«Verantwortung ist zentral»

Dario Petrovic

Die Ansprache zum 1. August wird traditionell von der höchsten Opfikerin beziehungsweise vom höchsten Opfiker gehalten.Dieses Jahr war es Dario Petrovic, Präsident des Gemeinderates und Mitglied der FDP.

«Liebe Opfikerinnen und Opfiker, liebe Kinder, geschätzte Gäste von nah und fern, herzlich willkommen zur 1.‑August-Feier hier bei uns auf der Mettlenwiese in Opfikon. Es freut mich ausserordentlich, dass Sie so zahlreich erschienen sind und wir heute gemeinsam diesen besonderen Tag feiern dürfen mit allem, was traditionell dazugehört und insbesondere mit guter Gesellschaft.

Der 1. August ist mehr als ein Geburtstag unserer Eidgenossenschaft oder, wie bei vielen unter uns, ein freier Tag im Kalender. Er ist der Moment, in dem wir innehalten und uns bewusst werden sollten, was es bedeutet, Teil dieses kleinen, aber sehr erfolgreichen Landes, aber auch Teil unserer Stadt Opfikon zu sein.

Für mich persönlich ist dieser heutige 734. Geburtstag unserer Eidgenossenschaft in diesem Jahr noch ein Stück spezieller als sonst, denn ich habe die Ehre und darf heute zum ersten Mal als Gemeinderatspräsident zu Ihnen sprechen. Das erfüllt mich mit grossem Stolz und mit Demut. Am 5. Mai dieses Jahres hat mich der Gemeinderat zu dessen Präsidenten gewählt. Dies ist für mich keine Selbstverständlichkeit. Ich danke Ihnen, liebe Opfikerinnen und Opfiker, für Ihre Stimme, für Ihre Unterstützung und für das Vertrauen, das Sie mir mit Ihrer Wahl ins Opfiker Parlament geschenkt haben.

Dass ich heute hier stehe als einer von Ihnen, ist für mich eine Herzensangelegenheit, weil ich hier geboren und auf­gewachsen bin, weil ich hier mit meiner Familie lebe, weil mir unsere schöne Stadt mit dem malerischen Dorfkern, der Nähe zur Natur und Urbanität zugleich, und unsere schöne Schweiz am Herzen liegen.

 

«Wenn wir klug investieren, wenn wir verlässlich liefern, dann bleiben wir nicht unbemerkt.»

 

Doch was feiern wir eigentlich genau am 1. August? Es ist nicht nur der Rückblick auf ein historisches Datum im Jahr 1291, auf unsere Gründungsgeschichte, auf den Rütlischwur und den Bundesbrief, auf die ich später in meiner Rede noch zu sprechen komme.

Es ist der Ausdruck von etwas Tieferem: von einem Selbstverständnis, einem Bewusstsein, das unser Land seit jeher prägt. Nämlich, dass Fortschritt nicht von oben diktiert, sondern von unten getragen wird.

Dass Zusammenhalt nicht verordnet werden kann, sondern entsteht, wenn Menschen bereit sind, mitzudenken und mitzutragen, wenn sie sich gegenseitig respektieren und wenn sie sich nicht fragen, was der Staat für sie tun kann, sondern was sie selbst zum Gelingen dieses Miteinanders beitragen können.

Ein Beispiel für dieses Zusammenspiel von Leistung und Gemeinschaftssinn durften wir diesen Sommer ganz konkret erleben. Die englische Frauen-Fussball-Nationalmannschaft, die Lionesses, wie sie sich nennen, bereitete sich während der Frauen-Fussball-EM 2025, welche erstmals in der Schweiz ausgetragen wurde, auf unserer Sportanlage Au auf ihre Spiele vor. In aller Ruhe, hochprofessionell und fokussiert. Und was daraus folgte, war ein sportlicher Höhepunkt: In einem packenden Final am vorvorletzten Sonntag gegen Spanien sicherten sie sich den EM-­Titel und zugleich die Titelverteidigung – historisch! Und Opfikon ist Teil dieser Erfolgsgeschichte. Gegenüber unseren Stadträten sagten die Lionesses, dass sich ihr Aufenthalt in Opfikon anfühle wie ein «home from home», also wie ein zweites Zuhause. Das war nicht nur eine Floskel, sondern ein schönes und ernst gemeintes Kompliment an unsere Menschen, unsere Stadt und unsere Infrastruktur. Bilder von Opfikon wurden von grossen und namhaften Fernsehsendern in die Welt getragen. Nicht, weil wir uns in den Vordergrund gedrängt hätten, sondern weil wir einfach unseren Job gut gemacht ­haben. Und es zeigt: Wenn wir klug in­vestieren, wenn wir verlässlich liefern, dann bleiben wir nicht unbemerkt.

