter dem wachsamen Auge von Felix Stutz 130 Kilogramm. Unmittelbar danach folgen für Kellenberger drei explosive Übungen.

Im Interview mit dem «Stadt-Anzeiger» schildert Athletiktrainer Stutz die ­Zielvorgaben und das erreichte Level des Teams, das in der nächsten Saison laut sport.ch mit durchschnittlich 26,24 Jahren das jüngste Ensemble der 14 Mannschaften umfassenden National League stellt.

Felix Stutz, wie beurteilen Sie den aktuellen Leistungsstand und welche Prioritäten wurden gesetzt?

Es ist mein vierter Sommer als Athletik­trainer von Kloten. Man weiss nun immer besser, was jeder Einzelne braucht. Wir ­wollen immer besser und stärker werden – je nach Auswertung der physischen Tests. Es gab heuer drei Fokus-Gruppen: eine Allgemein-Gruppe, dann eine mit Schwerpunkt Kraft und Explosivität. Und die dritte arbeitete im reinen Explosivitätsbereich.

Trainieren die Imports, die Ende Juli zum Team stossen, im Saison­aufbau-Bereich nach eigenem Plan und mit ­Trainer oder nach Klubangaben?

Die Imports trainieren grundsätzlich mit eigenem Trainer und nach eigenem Plan. Aber ich habe alle zwei oder drei Wochen Kontakt mit ihnen. Sie schicken mir die Trainingspläne und ich weiss dann, wo sie in etwa stehen. Wir besprechen dann ab Ende Juli, was wir hier machen. Da können wir dann, sobald sie hier sind, sofort loslegen und weiterarbeiten und wir müssen nicht mehr gross besprechen, was sie alles selbst gemacht haben.

Kam noch kein Import mit Trainings­rückstand in die unmittelbare Saisonvorbereitung?

Wenn sich jemand im Saisonaufbau nur auf Schnelligkeit fokussiert hat, bekundet er dann vielleicht im Eistraining Anfang August Mühe mit der Ausdauer. Aber nur, weil er sich darauf noch nicht so fokussiert hat. Viele spielen immer wieder auch um einen Vertrag. Man kann sich da keine längeren Trainingsausfälle mehr leisten und glauben, es reiche aus, wenn man im August kommt, und denken, man werde dann in der Saison dennoch 20 Tore erzielen.

Neuzugang Leandro Hausheer hat von ­seinen Erfahrungen vom Camp für Entwicklungsspieler bei den Florida Panthers berichtet. Und davon erzählt, wie drüben gemessen wird, wie jeder einzelne Spieler mit der exakten Balance aus Erholungs- und/oder Vorermüdungszustand seine ­persönliche Bestleistung abrufen kann. Ist dies nun der neueste Trend im Athletiktraining?

Trend ist sicher das richtige Wort. Das was wir meinen zu wissen, geben wir voll rein. Viele haben heute beim Sport Wearables an, die auch den Regenerationszustand messen. Dazu wird die Herzvariabilität herangezogen. Wenn dein Herz regelmässig schlägt, ist es gestresst, schlägt es unregelmässig, ist alles in Ordnung. Was die Panthers anbelangt: Es ist nicht so, dass wir noch nichts davon gehört haben. Es geht mehr darum, dass sie eine andere Art haben, diese Daten anzuwenden beziehungsweise ihre Rückschlüsse daraus zu ziehen. In der NHL haben sie eben ganz viele Leute zur Verfügung, dort haben sie deshalb auch Datenanalysten für die Interpretation von entsprechenden Daten. Erst danach kommen sie dann damit zum Performance-Coach. Wie evidenzbasiert das Ganze ist, ist mir noch unklar. Ich bin da selbst im Austausch mit anderen Experten. Zu klären ist, auf welche Kennzahlen sie schauen beziehungsweise was sie als massgebend heranziehen. Aber ja: Du kannst mit mehr Vorermüdung in das Spiel gehen und dabei besser performen. Das ist jedoch individuell unterschiedlich.

Interessant ist sicher auch, weshalb in der Meisterschaft oft auch Teams gewinnen, die am Vorabend im Einsatz standen, gegen Teams, die spielfrei waren. Weshalb kann die Vorermüdung in einen Intensitätsgewinn münden?

