«Diese Erlebnisse begeisterten mich»
Die Klotenerin Liliana Bento Lopes wirkte an der Uefa Women’s Euro 2025 als freiwillige Helferin. «Es ist hier ein riesiger Frauenfussball-Boom entstanden», findet sie. Besonders schön sei es, so viele Familien und Kinder im Stadion zu haben.
Als «friedliche Festspiele für die ganze Familie» wird die Frauenfussball-Europameisterschaft in der Schweiz wahrgenommen. Die am kommenden Sonntag mit dem Final zu Ende gehende Uefa Women’s Euro 2025 (WEURO) verzeichnete eine Rekordzuschauer-Resonanz.
Und vor allem: Es gab keine Gewalttätigkeiten unter den Fans, keinen Vandalismus und kein Abbrennen von Leuchtpetarden. Einfach nur gute Stimmung und immer wieder fröhliche Gesichter auf den Zuschauerrängen. Der rekordhohe Frauen- und Familienanteil zeichnete dafür verantwortlich, dass diese EM im Zeichen der Herzlichkeit stand.
Im Hintergrund, aber gefühlsmässig dennoch mittendrin im lebhaften und stimmungsvollen Geschehen war die in Kloten wohnhafte Liliana Bento Lopes (32). Sie stand an der WEURO bei allen fünf Spielen im Zürcher Letzigrund-Stadion als freiwillige Helferin im Einsatz.
Bento Lopes war bei den drei Zürcher Vorrundenspielen (England – Frankreich, Niederlande – England und Schweden – Deutschland), dem Viertelfinal-Krimi mit Penaltyschiessen zwischen England und Schweden sowie zum Abschluss beim Halbfinal zwischen Deutschland und Spanien dabei (am Mittwochabend nach Redaktionsschluss). Die quirlige Portugiesin zeigt sich begeistert vom Erlebten und meint: «Es ist hier ein riesiger Frauenfussball-Boom entstanden durch die WEURO, so nehme ich das wahr. Und es waren so viele Familien und Kinder im Stadion. Das war wundervoll.»
Nach der Frauen-EM wird Bento Lopes «etwas vermissen» und wehmütig an die vielen positiven oder auch lustigen Begegnungen mit kleinen und grossen Fussball-Fans zurückdenken – ebenso an das Teamwork und den Austausch mit den anderen Volunteers.
«Ich bin eine FussballEnthusiastin, war auch schon oft bei Spielendes FC Zürich. Deshalb bewarb ich mich für diese Frauenfussball-EM.»
Bento Lopes hat selbst noch keine Kinder. Die ersten sechs Lebensjahre verbrachte sie in Zweisimmen, ehe sie mit den Eltern nach Portugal zurückkehrte. Seit gut zwei Jahren lebt sie wieder in der Schweiz. Sie arbeitet bei der ETH auf dem Hönggerberg als Wissenschafterin und Biologin in der medizinischen Hautforschung.
Im Interview mit dieser Zeitung spricht Bento Lopes über ihre Erfahrungen als freiwillige Helferin an der Frauenfussball-EM und darüber, wie «grossartig» es gewesen sei, ein Teil davon gewesen zu sein.
Was erlebten Sie als freiwillige Helferin bei den Spielen in Zürich?
Ich war beim Zuschauerservice tätig.Das war meine Rolle. Ich war innerhalb oder ausserhalb des Stadions beschäftigt, stimmte teilweise Fans ein wenig auf das Spiel ein, fragte sie, ob ich für sie Fotos machen solle. Oder ob sie Hilfe benötigten. Die Kids hatten riesige Freude daran, wenn sie abklatschen konnten. Ansonsten waren wir für Informationen ansprechbar. Beispielsweise wo sich die Toilette oder der Fanshop befindet. Oder wo kann im Stadion etwas gegessen werden. Oder ausserhalb des Stadions: Kann ich meine Wasser-PET-Flasche ins Stadion mitnehmen? Und nach dem Spiel ging es in erster Linie darum, auf die Zielstationen der öffentlichen Verkehrsmittel hinzuweisen. Also die Orientierung zu geben, welches Tram in den Hauptbahnhof fährt oder wo sich der unweit entfernte Bahnhof Hardbrücke befindet und so weiter und so fort.
Wann erfolgte die Einteilung der Aufgaben, und wie wurden Sie als Ansprechperson für Informationen erkannt?
Das war jeweils am Spieltag vor Ort der Fall. Wenn ich für die Informationen zuständig war, führte ich einen grossen Stoff-Lollipop als Erkennungszeichen mit mir.
Es kommen beziehungsweise kamen im Vergleich zu Männerspielen viel mehr Familien ins Stadion.
