Ein «Pflästerli» für Opfikon – und nun eines für Schwamendingen
Das Quartier Schwamendingen hat am Wochenende seine Wiedervereinigung gefeiert. Auch Opfikon und Glattbrugg waren einst durch eine Verkehrsschlucht getrennt.
Wenige kennen ihre technische Bezeichnung: A1L. Aber die meisten haben sie schon befahren, und viele hörten sie täglich, die Autobahn vom Norden in die Stadt Zürich – und mitten durch die «Gartenstadt Schwamendingen», wie das Stadtrandquartier von manchen etwas schönfärberisch genannt wurde. Jahrelang kämpfte die Bevölkerung dafür, dass etwas gegen den Lärm unternommen wurde (siehe Artikel auf Seite 7)
Wie eine Schneise zog sich einst auch die Flughafenautobahn mitten durch Opfikon. Die Autobahn N11 (inzwischen A11) wurde in den 1960er-Jahren als Flughafenzufahrt gebaut. Dies durchaus auch auf Wunsch Opfikons, wie der «Stadt-Anzeiger» bereits 1959 gemahnt hatte: «Sofort begonnen werden muss auch mit dem Ausbau der Zufahrt zum Flughafen. Der Verkehr bringt auf der Schaffhauserstrasse Spitzen bis zu 1400 Motorfahrzeugen in der Stunde in beiden Richtungen, womit die Aufnahmefähigkeit erschöpft ist und bei noch stärkerer Belastung zu einem Zusammenbruch des Verkehrs führen kann.» Zum Vergleich: 2024 waren es über 10 600. Gemäss dem Opfiker Neujahrsblatt 2005 zum Thema Autobahndeckel – symbolisiert durch ein Heftpflaster – kam der Bau der N11 zudem dem Anliegen der Stadt, die Thurgauerstrasse auszubauen, entgegen, und er wurde von der Bevölkerung mit Begeisterung und einem Volksfest zur Eröffnung angenommen – dem «Opfiker Strassen- und Brückenfest».
Die Probleme dieser innerstädtischen Autobahn durch Lärm und Abgase erkannte man erst sehr viel später: 1983 lag der gemessene Lärmpegel an der Wallisellerstrasse über dem Alarmwert von 70 Dezibel. Im Schnitt zogen die Mieter nach weniger als sechs Monaten wieder weg. Nach der Autobahn-Euphorie in den Jahrzehnten davor waren 1987 beim Bundesamt für Strassenbau schweizweit über 30 weitere Überdeckungsvorhaben an Nationalstrassen pendent.
Lärm und Trennung
Neben dem Lärm bewegte auch die Trennung der beiden Ortsteile Opfikon und Glattbrugg, heute kaum noch vorstellbar, die Gemüter. Und weil sich diese mit Lärmschutzwänden nicht aufheben liess, dachte man hier schon bald an eine Überdeckung, auf der man sogar bauen könnte. Am 12. August 1999 teilte der Stadtrat mit: «Dass die Autobahn in vier bis fünf Jahren überdeckt sein wird und die beiden Ortsteile Opfikon und Glattbrugg örtlich vereint werden, scheint greifbar. Der Zürcher Regierungsrat bewilligt 124 Millionen Franken für die Realisierung der circa 600 Meter langen Überdeckung.» Der Bund übernehme einen Kostenanteil von rund 99 Millionen Franken, 10 Millionen fielen dem Kanton Zürich zu, und 15 Millionen trage die Stadt Opfikon bei. «Somit ist die Finanzierung des Bauwerks gesichert.»
Lieber Autobahn- oder Fluglärm?
