Ist dies das Aus für die Glattalautobahn?

Markus Lorbe

Wenn es nach dem ETH-Gutachten «Verkehr 45», welches im Auftrag des Bundes erstellt wurde, geht, verkommt die Glattalautobahn definitiv zur Planungsleiche.

Wer unterwegs ist, merkt es überdeutlich: Die Verkehrsinfrastruktur in der Schweiz muss weiter ausgebaut werden, sonst droht auf Schiene und Strasse der Kollaps. Der Ausbau ist jedoch teuer: Im Bahnbereich verursachen die geplanten Projekte Mehrkosten von rund 14 Milliarden Franken, sofern der Bund keine Massnahmen ergreift. Im Strassenbereich hat die Bevölkerung den letzten Ausbauschritt an der Urne abgelehnt.

Vor diesem Hintergrund hat das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Uvek) die ETH Zürich mit einer unabhängigen Priorisierung der Ausbauprojekte bis 2045 beauftragt. Verantwortlich für die Arbeiten war Ulrich Weidmann, Professor für Verkehrssysteme und Vizepräsident der ETH Zürich. Vergangene Woche wurden nun dessen Auslegeordnung vorgestellt.

Für das mittlere Glattal ist dabei von Bedeutung: Weidmann und sein Team wollen auf den Bau der geplanten Glattal­autobahn ganz verzichten. Dieses Autobahnteilstück hätte als Bypass zur Ent­lastung der A1 beitragen sollen. Denn die  A1 zwischen den Verzweigungen Zürich-Nord und Brüttisellen ist mit durchschnittlich über 140 000 Fahrzeugen pro Tag einer der am stärksten belasteten Autobahnabschnitte der Schweiz – mit entsprechend häufigen Staus.

Sehr teures Projekt

Die Glattalautobahn hätte zwischen der Verzweigung Zürich-Nord und einer neuen Verzweigung bei Baltenswil zu liegen kommen sollen. Dieses neue, rund neun Kilometer lange Autobahnteilstück mit vier Fahrstreifen, zwei in jede Richtung, sollte mehrheitlich unterirdisch durch den zu bauenden Tunnel Hard geführt werden und zu einer Entflechtung des Transit- und des Regionalverkehrs im mittleren Glattal beitragen. Die westliche Tunneleinfahrt war auf dem offenen Feld neben der Weststrasse nach Wallisellen geplant, unweit der Opfiker Stadtgrenze.

Im Sommer 2021 führte das Bundesamt für Strassen (Astra) mehrere Sondierbohrungen bis zu 80 Metern Tiefe in den Gemeinden Opfikon, Wallisellen, Dietlikon, Bassersdorf und Wangen-Brüttisellen durch, um die mögliche Streckenführung  – insbesondere des Tunnels Hard – auszuloten. In Bern schätzte man die ­Kosten für die Glattalautobahn auf mindestens vier Milliarden Franken. Deutlich günstiger und rascher realisierbar dürfte eine andere Massnahme sein, um den Verkehr auf der A1 vor dem Glattzentrum flüssig zu halten: die Umnutzung der Pannenstreifen in beiden Richtungen als jeweils zusätzliche Fahrspur. Wann das Geld hierfür gesprochen wird und wann die Realisierung erfolgt, steht allerdings noch nicht fest.

Das ETH-Gutachten ist freilich nur eine Empfehlung. Entscheiden wird das Parlament in Bern wahrscheinlich im Jahr 2027, allenfalls dann, bei einem Referendum, das Volk über die Ausbauprojekte. Immerhin wird der Ausbau der Glattalbahn weiter priorisiert.