Wenn ich dies wüsste und eine Schwarz-Weiss-Antwort geben könnte, würde ich wohl sehr viel mehr Geld verdienen und reich werden. Das hängt immer von so vielen Faktoren ab, es ist nie nur einer. Auch in den Playoffs gibt es diesbezüglich keine Schwarz-Weiss-Antwort. Es gibt Spieler, die gerne drei Spiele in kurzer Zeit absolvieren, andere wiederum bevorzugen drei spielfreie Tage, um in ein Spiel hineinzugehen. Ich als Athletiktrainer muss wissen, wie jeder Spieler individuell reagiert, und ich kann ihn dabei unterstützen, seine bestmögliche Leistung abzurufen. Das ist sehr individuell. Aber es gibt auch Trends innerhalb des Teams, die ganz schnell in die Köpfe der Spieler gehen. Beispiel: Wenn wir zuvor frei hatten, gewinnen wir. Das muss nur zweimal passieren und dann ist es in den Köpfen drin. Das ist wie beim Taping des eigenen Stocks.

Ein Wort zu Verteidiger Nicholas Steiner, der nach einem Kreuzbandriss nun wieder so gut wie voll belastbar wirkt.

Er wurde von unserem Partner Medbase Winterthur gut umsorgt. Steiner wurde da mit sehr viel Betreuung im Reha- und Physio-Bereich gut aufgebaut.

 

«Bei Steve Kellenberger erstaunt mich, welch hohes Gewicht er zu drücken vermag.»

Felix Stutz, Athletiktrainer EHC Kloten

 

Und wie fit sind die Abwehr-Veteranen Steve Kellenberger (38) und Leandro Profico (35) immer noch?

Beide sind physisch immer noch top, bei Kellenberger erstaunt mich, welch hohes Gewicht er zu drücken vermag.

Und Profico, der in der letzten Saison von allen Schweizer Verteidigern bei Kloten am meisten Eiszeit erhielt, gilt mit seinem trockenen Humor zudem als einer, der für gute Stimmung sorgt. Wer ist als Gute-Laune-Junge auch noch wertvoll?

Neuzugang Noah Delémont ist für Spässe auch sehr gut, ebenso ist Keijo Weibel ein Typ, der seine Mitspieler motivieren oder gut zum Lachen bringen kann. Das sind die drei, die mir dazu gerade einfallen.

Und wie ist der aktuelle Austausch mit Headcoach Lauri Marjamäki, der dann auf die unmittelbare Saisonvorbereitung hin zum Team stösst?

Ich halte ihn über die Spieler und deren Fitnesszustand auf dem Laufenden, damit er bei seiner Rückkehr schon möglichst viele Informationen hat. Das ganze Aufbauprogramm wurde natürlich schon früher besprochen, darin enthalten waren auch seine Wünsche. Und auch, wie wir in der nächsten Saison spielen wollen und welche physischen Anforderungen erfüllt sein müssen.

Welche neuen Elemente im Kraftaufbau wurden im Vergleich zum Vorjahr von Ihnen eingebaut?

Das geschah im Kleinen. Diejenigen, die das Sommertraining schon länger mit­machen, bemerkten die kleinen Differenzen. Neu ist sicher, dass wir noch mehr auf die individuellen Gruppen eingehen. Das heisst, dass die Spieler nach der Grundathletik noch gezielter an ihren Stärken und Schwächen arbeiten.

 

 

«Man fordert sich selbst heraus»

Steve Kellenberger zur Integration der Neuzuzüge, die sich trotz Konkurrenzkampf im Team rasch willkommen und gut aufgenommen fühlen: «Dass sich die Neuen so gut integriert fühlen, ist schön zu hören. Es hat eben auch viele Junge bei uns, die sich gegenseitig kennen. Das macht es einfacher. Es ist relativ familiär bei uns, und wir haben Spass zusammen. Und das ist nicht einfach so dahergesagt, es ist wirklich so. Wir unternehmen auch einiges zusammen. Dadurch findet man sich gegenseitig. Im Hinterkopf ist sicher auch der Kampf um die Plätze. Aber es ist ein fairer Wettbewerb. Und jetzt im Sommer pushen wir uns gegenseitig. Betreffend Eiszeit ist es letztlich ein Coach-Entscheid. Und was das Krafttraining anbelangt: Wenn du siehst, wie viel der andere an Gewicht drückt, motiviert dies. Man fordert sich dann selbst auch heraus, möchte auch dorthin kommen. Aber auch wenn wir auf oder neben dem Eis Spiele machen, gehen wir auch da ans Limit und versuchen, das Maximum herauszuholen.» (rst.)   

