Der Papst, der viel draussen war

Thomas Lichtleitner, Joseph Maria Bonnemain

Der Tod des Papstes am Ostermontag bewegt weltweit. Der Glattbrugger Diakon Thomas Lichtleitner und der Churer Bischof Joseph Maria Bonnemain über einen offenen Papst.

Papst Franziskus war für unsere Pfarrei eine stete Ermutigung. Gerade die Akzente, die sich mit dem Wort «Synodalität» zusammenfassen lassen, wurden in St. Anna dankbar aufgenommen. Ernsthaftes gegenseitiges Zuhören, gemein­sames Ringen um gangbare Wege im ­konkreten Leben als Gemeinschaft und Aufrechterhalten des Dialogs waren und bleiben vorbildlich und sollen nach Möglichkeit auch in unserem eigenen Pfarreileben konkretisiert werden. Das betraf sowohl die Gesprächsatmosphäre innerhalb unsere Teams als auch den Dialog zwischen der verschiedensten Gruppen und Vereinen unserer Glaubensgemeinde.

Gerade in einer Welt der extremen Polarisierungen und Unsicherheiten hat seine Menschlichkeit, seine gelebte Barmherzigkeit, aber auch sein hoffnungsvolles Vertrauen in Gottes Führung Motivation zum kirchlichen Dienst und Freude an kirchlicher Gemeinschaft vermittelt und unterstützt.

Thomas Lichtleitner, Diakon und Co-Gemeindeleiter

 

Papst Franziskus konnte am Ostersonntag das letzte Mal auf Erden seine Bischofsstadt Rom und die ganze Welt segnen. Er wünschte allen Menschen «Frohe Ostern». Ostern ist der Übergang von allen Niederlagen der Welt zum endgül­tigen Sieg der Liebe ohne Grenzen und ohne Ende. Gott hat ihn am Ostermontag in diese Liebe heimgeholt. Wir bleiben auf Erden als Pilger der Hoffnung zurück. Sein österlicher Segen, «Urbi et orbi», wird uns stets begleiten und ermutigen, uns trotz aller Niederlagen für Frieden, für die Schwächsten, die Flüchtlinge und alle an den Rand der Gesellschaft Gestellten einzusetzen.

Wir können sein Pontifikat in einem von ihm oft verwendeten Wort zusammenfassen: «Uscire». Es sei sehr befreiend, zu wagen, aus sich selbst herauszugehen, dem anderen entgegen. Die Kirche solle sich nicht mit sich selbst beschäftigen, sondern mit den Menschen in der Peripherie, am Rande der Existenz. So sei die Kirche kein starres Museum von Vorschriften, sondern ein lebendiges, kreatives, dynamisches, sich entwickelndes Pilgervolk: So sei sie jung und trage zur Erneuerung der Welt bei. Den Politikern riet Papst Franziskus, über ihren eigenen Nationalismus hinauszuwachsen und den friedlichen Dialog mit allen Menschen zu suchen. Seine dritte Enzyklika erörterte die Frage, woher die Energie für diese Reise der Liebe komme und wohin die Pilgerfahrt münde: ins Herzen Jesu.

Trotz allem Elend auf der Welt hat Papst Franziskus nie die Hoffnung verloren. In seiner erst kürzlich erschienen Autobiografie schreibt er: «Die Hoffnung ist vor allem die Tugend der Bewegung, der Motor der Veränderung: Sie ist die Spannung, die Erinnerung und Utopie verbindet, damit wir daraus tagtäglich jene Träume verwirklichen können, die uns erwarten. Und wenn ein Traum an Kraft verliert, dann müssen wir zurückkehren, um ihn von Neuem zu träumen, in neuen Formen, sodass wir der Glut der Erinnerung mit unserem Hoffen neues Feuer einhauchen.»

Joseph Maria Bonnemain, Bischof von Chur