Der Traum eines eigenen Steinway-Flügels
Während andere Jugendliche für ihren Führerschein oder ein Jahr in Australien sparen, verfolgt der 18-jährige Tarek Schütz ein anderes Ziel: einen Konzertflügel.
Nicht irgendeinen, sondern einen Steinway D-274, ein Instrument, das in den grossen Konzertsälen der Welt zum Einsatz kommt. Dass ein solches Instrument teuer ist, weiss er. Dass es notwendig ist, um sich als angehender Konzertpianist zu entwickeln, weiss er ebenso. «Man kann seinem Spiel viel mehr Ausdruck verleihen», so Tarek.
Der junge Musiker aus Opfikon ist bereit, viel zu investieren – Zeit, Energie und Kreativität. Mehr als 22 000 Franken hat er bereits über eine Crowdfunding-Kampagne gesammelt, durch Auftritte, Flyeraktionen und Spenden. Der Preis des gebrauchten Flügels liegt bei 63 000 Franken – vergünstigt, weil der Verkäufer seine Ambitionen unterstützt. Zum Vergleich: Ein neues Modell desselben Typs kostet rund viermal so viel. Mitte Juni werde das Instrument geliefert.
Tarek begann nicht als sogenanntes Wunderkind, sondern eher unauffällig. Seine ersten Berührungspunkte mit dem Klavier hatte er an einem Tag der offenen Tür in der Musikschule – da war er im zweiten Kindergarten. Früh sei einem Lehrer aufgefallen, dass er über eine besondere musikalische Begabung verfüge, so der heute 19-jährige Opfiker, der parallel zur Musik eine Informatikmittelschule absolviert und noch in der Jubla aktiv ist.
Dennoch war der Weg nicht vorgezeichnet. Lange wurde er ausserhalb spezieller Förderprogramme unterrichtet, entwickelte sich im Rahmen des Musikschulunterrichts. Der entscheidende Impuls kam vom Vater, der beim Konservatorium Winterthur anrief. Die erste Reaktion dort war skeptisch. Doch ein Vorspielen überzeugte die Leitung von Tarek. Kurz darauf wurde er ins Förderprogramm des Kantons Zürich aufgenommen. Heute studiert er im Pre-College des Konservatoriums Winterthur und bereitet sich auf die Aufnahmeprüfungen für ein klassisches Musikstudium an der ZHdK (Zürcher Hochschule der Künste) vor.
Bis sechs Stunden üben pro Tag
Der Berufswunsch Konzertpianist ist für Tarek kein spontaner Einfall, sondern das Ergebnis von Überzeugung und Planung. Er weiss um die Herausforderungen – künstlerisch wie wirtschaftlich. «Die Konkurrenz ist natürlich riesig», sagt er. Sein Übungspensum liegt bei rund vier bis sechs Stunden täglich. Dass Musik mehr als Technik ist, wird im Gespräch mit Tarek schnell klar. Er denkt nicht nur in Tönen, sondern auch in Strukturen, Farben, Spannungsverläufen. Es gibt auch Tage, an denen er mal weniger Lust zum Spielen habe. «Dass ich aber gar nicht spiele, kommt so gut wie nie vor», so der angehende Pianist. Zu hören war er etwa an der «Gemeinsamen Weihnacht mit Herz» in Opfikon.
Neben Freunden und Lehrpersonen unterstützen vor allem seine Eltern seinen Weg – auch finanziell. Der Sparbetrag, der ursprünglich für ein Auslandsjahr vorgesehen war, wird nun ebenfalls in den Flügel investiert. Ausserdem ist er zusammen mit anderen Pre-College-Studierenden im Juni im Konzertsaal des Konservatoriums Winterthur aufgetreten. Für ihn war es aber mehr als nur ein Konzert, sondern eine Gelegenheit, weitere Unterstützerinnen und Unterstützer zu gewinnen – und das Vertrauen in sein Können mit Musik zu bestätigen.
Weitere Informationen: www.lokalhelden.ch/tarek-fluegel