Sauberes Wasser für weitere 25 Jahre

Roger Suter

In den letzten acht Jahren wurde die Kläranlage von Kloten, Opfikon und dem Flughafen umfassend umgebaut und erweitert. So soll der hochmoderne Betrieb bis mindestens 2040 dafür sorgen, dass sauberes Wasser in die Glatt fliesst. Am Samstag, 6. September, kann man dabei zusehen.

Dank Kläranlagen sind unsere Flüsse nicht zu stinkenden Kloaken geworden, wie dies etwa in Grossbritannien oder Frankreich geschehen ist. Allerdings braucht es dafür immer aufwendigere Technik. Am 23. August 2017 begann man mit der Modernisierung der Abwasserreinigungsanlage Kloten Opfikon (AKO), die 1962 erstellt und in den 1990ern erweitert worden war. Rund 5 Jahre später als geplant – wegen der Pandemie, aber auch, weil man ein neues Reinigungssystem testen wollte – wird sie nun am 6. September vorgestellt. 

Investiert haben die drei Partner – die Städte Kloten und Opfikon und der Flughafen – rund 108 Millionen Franken.  Die ganzen Arbeiten wurden unter Betrieb ausgeführt, weil man eine Kläranlage mangels Ersatz nicht einfach abstellen kann. «Wir mussten auch die vorgegebenen Grenzwerte immer einhalten», betont Betriebsleiter Michael Kasper. Er steht in jenem Raum, wo zuhanden des Kantons täglich automatisch aus allen Zuleitungen Proben entnommen und alle fünf Tage verschiedene Werte gemessen werden. Eine Anzeige in Echtzeit bildet auch die aktuellen Werte ab. «Freitags, wenn in der Industrie gereinigt wird, sind die pH-Werte höher.» (Seifenlauge macht das Wasser alkalisch, chemisch das Gegenteil von sauer, Anm. d. Red.).

Ausgelegt ist die neue Anlage für 125 000 Einwohnerwerte, die gemäss Planung etwa 2040 erreicht werden könnten. Die alte Anlage war für 54  000 Einwohnerwerte (eine Mischrechnung von tatsächlichen Menschen sowie dem Gewerbe) konzipiert. Doch bereits vor dem Ausbau reinigte die AKO über 80 000 Einheiten; derzeit sind es knapp 90  000. «Interessant ist, dass die Abwassermenge einschliesslich Regenwasser seit Jahren mehr oder weniger konstant bei 6 bis 7  Millionen Kubikmetern pro Jahr liegt», resümiert Kasper. «Zugenommen haben die Schmutzfrachten.» Auch deshalb, weil bei Neubauten vermehrt Trennsysteme zur Anwendung kommen – und vielleicht auch, weil die Leute eher Wasser sparen.

Die Vorreinigung fürs Grobe  …

Ein Rundgang zeigt, wie aus Abwasser wieder sauberes Flusswasser wird. In der Vorreinigung fliessen die Abwässer von Kloten und dem Flughafen sowie Opfikon zusammen. Dabei wird separat gemessen, wie viel Schmutzstoffe so angeliefert werden, und die Kosten für die Reinigung entsprechend unter den drei Teilhabern aufgeteilt. Über drei Schneckengetriebe wird die braune Brühe sechs Meter nach oben geführt, wo sie selbstständig durch die Vorreinigung läuft.  Grobe, schwere Schmutzstoffe werden mittels eines Rechens entfernt, das Rechengut wird ausgequetscht und der Rest in die Kehrichtverbrennung geführt. Sand setzt sich ­danach im Sandfang ab und obenauf schwimmende Fette werden abgeschöpft.

In einem nächsten Becken, wo das Wasser sehr langsam fliesst, senken sich weitere Schwebestoffe ab und werden als Schlamm mit einem «Räumer» weggeschoben sowie letzte Fette entfernt.. In der ganzen neuen Vorreinigung, die bereits 2019 fertiggestellt wurde, wird ständig Luft abgesaugt, gewaschen, biologisch gereinigt und danach  – nun nahezu geruchsfrei – übers Dach abgeleitet.

…    Ozon gegen winzig Kleines   …

Nach der Vorreinigung finden sich im Abwasser nur noch gelöste Stoffe. «Jetzt kommt die Chemie zum Zug», so Kasper. In einer ebenfalls neuen Anlage werden nach der biologischen Reinigung Bläschen des Gases Ozon (das die AKO vor Ort mit Reinsauerstoff selber herstellt) unten ins Abwasser geblasen. Das aggressive, giftige Gas aus drei Sauerstoffatomen (chemisch O3, das stärkste bekannte Oxidationsmittel) zerstört in einem geschlossenen und überwachten System die Mikroverunreinigungen im Abwasser. «Wir reden hier von kleinsten Mengen, also Nanogramm (0,00000000X g), an Medikamentenrückständen, Pestiziden oder Haushaltschemikalien.» Diese Reinigungsstufe sei eine Auflage des Kantons, erklärt Kasper. «Sie schützt etwa die Fische unterhalb einer Kläranlage davor, hormonell immer weiblicher zu werden.»