Hauptgrund für die grosse Investition war natürlich der Autobahnlärm. Eine Umfrage, welche die kantonale Fachstelle für Lärmschutz bei Anwohnern der Wallisellerstrasse durchführte, förderte aber Überraschendes zutage: Vor Baubeginn störten sie sich viel mehr am Fluglärm; an jenen der Autobahn hatten sie sich gewöhnt. Im Oktober 2001, vier Monate nach Baubeginn, beklagten sich die Menschen hingegen über den Autolärm, da dieser nun wegen der gerodeten Bäume ungehindert zu ihren Häusern drang. Auch der Baulärm – es mussten 464 Betonpfähle in den sandigen und daher instabilen Boden getrieben werden – war ein Ärgernis.
Im Juli 2003 überwog dann die Vorfreude auf den zukünftigen Deckel. Einen Wegzug zog trotz Kopfschmerzen niemand in ernsthafte Erwägung. Am 27. Januar 2005 schliesslich verkündete der Stadtrat: «Die Oberflächengestaltung der neuen Parkanlage auf der Autobahnüberdeckung ist grösstenteils fertiggestellt.» Die Wiese wurde wegen des nassen Herbstes erst im Frühling angesät. Im September 2005 wurde in Opfikon wieder gefeiert – diesmal mit einem «Deckelfest».
Im Gegensatz zu Schwamendingen, das nun von hohen Wänden durchquert ist, wurden in Opfikon die Gräben zu den Nachbarhäusern zugeschüttet und eine einigermassen fliessende Böschung gestaltet. Auf dem Deckel wachsen Wiesen und inzwischen stattliche Alleebäume, die sich im Herbst unterschiedlich verfärben, es hat Spiel- und Sportplätze, und jedes Jahr findet hier eine Chilbi statt.
Glattpark: Verpasste Chance?
Eine weitere Autobahnüberdeckung hat schon 2007 den Graben zwischen Glattbrugg und dem Oberhauserriet (dem heutigen Glattpark) geschlossen: Der Stelzentunnel deckt die N20 (die heutige Nordumfahrung Zürich) auf einer Länge von 380 Metern zu, von den unterquerten Bahngleisen Richtung Oerlikon bis etwas östlich der Thurgauerstrasse. Der neu geschaffene Platz wurde in erster Linie wieder für Verkehr genutzt: Ein Parkplatz, die Thurgauer- und die Voisin-Strasse sowie die Glattalbahn führen darüber.
Hätte man diesen Deckel damals schon bis zur Zunstrasse weitergebaut, wäre nicht nur der massive Lärmschutzwall im Opfikerpark überflüssig gewesen, es hätten sich auch die Quartiere Böschenwiesen und Glattpark verbinden lassen. Auch eine Verlängerung nach Westen war 1985 ein Thema, weil die Überbauung Hohenstieglen von lärmgeplagten und deshalb unzufriedenen Mietern nur als «Durchgangsheim» genutzt wurde. Schliesslich musste eine (wesentlich günstigere) Lärmschutzwand Abhilfe schaffen.
Auch Bahn erhielt Deckel
In Opfikon wurden übrigens nicht nur Autobahnen überdeckt: Ende der 1970er-Jahre bauten die SBB die Flughafenlinie, und Opfikon wünschte sich eine eigene Haltestelle an der Strecke nach Winterthur. Deshalb musste es die Mehrkosten von insgesamt 8,4 Millionen Franken selber tragen. Das Geld wurde wohl unter anderem deshalb bewilligt, weil es nicht für die U-Bahn zwischen Zürich und Flughafen gebraucht wurde, die in Opfikon einen Betriebshof vorgesehen hatte. Für eine solche hatten die Opfiker 9,4 Millionen Franken beiseitegelegt – doch die Mehrheit im Kanton lehnte die unterirdische Bahn ab. Durch den «Bahnhofdeckel», der erst viele Jahre später den offiziellen Namen Bruggackerpark erhielt, kam die Stadt zu 6000 Quadratmetern Fläche. Sie kann zwar nicht bebaut werden, dient aber als zentraler Grünraum mit Spielplatz und Brunnen – wie in Schwamendingen, aber kleiner.
Zu den Opfiker Neujahrsblättern.