Nebst den Investitionen in das Freizeit- und Sportangebot haben wir in den letzten Jahren stark in die Bildung investiert, genauer gesagt in Bildungsinfrastruktur. Nach dem Schulhaus Glattpark, das vor zwei Jahren eingeweiht wurde, steht nun mit dem Schulhaus Bubenholz der nächste Meilenstein an. Es ist ein topmodernes Schulgebäude, das sowohl den pädagogischen Bedürfnissen der Schülerinnen und Schüler als auch den Anforderungen der Lehrpersonen und Lehrpläne gerecht wird. Und das nächste Grossprojekt steht schon in den Startlöchern, jetzt wird nämlich die Schulanlage Mettlen, welche sichtlich in die Jahre gekommen ist, umfassend saniert. Diese Investitionen zeigen: Wir meinen es ernst mit der nächsten Generation. Doch moderne Schulhäuser allein genügen nicht, wir erwarten auch, dass die Chancen genutzt werden. Bildung ist ein Gemeinschaftsprojekt. Sie lebt vom Engagement der Lehrkräfte, vom Rückhalt der Eltern und von der Lernbereitschaft der Kinder, und auch die beginnt mit einer Haltung, die früh gelernt werden muss: sich einbringen, dranbleiben und Verantwortung übernehmen.

Dieses Prinzip gilt auch weit über die Schule hinaus, in der Stadtentwicklung, in der Verkehrspolitik, im täglichen Miteinander.

Unsere Stadt wächst, wenn auch nicht mehr so schnell wie auch schon, und mit ihr wachsen die Anforderungen, aber auch die Herausforderungen. Neue Quartiere entstehen, Mobilität verändert sich, der Platz wird enger. Umso wichtiger ist es, dass wir mit Vernunft und Augenmass vorgehen.

Ein aktuelles Beispiel, das mich beschäftigt, weil es auch für Opfikon aktuell ist, ist die Parkraumbewirtschaftung. In benachbarten Städten und Gemeinden beobachtet man seit Jahren, wie Parkraum ideologisch abgebaut wird, mit Folgen: Insbesondere das lokale Gewerbe leidet darunter. Handwerker oder beispielsweise die Spitex können nicht mehr zu ihren Einsatzorten fahren. Es gibt Betriebe, die jährlich Hunderte, ja sogar ­Tausende Franken an Bussen hinnehmen müssen, weil sie am Einsatzort keine Parkmöglichkeiten finden. Das kann nicht der Weg sein, den wir einschlagen wollen. Wir in Opfikon brauchen keine Ideologien zu verfolgen und müssen nicht alles akzeptieren was vordiktiert wird, sondern wir wollen und brauchen pragmatische Lösungen. Ich bin für die Förderung des öffentlichen Verkehrs, aber auch für Respekt gegenüber den Bedürfnissen derer, die zur Ausführung ihrer Arbeit auf Parkmöglichkeiten angewiesen sind.

 

«Wir stehen schweizweit, aber auch in Opfikon, vor einer anderen grossen Herausforderung: dem Wohnungsmarkt. Die Mieten steigen, bezahlbarer Wohnraum wird knapp. Und viele fragen: Was macht die Politik dagegen?»

 

Unsere KMU, unser lokales Gewerbe, aber auch die internationalen Unternehmen mit Sitz in Opfikon sind das Rückgrat unserer wirtschaftlichen Stärke. Sie schaffen Arbeitsplätze, bilden aus, investieren, zahlen Steuern und leisten damit einen zentralen Beitrag zum Wohlstand, den wir in Opfikon und in der Schweiz ­geniessen dürfen. Ohne sie gäbe es keine stabilen Finanzen, keine neuen Schulen, kein Freizeitangebote und keine soziale Sicherheit. Es ist auch ihrem Beitrag zu verdanken, dass wir letztes Jahr den Steuerfuss in Opfikon stabil halten konnten, trotz grosser Investitionen und finanzieller Herausforderungen. Hierfür verdienen sie aber nicht nur grössten Dank, sondern auch klare politische Rahmenbedingungen: Planungssicherheit, Verlässlichkeit und weniger Bürokratie.

Gleichzeitig stehen wir schweizweit, aber auch in Opfikon, vor einer anderen grossen Herausforderung: dem Wohnungsmarkt. Die Mieten steigen, bezahlbarer Wohnraum wird knapp. Und viele fragen: Was macht die Politik dagegen? Meine Antwort: Die Politik muss ermöglichen, dass gebaut werden kann. Dass Investoren nicht abgeschreckt werden. Dass Verfahren beschleunigt und nicht endlos blockiert werden. Denn Wohnraum wird nicht billiger durch neue Auflagen und Vorschriften, sondern durch mehr Angebot.

Im selben Atemzug müssen wir über Zuwanderung sprechen. Die Schweiz ist ein weltoffenes Land, aber wir sind auch ein dicht besiedeltes Land mit begrenzten Ressourcen. Deshalb braucht es eine Zuwanderungspolitik, die sich am realen Bedarf orientiert nicht an Wunschvor­stellungen. Und es braucht Integration, die diesen Namen verdient. Integration heisst nicht, dass man alles übernimmt, wie man es aus der Heimat kennt, sondern dass man bereit ist, sich anzupassen, mitzumachen, anzupacken und sich einzubringen.