 

 

«Es gibt keinen guten Zeitpunkt für eine schwere Verletzung»

Verteidiger Nicholas Steiner sorgte in der letzten Saison Anfang Oktober mit seinem Siegtor im Heimspiel gegen Zug dafür, dass Kloten erstmals seit elf Jahren wieder den Leaderthron in der National League bestieg. Einen Monat später erlitt er einen Kreuzbandriss und war für den Rest der Saison ausser Gefecht. Nun befindet sich der 33‑jährige Haudegen wieder auf dem Weg zurück.

Letzte Saison schossen Sie Kloten quasi an die Tabellenspitze und leiteten so den bis zum Saisonende ­anhaltenden Höhenflug des Teams ein.

Es lief mir gut, dann kam dieser Dämpfer mit der persönlichen Verletzung. Doch ich war extrem froh, dass es der Mannschaft danach dennoch gut weiterlief, das machte es für mich auch einfacher.

Wenn Ihr Vertrag nicht noch eine Saison weitergelaufen wäre, wäre dies aber eine unangenehme Situation gewesen?

Ja, das ist klar. Es gibt aber eigentlich auch so keinen guten Zeitpunkt für eine schwere Verletzung.

Wie verlief Ihr Wiederaufbau?

Am Anfang war in der Physiotherapie noch nicht viel möglich, da das Knie noch nicht so beweglich war. Dann kam nach einigen Wochen Phase 2, in der ich das Knie bewegen und leicht Kraft aufbauen konnte. Diese Phase ging bis Ende März. Mittlerweile bin ich nun in der Phase, in der ich wieder belasten und pushen kann und auch das Eistraining mitmache. Alles geht, auch wenn ich ­natürlich im Kraftbereich noch ein spezifisches Training absolviere für meinen Aufbau, unter anderem auch bezüglich der Oberschenkelmuskulatur. Ich absolviere zusätzlich zu meinen Trainings mit Kloten auch noch Physiotherapie – sowohl aktiv als auch passiv. Ab Ende Juli und zu Beginn der unmittelbaren Saisonvorbereitung bin ich dann voll in das Teamtraining integriert, dann wird auch nochmals ein gezielter Belastungstest für das Knie erfolgen. Geplant ist, dass ich von Beginn weg die Vorbereitungsspiele im August bestreite. Ich bin sehr optimistisch und fühle mich sehr gut, da wir mit dem Heilungsprozess auch sensationell im Zeitplan sind und ich keine Schmerzen habe.

Was sind die Gedanken zur kommenden Saison?

Wir sind optimistisch und versuchen, der Schwung der letzten Saison mitzunehmen. Es war eine Hammer-Saison. Wir haben sensationell gespielt und Enormes geleistet. Wir wollen dennoch auch realistisch bleiben. Wir haben klar überperformt und müssen uns wieder entsprechend einordnen. Aber wir haben auch gezeigt, was wir können, und uns Respekt verschafft.

Der Konkurrenzkampf bei Kloten mit aktuell zehn Verteidigern im Kader ist ziemlich gross.

Das ist so, es ist aber auch wichtig, dass das Kader eine gewisse Grösse hat. Denn es gibt immer wieder mal verletzte Spieler. Eine gewisse Breite ist deshalb im Eishockey wichtig.

Die Import-Positionen werden bis auf Tyler Morley komplett neu besetzt.

Das ist schon so. Wir kennen die neuen Spieler erst vom Hörensagen, da die Mehrzahl von ihnen auf Schweizer Eis nicht so bekannt ist. Ich bin sehr optimistisch, dass sich diese Spieler bei uns positiv entfalten. 

Gwunderbrunnen

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