Noch immer grosses Aufrüsten bei den Mobilfunkantennen
Derzeit werden auch in Opfikon die Handyantennen auf 5G umgerüstet. Das wird in den Baugesuchen aber keineswegs klar. Da ist lediglich von einem Korrekturfaktor die Rede – was nicht gerade Vertrauen schafft.
Wir alle nutzen sie, wir alle sind froh über sie, und wir alle beachten sie kaum: Handyantennen. Sie strahlen von Wohnhäusern, Mehrzweckgebäuden oder Hügeln – bislang mit der 4G-Technik. Vor vier Jahren wollten die Telekomanbieter sie auf die 5G-Technik erweitern. Eine Bewilligung sollte dafür nicht nötig sein. Dies hatte der Bundesrat in einer Verordnung festgelegt. Seine Begründung: Es handle sich um keine Änderung. Das sah das Bundesgericht 2023 aber ganz anders. Es musste über einen Fall der Gemeinde Wil SG entscheiden, die von der Swisscom eine Baubewilligung verlangte. Die Bundesrichter pfiffen den Bundesrat zurück und verlangten eine ordentliche Ausschreibung, weshalb landauf, landab nun nachträglich Bauausschreibungen publiziert werden, rund 3000 an der Zahl – auch in Kloten.
Doch diese zu erkennen, ist gar nicht einfach. Denn darin ist weder von einer Aufrüstung auf die 5G-Technik noch von einer Erhöhung der Strahlung die Rede. Die Branche spricht lieber von einem Korrekturfaktor. Im Baugesuch zur Handyantenne an der Rohrstrasse 44, das noch genau bis heute, 30. Juli, auf dem Bauamt aufliegt, heisst es knapp: «Nachträgliche Bewilligung Korrekturfaktor Mobilfunkantenne». Aber auch wer sich die Mühe macht, das Baugesuch anzuschauen, wird nicht viel schlauer. Ein Elektrotechnikstudium ist Voraussetzung, um die zahlreichen Berechnungen, Erläuterungen und Tabellen zu verstehen.
Grenzwerte anders definiert
Grundsätzlich geht es um adaptive Antennen. Sie können ihre Senderichtung und Abstrahlung in kurzen zeitlichen Abständen ohne Veränderung der Montagerichtung anpassen. Zudem, und das ist der springende Punkt: Eine adaptive Antenne strahlt mit einer gewissen Leistung und bewegt sich innerhalb des Grenzwertes. Zu Spitzenzeiten kann sie unter Anwendung des Korrekturfaktors aber deutlich stärker senden. Dabei kommt es zu Grenzwertüberschreitungen. Im Extremfall seien 16 Volt pro Meter anstelle der erlaubten 5 Volt pro Meter möglich, schreibt der Verein Schutz vor Strahlung. Erlaubt sind die Grenzwertüberschreitungen nur deshalb, weil der Grenzwert lediglich im Durchschnitt eingehalten werden muss. Damit die Grenzwertüberschreitungen nur während einer kurzen Zeit möglich sind, müssen adaptive Antennen mit einer automatischen Leistungsbegrenzung ausgestattet werden. Diese sorgt dafür, dass die für die Berechnung verwendete Sendeleistung gemittelt über eine Zeitspanne von 6 Minuten nicht überschritten wird.
Ein Blick in die Baugesuche zeigt: Laufend werden die Sendeanlagen über den Korrekturfaktor «aufgerüstet». Dagegen hat sich breiter Widerstand formiert. Im Kanton Zürich gibt es bereits 24 lokale Gruppen und Organisationen, die sich gegen den 5G-Ausbau wehren. SP-Gemeinderat Thomas Wepf wollte bereits 2019 wissen, wie es um die 5G-Antennen in Opfikon bestellt ist. Damals waren es 30, heute sind es gegen 40 Antennen.
Genau hinzuschauen ist denn auch nicht falsch. Denn die Betreiber von Mobilfunkanlagen nehmen es nicht immer so genau. Dies zeigen Vor-Ort-Kontrollen durch die Zürcher Baudirektion. Sie liess im Oktober 2023 18 Antennenanlagen mit je zwei bis drei Betreibern über das ganze Kantonsgebiet verteilt kontrollieren. Darauf waren 42 Basisstationen mit insgesamt 156 Antennen montiert. Fazit: Ein nennenswerter Teil (29 Prozent) der Anlagen wich von den bewilligten Daten ab (Azimut, Antennenhöhe, mechanischer Neigungswinkel).
Erfreulich dagegen: Bei allen Mobilfunkanlagen sei «sowohl der vorsorgliche Anlagegrenzwert der NIS-Verordnung rechnerisch eingehalten». Ebenso sei der über den «Immissionsgrenzwert geregelte Bevölkerungsschutz zu jeder Zeit gewährleistet» gewesen, schreibt die Zürcher Baudirektion im Kontrollbericht.
Der Korrekturfaktor wurde mit der neuen Mobilfunkgeneration 5G eingeführt. Im Gegensatz zu den älteren Mobilfunktechniken, deren Antennen einfach im Kreis senden, können 5G-Antennen ihren Sendestrahl auf die Handynutzer ausrichten und andere Bereiche unbestrahlt lassen.