Und auch beim Thema Klima sind wir gefordert, aber bitte mit Vernunft und nicht mit ideologischem Eifer. Niemand bestreitet, dass sich unser Klima verändert, und niemand will die Verantwortung abschieben. Wir müssen aber realistisch bleiben: Die Schweiz wird das Weltklima nicht allein retten können. Was wir tun können und bereits tun: Vorbild sein, durch Technologie, durch Innovation, durch Anreize und durch Eigenverantwortung. Wir sollten nicht Flugreisen verbieten, Fleischkonsum verteufeln oder Strassen blockieren. Das erzeugt keine Einsicht, sondern Ablehnung. Was wir brauchen, ist eine Politik mit Augenmass. Eine, die Lösungen fördert statt Haltungen aufzwingt. Und auch hier gilt: Verantwortung beginnt bei uns selbst.

Verantwortung, das ist überhaupt das zentrale Stichwort meiner Rede. Und sie beginnt nicht in Bundesbern. Sie beginnt hier, in der Gemeinde, im Quartier, in der Nachbarschaft. Wir alle sind Teil dieses Landes und wir alle tragen Verantwortung dafür, wie es uns heute und in Zukunft geht.

Gerade deshalb finde ich es schade, wenn gewisse Traditionen verloren gehen, nicht weil sie veraltet wären, sondern weil niemand mehr da ist, der sie trägt. Bleiben wir nur mal bei den 1.‑August-Feiern. Immer mehr Gemeinden verzichten darauf nicht, weil sie kein schönes Fest durchführen möchten, sondern aus Mangel an Freiwilligen. Dieses Jahr sind gemäss den Tagesmedien wieder ein paar Gemeinden in der Schweiz dazugekommen, die keine 1.‑August-Feier durchführen. Diese Entwicklung stimmt mich nachdenklich. Denn ohne freiwilliges Engagement gibt es nicht nur keine Feste, sondern auch kein Vereinsleben, kein Quartierleben, keine Gemeinschaft. Deshalb: Ein grosses DANKESCHÖN an alle, die heute arbeiten und mithelfen, sei dies bei der Organisation, beim Aufbau, am Grill, bei der Technik, beim Lampion­umzug oder sonst wo. Ich hoffe, ihr habt heute auch die Gelegenheit, euch zu verpflegen und mit uns gemeinsam anzustossen. Ihr habt es euch mehr als verdient! Und damit noch ein Wort zum Feiern, genauer gesagt zum Feuerwerk. Ein aktuell heiss diskutiertes Thema in den Tagesmedien, welches bereits nächstes Jahr im Juni vors Volk kommen könnte. Ja, es kann laut und störend sein. Ja, es kann auch gefährlich sein, wenn man nicht richtig damit umgeht. Und ja, es ist nicht für alle angenehm, besonders Tiere leiden darunter. Ich bin ein grosser Tierfreund. Aber ich finde: An zwei Abenden im Jahr, am 1. August und an Silvester, darf es auch mal knallen und etwas lauter sein als sonst. Es ist ein Teil unserer Tradition, Ausdruck von Freude und Feststimmung. Natürlich alles mit Rücksicht und mit Mass, denn wir wollen bei uns in der Schweiz keine Bilder von Schlachten zwischen Jugendlichen und Rettungskräften, wie wir sie jüngst aus Deutschland gesehen haben, sehen. Wir sollten aber damit aufhören, alles verbieten zu wollen. Ich frage mich: Welcher Teil der Tradition fällt als Nächstes einem Verbot zum Opfer? Das Höhenfeuer? Wir müssen mehr auf Dialog setzten, statt alles mit Verboten zu regeln. Auch das ist Eigenverantwortung, auch das ist Schweiz!

Und nun, wie eingangs meiner Rede erwähnt, noch ein kurzer geschichtlicher Rückblick. Vor genau 734 Jahren schlossen sich drei Talschaften zusammen. Sie wollten sich nicht länger fremdbestimmen lassen. Sie wollten gemeinsam für ihre Freiheit einstehen. Sie schworen sich Treue, nicht weil sie gleich waren, sondern weil sie zusammen stärker waren. Dieser Geist trägt uns bis heute. In unserem Föderalismus, in unserer direkten Demokratie, in unserer Streitkultur. In unserer Fähigkeit, Kompromisse zu finden, ohne unsere Grundwerte zu ver­raten.

Freiheit. Eigenverantwortung. Solidarität. Das sind nicht einfach nur Worte, es sind Pfeiler unserer Eidgenossenschaft. Und sie müssen gepflegt werden, jeden Tag, von uns allen gleichermassen.

Mit diesen abschliessenden Worten wünsche ich Ihnen, liebe Gäste, einen wunderschönen 1. August, mit dem traditionellen Höhenfeuer, mit Lampions, mit guten Gesprächen, mit Gemeinschaft und mit einem Lächeln und Funken im Herzen. Für unsere Stadt Opfikon. Für die Schweiz. Für alles, was wir noch gemeinsam erreichen können und wollen.

Vielen herzlichen Dank für eure Aufmerksamkeit und PROSCHT MITENAND!

Dario Petrovic, Gemeinderatspräsident Opfikon