…     Mikroorganismen für den Rest

Dann ist die Biologie an der Reihe: Mikroorganismen in den Biologiebecken bauen die organischen Stoffe im Abwasser ab. In vier Reaktorbecken mit einem Volumen von 20 000 Kubikmetern, was acht olympischen Schwimmbecken entspricht, wird das Abwasser von unten durch den Schlamm gepumpt. Danach sorgen Luftblasen dafür, dass die Bakterien mit Sauerstoff versorgt werden und «arbeiten» können.

Sind die Stoffe nach 4 bis 6 Stunden abgebaut, setzt sich der Schlamm mit den Bakterien wieder ab und oben läuft das saubere Wasser ab. Das neu eingesetzte «Nereda»-Verfahren hat zudem den Vorteil, dass die Bakterien nicht nur lockere Flocken bilden, sondern vor allem linsengrosse Kügelchen. An deren Oberfläche laufen die Reaktionen ab, die Sauerstoff benötigen; im Innern jene ohne. Für sauberes Wasser ist beides nötig. Jedes Kügelchen ist also eine Art Minikläranlage. «Früher musste man in den Biologie­becken Kompartimente bilden, Abteile mit und ohne Sauerstoff», erklärt Kasper den Vorzug der neuen Methode. «Nun geht das alles im gleichen Gefäss.»

Da die Menge an Bakterien und damit die Schlammmenge wächst, wird dieser als Überschussschlamm abgezogen. Dieser Klärschlamm, der zu 97 Prozent aus Wasser besteht, wird in zwei runden Faultürmen bei 38 Grad unter Luftausschluss weiterbehandelt; mit dem entstehenden, brennbaren Klärgas deckt die AKO seit jeher einen Teil ihres Energiebedarfs. Der kleine Rest wird entwässert und in der Zürcher Kläranlage Werdhölzli verbrannt.

Aufgrund verschärfter Einleitbedingungen durch den Kanton wird das gereinigte Abwasser, bevor es in die Glatt entlassen wird, noch filtriert, damit die letzten Feststoffe entfernt werden.

Mehr Leistung auf gleicher Fläche

«Die Grundfläche der AKO ist noch dieselbe wie 1962», versichert Betriebsleiter Kasper. «Das neue Gebäude der Vorreinigung wurde als einziges auf einem noch freien Platz erstellt», erläutert er. Alle anderen Anlagen wurden grösstenteils anstelle bestehender errichtet. Deshalb gibt es dazwischen noch immer Platz für die Natur, etwa die Schwalben (siehe Box).

Der ganze Betrieb läuft dabei vollautomatisch ab. Insgesamt neun (statt früher sieben) Klärwärter und -meister – es sind ausgebildete Sanitärinstallateure, Elektriker und Mechaniker, aber auch Zimmerleute mit entsprechender Weiterbildung beim Verband Schweizer Abwasser- und Gewässerschutzfachleute (VSA) – überwachen den Betrieb, greifen bei Bedarf ein und leisten Pikettdienst rund um die Uhr.

«Alarme, bei denen jemand herkommen muss, verzeichnen wir etwa sieben im Jahr», erläutert Kasper. Darunter sind auch kurze Stromausfälle; danach muss man etliche Meldungen des Systems quittieren. Für längere Stromausfälle verfügt die neue AKO über eine Notstromanlage mit Dieselgenerator, welche die komplette Kläranlage versorgen kann. Die frühere Notstromversorgung war nur darauf ausgelegt, die Vorreinigung in Betrieb zu halten.

Kein grosser Stromkunde

Trotz energiefressender Ozonproduktion (vergleichbar mit dem Energiebedarf von 110 Einfamilienhäusern) ist die AKO sehr sparsam unterwegs: Ein Viertel des benötigten Stromes kommt von eigenen Solaranlagen auf den Gebäuden der Vorreinigung und dem Personalgebäude sowie dem Solarfaltdach über den Biologie­becken. Und sogar 50 Prozent liefert das brennbare Klärgas, das beim Faulprozess des Schlammes anfällt und schon vor dieser Erweiterung in Blockheizkraftwerken ebenfalls zu Strom gemacht wurde. Unter dem Strich versorgt sich die AKO heute zu drei Vierteln selber mit Strom.

 

Tag der offenen Tür

Am Samstag, 6. September, von 10 bis 16 Uhr öffnet die AKO an der Rohrstrasse 49 ihre Tore. Interessierte können Anlage und Prozesse – welche für Umwelt und Lebensqualität unverzichtbar sind – auf einem beschilderten Rundgang kennenlernen.

Ausser neuer Technik gibt es auf dem Gelände eine 4000 Quadratmeter grosse Naturoase für Insekten, Reptilien und heimische Wildpflanzen zu entdecken. Kinder können sich im «Gumpi-Zelt» austoben oder auf dem Bungee-Trampolin ihre Sprünge wagen. Essen und Trinken ist ebenfalls vorhanden.