Es war schon eine komplett andere Fanschar als bei Männerspielen, das ist schon so. Vor allem gab es auch viele ganz junge Kinder, die eine Riesenfreude zeigten. Ich war auch schon oft bei Männerspielen. Es war hier aber ein komplett anderer Vibe. Und ich mag und mochte ihn enorm. Ich war selbst noch in meiner Freizeit an zusätzlichen Frauen-EM-Spielen hier als Zuschauerin. Dies, als Portugal in der Vorrunde dabei war und unter anderem in Bern und Sitten spielte. Leider gab es in Bern ein 0:5 gegen Spanien, und auch das Spiel gegen Belgien in Sitten wurde verloren. Ich ging mit Leuten hin, die sich eigentlich nicht für Fussball interessierten. Am Ende bedauerten sie es aber, nicht Tickets für weitere Spiele gekauft zu haben.
War dies Ihre erste Erfahrung als freiwillige Helferin?
Ja, das ist so. Ich bin eine Fussball-Enthusiastin, war auch schon oft bei Spielen des FC Zürich. Deshalb bewarb ich mich für diese Frauenfussball-EM. Und ich wollte auch etwas selbst dazu beitragen, den Frauenfussball zu fördern. Nun hat mir diese Tätigkeit so sehr gefallen, dass ich mir sehr gut vorstellen kann, als freiwillige Helferin auch in anderen Sportarten weiterzumachen. Die Interaktionen und Erlebnisse, die ich mit Fans und Zuschauern aus diversen Ländern verzeichnete, gaben mir viel, ja, sie entfachten meine Begeisterung. Jeder EM-Gast hatte eine andere persönliche Geschichte. Das war für mich alles enorm bereichernd. Ich möchte nun deshalb gerne weitere Erfahrungen sammeln. Ich plane, mich dafür im Swiss-Volunteers-System zu registrieren.
Gab es etwas, was Sie selbst überraschte und Ihnen deshalb besonders haften geblieben ist?
Von anderen freiwilligen Helfern war beeindruckend zu erfahren, dass beispielsweise sowohl der Ehemann als auch die Ehefrau als Volunteers wirkten. Das war wirklich speziell. Sie sagten beispielsweise, dass die Interaktionen mit den Besuchern sie hierherführten und dies ihnen guttäte. Man sollte es aber auch persönlich erlebt haben, um dies nachfühlen zu können. Und von Publikumsseite her sind mir die englischen Supporter als lustig in Erinnerung geblieben. Nach der Vorrundenniederlage gegen Frankreich fragten sie mich, ob wir nicht eine gute Stürmerin für England herbringen könnten. Schliesslich würden sie Tore benötigen.
Der Turnierslogan lautet «summit of emotions», Sie kennen einen noch treffenderen …
Für mich war es ein Gipfel der Freundschaft, also ein «summit of friendship». Das ist der beste Slogan für Fans und freiwillige Helfer aus meiner Sicht. Denn durch dieses Turnier sind sicher viele neue Freundschaften entstanden. Auch wir Volunteers vom Letzigrund werden uns wiedersehen. Ein entsprechender «Get-together-Event» ist für August geplant. Vielleicht wird er sogar mit allen Volunteers der acht Spielorte gemeinsam durchgeführt. Das weiss ich aber nicht.
Sie waren selbst aktive Fussballerin und galten als sehr talentiert.
Ich spielte in Portugal in einem Schülerteam und dann als Teenagerin für den Klub meiner Heimatstadt Mação, Associação Desportiva de Mação. Ich befand mich da an der Schwelle zur nationalen Auswahl und wurde auch zu einer entsprechenden Sichtung eingeladen, als ich durch zwei Kreuzbandrisse an beiden Knien zurückgebunden wurde. Zuerst im linken Knie mit 14 und danach mit 16 bei meiner Rückkehr im rechten Knie. Im Frauenfussball ist dies eine häufige schwere Verletzung. Ich denke, dass dies auch genetisch bedingt ist. Es war sehr hart für mich, aufhören zu müssen. Denn ich konnte beim Fussballspielen meine Leidenschaft ausleben. Ich wurde dann vermehrt Zuschauerin bei den Spielen, in Portugal bei Männerspielen, nun auch in Zürich beim FCZ. Diese EM der Frauen hat mich nun aber auch dahingehend inspiriert, selbst Coach zu werden. Ich habe mir vorgenommen, in naher Zukunft mit den entsprechenden Trainerkursen zu beginnen. Und dann zunächst mit Kindern zu arbeiten. Aber mit dem übergeordneten Ziel, den Frauenfussball weiter voranzubringen. Ich möchte einfach meine Passion mit der nächsten Generation teilen.
Zum Abschluss noch kurz zu einem anderen Thema: Wie lebt es sich für Sie in Kloten?
Ich mag die Stadt, sie ist gleich beim Flughafen. Und ich fühle mich an diesem Ort auch sehr heimisch, da die Menschen mir freundlich gesinnt sind. Und ja, ich besuchte letzte Saison auch zwei Heimspiele des populären EHC Kloten und war beeindruckt von der stimmungsvollen Ambiance im Stadion. Die Fans waren sehr leidenschaftlich. Das war ein tolles und cooles Erlebnis, auch wenn ich die Eishockeyspielregeln nicht genau kenne.