Sonnenschein für summende Gäste

Daria Semenova

Bei idealem Wetter ging es im Opfikerpark auf eine Entdeckungsreise, bei der die Wildbienen im Mittelpunkt standen.Die Teilnehmenden lernten, was sie tun können, um die kleinen Bestäuberinnen zu schützen und zu fördern.

Am Samstagmorgen versammelten sich Naturinteressierte im Opfikerpark, um mehr über die faszinierende Welt der Wildbienen zu erfahren. Das Wetter hätte nicht besser sein können: Die Sonne schien warm vom Himmel, und die Bienen waren emsig unterwegs – bei Regen wäre der Vormittag ins Wasser gefallen. «Wildbienen sind bei schlechtem Wetter kaum unterwegs», erklärte André Rey, Landschaftsarchitekt, Tierökologe und Präsident der IG Wilde Biene, der den Vortrag hielt.

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer kamen aus unterschiedlichen Gründen. Einige waren besonders professionell ausgerüstet und hatten einen Hintergrund in der Biologie, andere stiessen zufällig auf das Angebot und waren neugierig. Eine Besucherin reiste sogar extra aus Wallisellen an. Die Atmosphäre war entspannt, aber aufmerksam – kleine, interessierte Gruppen, die immer wieder bei den Biodiversitätsspaziergängen auftauchen, sind typisch für diese Veranstaltungen.

Zuhören und entdecken

Der Name «Spaziergang» war an diesem Vormittag etwas irreführend, denn die Gruppe bewegte sich kaum. Zuerst erläuterte André Rey die Vielfalt der Wildbienen in Zürich: Allein in der Stadt sind 216 Arten heimisch, von Bodennistern wie Sand- und Schmalbienen über Hohlraumbewohner wie Mauer- und Maskenbienen bis hin zu spezialisierten Arten wie der Efeu-Seidenbiene oder der Glockenblumen-Schmalbiene. Besonders spannend: Rund ein Viertel der Wildbienen sind Kuckucksbienen, Brutparasiten, die ihre Eier in fremde Nester legen – und die manchmal leicht mit Wespen verwechselt werden.

Wildbienen sind unverzichtbare Bestäuber: Sie sichern die Fortpflanzung vieler Wildpflanzen und tragen erheblich zur Landwirtschaft bei. Studien zeigen, dass beispielsweise für eine Hektare Apfelbäume einige hundert Mauerbienen ausreichen, während Zehntausende Honigbienen benötigt würden. «Nur was man kennt, kann man schützen», betonte Eva Bantelmann, Bereichsleiterin Umwelt bei der Stadt Opfikon und Organisatorin der Veranstaltung. Dieses Motto zog sich durch den ganzen Vormittag.

In Städten leben seltene Arten

Nach dem Vortrag wurde es interaktiv: Die Teilnehmenden durften Wildbienen vorsichtig fangen, in den Fanggläschen näher betrachten oder die mitgebrachten präparierten Wildbienen unter dem Binokular anschauen. Der Opfikerwall mit einigen sandigen Stellen und zahlreichen Wildblumen, die zu unterschiedlichen Zeiten blühen, boten einen anschaulichen Einblick in Nisthabitate und Nahrungspflanzen.

So konnten die Teilnehmenden hautnah erleben, wie vielseitig die Nist- und Lebensweisen der Bienen sind. Eine Besucherin, die bereits bei Fledermaus- und Biberspaziergängen teilgenommen hatte, schwärmte: «Es ist auch schön, immer wieder die gleichen Menschen zu treffen und gemeinsam verschiedene Tierarten neu zu entdecken.»

Wildbienen finden nicht nur in ländlichen Gärten und auf Wiesen Lebensräume – Städte spielen eine zunehmend wichtige Rolle. Urbane Flächen sind oft pestizidfrei, vielfältig strukturiert und bieten Nistmöglichkeiten sogar auf Balkonen oder kleinen Grünflächen. Hier können seltene Arten überleben und sich entwickeln.

André Rey stellte die Web-App Bee-Finder vor, eine digitale Plattform, mit der Menschen gezielt Wildbienenarten fördern können. Das Tool zeigt lokale Arten an, bewertet den Gefährdungsstatus, filtert den Schutz nach Prioritäten und schlägt passende Massnahmen vor – sei es eine Sandlinse (speziell angelegter Lebensraum aus Sand), spezielle Pflanzen oder andere Nistmöglichkeiten. «Es gibt keine universelle Lösung», so Rey. «Manchmal hilft eine sandige Fläche, manchmal braucht es bestimmte Pflanzen. Wichtig ist, dass die Massnahmen lokal angepasst sind.» Damit können engagierte Bürgerinnen und Bürger direkt vor ihrer Haustür einen Beitrag zum Artenschutz leisten. Mit Werkzeugen wie der Web-App Bee-Finder, lokalen Nistmöglichkeiten und angepassten Pflanzen können Städte zu wichtigen Rückzugsräumen werden – «und jeder Beitrag zählt», sagte Bantelmann.

Viele Arten gelten als gefährdet

Wildbienen sind hoch spezialisiert und verletzlich. Etwa 75 Prozent der Arten sammeln Pflanzenprodukte wie Pollen für ihre Larven, Nektar für sich und die Nachkommen sowie Materialien wie Harz, Blätter oder Blütenblätter für den Nestbau.

Die Ernährung vieler Arten ist sehr spezifisch: Oligolektische Arten sammeln nur Pollen bestimmter Pflanzenfamilien oder Pflanzenarten. Besonders wichtig sind Weiden, Schmetterlingsblütler, Körbchenblütler, Glockenblumen, Lippenblütler und Doldenblütler. Ohne diese Pflanzen würden viele Arten schnell verschwinden.

Rund die Hälfte aller Wildbienenarten in der Schweiz gelten als gefährdet, etwa 9 Prozent sind bereits ausgestorben – ein höherer Anteil als bei vielen anderen Tiergruppen. Hauptursachen sind Intensivlandwirtschaft, Bodenversiegelung, Verlust von offenen Flächen und Konkurrenz durch Honigbienen in unnatürlich hoher Dichte.

Menschen näher an Natur bringen

Der Vormittag im Opfikerpark zeigte, dass der Schutz von Wildbienen nur gemeinsam gelingt. Aufklärung, Mitmachprojekte und gezielte Massnahmen sind essenziell. Und selbst kleine Flächen in der Stadt können wertvolle Beiträge leisten. Die Biodiversitätsspaziergänge bieten dafür eine Plattform. Sie bringen die Bevölkerung näher an die Natur heran, schaffen Verständnis für die Bedürfnisse der Tiere und motivieren, selbst aktiv zu werden.

«Unsere Spaziergänge sind wie ein Fenster in die Stadtnatur – oft entdeckt man Arten, die man vorher gar nicht bemerkt hat», sagte Eva Bantelmann. Der Vormittag war deshalb ein lebendiges Beispiel dafür, wie Bildung, Mitmachen und wissenschaftliche Expertise Hand in Hand gehen, um Wildbienen in urbanen Räumen zu erhalten. Gleichzeitig kann man damit die Menschen für die Schönheit und die Vielfalt der Natur begeistern, denn jede Fläche zählt – vom grossen Naturschutzgebiet bis zur kleinen Balkonpflanze.